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Mark Beamon 01 - Der Auftrag

Mark Beamon 01 - Der Auftrag

Titel: Mark Beamon 01 - Der Auftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kyle Mills
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seine Landsleute zu verteidigen, ließ es aber sein, als ihm klar wurde, dass sein Freund zu neunzig Prozent Recht hatte.
    »Und das in Westeuropa. Was glaubst du, wie verloren sie erst im Osten sind.«
    Dresden wartete, bis sein Freund den Blick abwandte, und kippte einen guten Teil seines Drinks in den kränklich aussehenden Baum neben dem Sofa. Seine Sekretärin, die sich viel auf ihren grünen Daumen einbildete, konnte einfach nicht begreifen, warum das Bäumchen derart vor sich hin mickerte.
    »Und nun versetz dich mal an die Stelle dieses Typen, den ihr sucht. Du bist, na ja, vielleicht dreimal in Europa gewesen. Du hast dir meinetwegen London, Paris und Rom angesehen. Du sprichst keine Fremdsprachen und bist nie in der ehemaligen Sowjetunion gewesen. Also hast du ein Problem. Du brauchst eine Ladung Pilze aus … Polen, nicht wahr?«
    »Ja, dort wachsen sie hauptsächlich«, bestätigte Dresden.
    »Also gut, Polen. Du bist nie dort gewesen, sprichst die Sprache nicht und kannst vermutlich keinen Shiitake-Pilz von einem Champignon unterscheiden. Was machst du da?«
    Gullich kippte den restlichen Whiskey in seinen Becher und betrachtete voller Bedauern die leere Flasche auf dem Tisch. Dresden beugte sich vor und schenkte seinem Freund etwas aus seinem Becher nach.
    Gullich nickte dankbar und fuhr fort: »Du würdest dir ein Buch über Pilze besorgen und mit deinen vier Fremdsprachen und deinem fundierten Wissen über Europa losziehen und sie selbst sammeln. Du hättest keine Probleme, dich zurechtzufinden und würdest gar nicht weiter auffallen. Jemanden wie dich aufzuspüren wäre tatsächlich fast unmöglich. Ein typischer Amerikaner würde allerdings unwillkürlich jede Menge Aufmerksamkeit auf sich ziehen, weil er sich verlaufen würde, weil er fragen müsste, wo er was essen kann, weil er herausfinden müsste, wo die Pilze wachsen – und wer weiß was sonst noch alles.«
    »Und was macht er also?«
    »Er engagiert jemanden dafür! Er ruft zum Beispiel irgendeinen Bauern an, schickt ihm etwas Geld, lässt sich von ihm die Pilze sammeln und nach Amerika schicken.«
    Dresden unterdrückte einen Fluch und goss das bisschen, was noch in seinem Becher übrig war, in den Pflanzenkübel. Franz hatte völlig Recht. Dass er nicht selbst darauf gekommen war! Aber da er sich immer bemühte, das peinliche Verhalten seiner Landsleute im Ausland zu ignorieren, war er vermutlich in dieser Hinsicht blind gewesen.
    Gullich streckte einen Arm zur Decke und schwenkte ihn hin und her, dass der Bourbon überschwappte. Er hatte in den vergangenen Monaten ständig amerikanische Fernsehserien gesehen, um sein Englisch zu verbessern, und fragte mit schwerem Akzent: »Da kuckste, was? Tja, ich hab’s eben voll drauf!«

19. Kapitel
    Washington, D.C. 18. Februar
    Bill Karns blickte sich aufmerksam auf der Straße um, während er zurück zu seinem Haus ging, das er in Southeast Washington gemietet hatte. Es lag fast vier Blocks entfernt von dem Lebensmittelladen, bei dessen koreanischen Inhabern er immer einkaufte, seit er vor einigen Monaten hierher gezogen war.
    Der Tag war kalt, und ein kräftiger Wind fegte an den dichten Reihen der verfallenden Häuser vorbei. Einst hatten in dieser Gegend einige der wohlhabenderen Familien Washingtons gelebt, doch längst waren die Gebäude heruntergekommen, und junge Männer mit Sprühdosen hatten ihnen die letzten Reste ihrer einstigen Würde genommen.
    Alle Häuser in seinem Block besaßen kleine runde Türmchen und erinnerten ein wenig an russische Bauwerke. Die großen Fenster waren meist mit Brettern vernagelt, die man entweder mit Farbe beschmiert oder inzwischen zerfetzten Werbeplakaten beklebt hatte, die laut knatterten, als der Wind über sie hinwegfegte. Alle paar Minuten wurde ein Papierstück losgerissen und trieb die Straße hinunter.
    Karns blickte sich noch einmal um und bog dann rechts ab.
    Mit der freien Hand zog er einen Schlüsselbund aus seiner Tasche und schloss auf.
    Im Innern war das Haus noch verkommener. Der Hartholzboden war schon vor langer Zeit herausgerissen und in eine bessere Gegend transportiert worden, die Wände waren bedeckt mit Graffiti, und ringsum zog sich ein verfärbter Streifen, wo man die teuren Zierleisten entfernt hatte.
    In der Küche stellte er seine Einkäufe neben einem kleinen Kühlschrank ab, der sich ein orangefarbenes Verlängerungskabel mit einer Kochplatte teilte. Seine Einkäufe bestanden aus einem Zwölferpack Bier, drei Dosen Chili,

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