Mark Beamon 01 - Der Auftrag
einem Anflug von Bewunderung. »Ein verteufelter Schuss.«
Beamon setzte sich an Tom Shermans Schreibtisch und nahm einen Kaffeebecher aus dem Regal. Aus der braunen Tüte auf dem Tisch zog er eine Flasche Jack Daniels und füllte ihn fast bis zum Rand. Er hätte auch gern eine Zigarette geraucht, doch er wusste, dass sein Boss ihm die Hölle heiß machen würde, wenn er ihm das Büro verqualmte.
Was für ein höllischer Tag! Er hatte einhundertfünfzig Agenten im Einsatz gehabt, aber sie hatten nur die Gebäude überwacht, von denen aus man Nelson treffen konnte, und so war der zweite Schütze ungehindert davon spaziert. Sein Fehler – und ein verdammt schwerer dazu.
Er trank einen kräftigen Schluck aus dem Becher.
Und an Nelsons Tod bist du ebenfalls schuld.
Noch immer sah er den überraschten Ausdruck auf Nelsons starrem Gesicht vor sich. In mancherlei Hinsicht verdiente er weit mehr Respekt als die charakterlosen Politiker, die kaltblütig seinen Tod in Kauf genommen hatten. Beamon hatte ziemlich viel Zeit mit ihm im Verhörraum verbracht. Ob es nun richtig oder falsch war, was er getan hatte, der Junge hatte jedenfalls an seine Sache geglaubt und war bereit gewesen, dafür seinen Hintern zu riskieren.
Der Alkohol machte sich langsam bemerkbar, und er war froh darüber. Er drehte den Stuhl zum Fenster um. Im restlichen Licht des Tages verblassten allmählich die Farben der Hauptstadt.
»Mark?«
Beamon wirbelte herum und deutete auf den Sessel vor dem Schreibtisch.
»Haben Sie auch einen für mich?«, fragte Laura.
Er füllte einen zweiten Becher und schob ihn ihr zu.
»Was für ein Tag«, seufzte Laura.
Beamon kippte den Rest seines Jack Daniels hinunter und schenkte sich noch einmal bis zum Rand ein. »Kann man wohl sagen.«
»Also, was ist passiert, Mark?«
Beamon zuckte die Schultern. »Ich hab zwei Männer auf dem Gewissen.«
Laura trank einen Schluck und lehnte sich zurück. »Sie wissen, dass ich manchmal Ihre Methoden anzweifle, Mark – nein, das ist nicht wahr, ich zweifle Ihre Methoden eigentlich immer an. Was ich aber nie in Frage gestellt habe, das ist Ihr Urteilsvermögen. Wie konnte das nur passieren? Sie wussten doch verdammt gut, dass Nelsons Schutz unzulänglich war.«
Beamon lächelte. Letzte Woche hatte sie ihn genau deswegen fast zwanzig Minuten lang angebrüllt, während er irgendwelche Ausflüchte vorgebracht hatte, und er fand es hochanständig von ihr, jetzt nicht zu sagen: Ich hab’s Ihnen ja prophezeit.
»Vielleicht ist mein Urteilsvermögen doch nicht so gut, wie Sie glauben.«
Laura runzelte die Stirn und trank einen weiteren Schluck. »Mark, wir sind hier unter uns, also reden Sie schon.«
Je weniger Laura wusste, desto besser war es, aber Beamon konnte den Gedanken nicht ertragen, dass sie glaubte, er habe diese Sache verpfuscht.
»Gewisse einflussreiche Leute hielten es für eine verdammt gute Idee, Nelson als Köder zu benutzen.«
Laura nickte mit einem tiefen Seufzer. »Sie konnten nichts tun, um es zu verhindern?«
»Der Einfall stammte nicht nur von Calahan, glauben Sie mir.« Beamon schüttelte den Kopf. »Ich dachte, ich könnte die Situation unter Kontrolle behalten.« Er hob seinen Becher. »Auf meine Überheblichkeit.«
»Und wie sieht’s jetzt aus?«
Beamon überlegte einen Moment. »Es wäre natürlich wesentlich besser, zwei lebende Verdächtige zu haben. Aber so ungern ich das auch zugebe – zwei tote Verdächtige zu haben dürfte ebenfalls unsere Chancen erhöhen, einen Schritt weiterzukommen.«
Laura streckte ihren Becher aus, und Beamon füllte ihn erneut. »Wollen Sie etwa meinem Beispiel folgen und sich betrinken?«
»Ich bin in Versuchung. Kennen wir schon den Namen des Schützen?«
»Nein, aber ich bin sicher, Sie besorgen ihn mir bis morgen.«
»Sie glauben also immer noch, dass die Organisation zentral geleitet wird? Dass ein General quasi einzelne Soldaten zu den Einsätzen losschickt?«
»Ich hoffe es jedenfalls. Überlegen Sie mal: Ein und derselbe Kerl hat die Pilze und das Geld beschafft. Es steht wohl außer Zweifel, dass er auch das Koks und das Heroin vergiftet hat. Gut, vielleicht mit einem oder zwei Helfern …« Beamon schüttelte den Kopf und griff wieder nach der Flasche. »Ach, verflucht, keine Ahnung. Es könnten Hunderte von diesen Burschen herumlaufen – und jeder weiß nur von einem weiteren, genau wie es die Spione machen. Wenn das der Fall ist, sind wir angeschmiert.«
Laura hob ihren Becher. »Na, dann
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