Mark Beamon 01 - Der Auftrag
verwiesen worden.«
Zuerst glaubte Blake, dass er nicht richtig verstanden hätte. »Rausgeschmissen?«
Josh nickte.
»Warum denn? Hat er betrogen?« Blake konnte sich nicht vorstellen, dass Jimmy irgendwas tun konnte, das einen Schulverweis rechtfertigte. Das musste ein Irrtum sein.
»N … nein.«
Josh schien nicht weiterreden zu können und starrte auf seinen Teller. Blake schaute zu seiner Frau. »Was ist los?«
Sie schwieg einen Moment, aber schließlich beschloss sie, ihrem Sohn zu helfen. »Man hat ein bisschen Marihuana in seinem Spind gefunden, Simon.«
Fassungslos starrte er seine Frau an und wandte sich langsam zu seinem Sohn um. »Hast du gewusst, dass Jimmy Drogen nimmt?«
»Nicht wirklich, ich …«
Blake schlug mit der Faust auf den Tisch, dass die Gläser klirrten und Josh so weit wie möglich in seinem Stuhl zurückwich.
»Komm mir nicht mit diesem Blödsinn, klar! Entweder du hast es gewusst oder nicht!« Rings um den Kopf seines Sohnes loderten bereits beängstigend hell die Flammen der Hölle.
Tränen stiegen dem Jungen in die Augen. Er versuchte zu antworten, brachte aber zunächst keinen Laut heraus. »Er … hat es mir erst vor ein paar Tagen gesagt.«
»Blödsinn!«, schrie Blake und packte Joshs Arm. »Hast du Drogen genommen? Antworte mir! Hast du Drogen genommen?«
Josh schaute wieder zu seiner Mutter, und in diesem kurzen Moment sah Blake die Wahrheit in den Augen seines Sohnes. Er ließ ihn los und sank in seinen Stuhl zurück. Eine Welle der Übelkeit überkam ihn.
»Es war nichts, Dad. Ehrlich, ich …«
»Geh mir aus den Augen«, sagte Blake ruhig.
Josh verließ das Zimmer und wischte sich mit dem Hemdsärmel die Tränen vom Gesicht.
Erica griff über den Tisch nach der Hand ihres Mannes, aber Blake stand abrupt auf.
»Wir reden später darüber«, sagte er gereizt und stapfte davon.
In seinem Arbeitszimmer gab es keinen orientalischen Schnickschnack. Ein großer Schreibtisch in der Ecke beherrschte den überfüllten Raum; auf Regalen stapelten sich wirr durcheinander Bücher über verschiedene Aspekte des Christentums, doch im Moment interessierte ihn nur der bequeme Polstersessel am Kamin. Darin konnte er immer am besten nachdenken.
Blake nahm einige Holzscheite aus einem Bronzekorb und schichtete sie sorgsam im Kamin auf. Als das Feuer ordentlich brannte, setzte er sich und bereute – was bisher nur sehr selten vorgekommen war –, dass er keinen Alkohol trank.
Um sich abzulenken, griff er nach der Fernbedienung des Fernsehers, zappte flüchtig durch die Kanäle und entschied sich schließlich für einen lokalen Nachrichtensender. Er hörte kaum zu, was der Sprecher gerade sagte, aber das Hintergrundgeräusch war irgendwie beruhigend.
»… heute Abend die kleine Katerina Washington in ihrem Zuhause in Washington, D.C. tot aufgefunden.« Blake wandte seinen Blick von den tanzenden Flammen ab und schaute zum Bildschirm. Man hatte gerade in eine dunkle Straße Washingtons geschaltet. Vier Streifenwagen parkten vor einem grauen Haus, und ihr Blaulicht verlieh der ganzen Szene etwas Gespenstisches. Ein kleines Bündel unter einem weißen Laken wurde den Bürgersteig hinuntergerollt, vorbei an einer wachsenden Menschenmenge. Die Kameras schwenkten zu einer jungen Frau, die im Fond eines Streifenwagens saß. Das kräftige Licht spiegelte sich in der Scheibe, sodass man nur undeutlich ihr tränennasses Gesicht sehen konnte. Ein Reporter mit einem Mikrofon trat ins Bild und hielt einen Polizisten auf, der gerade ins Haus wollte.
»Lieutenant, können Sie uns sagen, was hier passiert ist?« Der Beamte schaute gelangweilt in die Kamera. »Das Mädchen wurde vor ungefähr einer Stunde von seiner Mutter tot aufgefunden. Es sieht so aus, als sei es von einer Kugel, die durch ein offenes Fenster gekommen ist, in den Kopf getroffen worden. Das Kind war sofort tot.«
»Haben Sie schon irgendwelche Verdächtige?« Der Polizist zuckte die Schultern. »Niemand scheint was gesehen zu haben. Es gibt eine Menge Drogenhandel in dieser Gegend. Höchstwahrscheinlich war es ein Querschläger von einer Schießerei, die hier stattgefunden hat.«
»Scheiße!«, brüllte Blake und schleuderte die Fernbedienung gegen den Bildschirm, wobei sich ein anderer Kanal einschaltete, auf dem eine alte Folge von »Vater ist der Beste« lief. Er schaute wieder ins Feuer, während im Fernsehen eine andere Zeit zum Leben erweckt wurde. Eine Zeit, als Amerika noch auf dem rechten Weg gewesen war; als
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