Mark Beamon 01 - Der Auftrag
doch auch seine bedrückend grauen Mauern konnten den kalten Wind nicht abhalten. Beamon schaute sich um, als der junge Agent in den dichten Verkehr der Ninth Street einbog. Er hatte das Gebäude immer gemocht. Wenn es als Denkmal gedacht war für den Mann, dessen Name darauf eingraviert war, dann war es absolut gelungen. Hoover hatte ungefähr so viel Charme und Eleganz gehabt wie ein rostiger Presslufthammer, und nichts konnte ihm besser gerecht werden als dieser gedrungene farblose Bunker.
Er wandte sich um und eilte zu den Glastüren, wobei er merkte, wie die feuchte Winterkälte der Hauptstadt seinen dünnen Anzug durchdrang, der in El Paso so bequem gewesen war.
»Mark!«, quietschte die mollige farbige Frau am Empfang. Beamon bestand darauf, dass ihn jeder mit Vornamen nannte. Bei ›Mr. Beamon‹ hatte er schon immer das Gefühl gehabt, sein Vater stünde gerade hinter ihm.
»Victoria!« Er stellte seine schwere Tasche ab und beugte sich über den Schreibtisch, um ihr einen Kuss auf die Wange zu drücken. »Wie geht’s Ihrem Sohn? Macht er dieses Jahr seinen Abschluss?«
»Im nächsten, Sir«, antwortete sie und warf einen flüchtigen Blick auf seinen Dienstausweis.
»Was hat er denn vor, wenn er fertig ist?«
»Er will zum FBI.«
Beamon schüttelte den Kopf und griff nach seiner Tasche. Victoria heftete eine goldene Identitätskarte an sein Revers. »Hoffentlich überlegt er sich das noch anders.«
Auf Zehenspitzen schlich Beamon in Tom Shermans Büro und machte seiner Sekretärin ein Zeichen zu schweigen. Sherman saß mit dem Rücken zu ihm, schaute aus dem Fenster und diktierte mit langsamen, wohlformulierten Worten einen Brief. Beamon nahm ihr den Block aus der Hand und bedeutete ihr aufzustehen. Sie umarmte ihn kurz und eilte leise aus dem Büro. Beamon war für das gesamte Personal eine beständige Quelle der Unterhaltung gewesen, und sie freute sich, dass er wieder da war.
»Sie können mich gern jederzeit anrufen, falls Sie irgendwelche Fragen oder Anmerkungen haben. Bitte machen Sie eine Kopie davon für Calahan, Billie.«
Mit Schwung drehte Sherman seinen Sessel um und erblickte Beamon, der wild auf den Block in seinem Schoß kritzelte.
»Herrgott!« Er rammte seine Füße auf den Boden, dass der Sessel abrupt stoppte.
»Hochachtungsvoll oder mit freundlichen Grüßen?«, fragte Beamon grinsend.
»Herzlich, du Arschloch.« Sherman stand auf und schüttelte seinem Freund die Hand. Billie erschien mit zwei Tassen Kaffee und nahm Beamon den Block ab. Er probierte ihn und nickte beifällig. Sie machte einfach den besten Kaffee im FBI. Immer irgendwas Exotisches.
»Ich habe dein Fax bekommen, Tom. Danke. Die Informationen waren allerdings ein bisschen dürftig. Hast du irgendwas Neues?«
»Werden wir gleich erfahren. Frank ist gerade dabei, alles zusammenzustellen. Er will uns in ungefähr fünf Minuten Bericht erstatten.« Beamon folgte ihm zu einer Sitzecke. Im Gegensatz zu Calahan führte Sherman selten Besprechungen von seinem Schreibtisch aus.
»Und – wie behandelt man dich in El Paso? Keine weiteren Schießereien mehr, hoffe ich.«
Beamon lachte. »Du weißt, wie es ist, Tommy. Solche Sachen scheinen mir einfach immer wieder zu passieren. Es ist eben Pech.«
»Ja, stimmt.«
»Wie sieht’s aus, habt ihr heute Abend Zeit, mit mir essen zu gehen? Ich habe das Gefühl, als hätte ich Leslie schon Ewigkeiten nicht mehr gesehen.«
»Eben, und deshalb hat sie versprochen, für dich ein indisches Festmahl zuzubereiten. Na, was sagst du?«
Beamon leckte sich genüsslich die Lippen. El Paso war, wie er bald gemerkt hatte, nicht gerade ein Zentrum guter indischer Küche.
Eine bekannte Stimme zerstörte seine Träumereien von Shrimps mit Vindaloopaste oder Shrimps mit Linsensoße.
»Aha, wie ich sehe, ist er angekommen.«
Beamon sparte es sich aufzustehen und drehte sich nur in seinem Sessel um.
»Na, wie geht’s, Frank?«
Richter nahm auf dem Stuhl neben ihm Platz und drückte ihm die Hand. »Ganz leidlich, Mark. Ich höre, du hast mittlerweile El Paso auseinander genommen.«
Aus den Augenwinkeln sah Beamon, dass Tom Sherman aufschaute und sich erhob. Er holte tief Atem und tat es ihm nach.
»Schön, Sie zu sehen, Mark«, log Bill Calahan. Ohne ihm die Hand zu reichen, nahm er auf dem Sofa an der Wand Platz und legte seine Füße auf den Beistelltisch. »Also, was haben Sie für uns, Frank? Ich hoffe, ein bisschen mehr als gestern.«
Richter errötete, und Beamon erinnerte
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