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Mark Brandis - Salomon 76 (Weltraumpartisanen) (German Edition)

Mark Brandis - Salomon 76 (Weltraumpartisanen) (German Edition)

Titel: Mark Brandis - Salomon 76 (Weltraumpartisanen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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Recht darauf, angemessen verteidigt zu werden! schrie ich – und wieder war es wie zuvor. Kein Ton kam über meine Lippen.
    Weiß übergab an SALOMON 76.
    Das Licht wurde noch gleißender, noch greller. Durch meine weitaufgerissenen Augen brannte es sich unerbittlich in mich hinein: Symbol der alles durchdringenden, alles durchschauenden Gerechtigkeit.
    SALOMON 76 meldete sich: »Mark Brandis, Sie sind ein minderwertiges Subjekt, ein Parasit am Leib unserer Gesellschaft! Ihr ganzes Sinnen und Trachten zielte daraufhin, die Völker der Drei Kontinente um ihre höchste Errungenschaft zu bringen. Für üble Elemente Ihres Schlages darf es keine Gnade geben. In Übereinstimmung von Recht und Gerechtigkeit verurteile ich Sie daher zum Tod.«
    Ich bäumte mich auf, zerrte an meinen Fesseln – doch es war bereits zu spät. Das Licht erlosch. Das Verfahren war abgeschlossen.
    Die Polizisten kehrten zurück und schnallten mich los. »Zigarette?« fragte der eine.
    Ich schüttelte stumm den Kopf.
    »Hatten Sie anderes erwartet?« fragte der andere. »Bei uns bekommt jeder, was er verdient. Und wenn nicht einmal Grün ein gutes Wort für Sie einlegen konnte ...«
    Für die Polizisten hatte alles seine Ordnung. Die Welt war noch nie so heil gewesen. Ihr Glaube an SALOMON 76 war unerschütterlich.
    Lieutenant Mercier hatte vollkommen recht. Nicht an diesem tollgewordenen Stück Technik ging die Menschheit zugrunde, sondern an ihrem Glauben daran. Ob Inquisition, ob Judenverfolgung oder Stalins unseliger Archipel GULAG: stets stieß man auf den Glauben als treibendes Motiv. Man glaubte zu wissen, den Stein der Weisen in der Hand zu halten – als ob Glaube und Wissen je identische Begriffe gewesen wären.
    Stumm folgte ich den Polizisten zurück in meine Zelle.

Kapitel 12
    Darüber, was es bedeutet, hinter Kerkermauern auf die Stunde der Hinrichtung zu warten, ist oft genug und gewiß meisterlicher, als ich es vermag, berichtet worden. Die Literatur quillt über von solchen Schilderungen, und die Erinnerung an die unzähligen Menschen die – schuldig wie unschuldig – ihr Leben auf irgendeiner Richtstätte ließen, liegt wie ein düsterer Schatten über unserer Zivilisation.
    Diesen Berichten noch etwas hinzuzufügen ist müßig, und darum meine ich, die Schilderung dieses meines Lebensabschnitts auf einige wenige Sätze beschränken zu dürfen.
    Das Urteil war gesprochen; daran war nicht mehr zu rütteln. So hieß es denn schlicht und einfach: Haltung wahren und den Mut nicht sinken lassen! Mochte es für uns auch keine Hoffnung mehr geben, so blieb doch die trostvolle Gewißheit, daß irgendwann andere Männer und Frauen sich zu der gleichen Erkenntnis durchringen würden wie wir – um dann zu vollenden, was uns zu tun verwehrt blieb.
    Der menschliche Geist ist beeinflußbar – doch immer wieder bricht eine Stunde an, in der er sich selbst erkennt, die Fesseln sprengt und einer Wahrheit zum Sieg verhilft. In jedem anderen Fall wäre die Menschheit auf der moralischen Entwicklungsstufe des Neandertalers stehengeblieben.
    Das Warten auf den gemeinsamen Tod hatte auch seine gute Seite. Waren wir bisher lediglich eine aufeinander eingespielte Crew gewesen, so schlossen wir uns nun mehr und mehr zu einer verschworenen Gemeinschaft zusammen; auch dies ein psychologischer Faktor, auf den SALOMON 76 nicht programmiert war. In seinem Elektronenhirn gab es keinen Raum für Gefühle. Und aus eben diesem Grund muß man mit allem Nachdruck allen jenen Historikern widersprechen, die ihn – wohl um sich selbst zu entlasten – nachträglich mit dämonischen Fähigkeiten auszustatten trachten.
    SALOMON 76 war alles andere als ein Dämon.
    Er verfügte über keinerlei übermenschliche Eigenschaften. Zwischen Gut und Böse zu unterscheiden war ihm nicht gegeben. Er war lediglich ein gestörter Mechanismus.
    An sich war er machtlos. Was ihm Macht verlieh, war der menschliche Gehorsam – so daß meines Erachtens jene Gruppe von Historikern der Deutung des Phänomens am nächsten kommt, die von einer Umkehrung der Werte spricht und von der auf Fortschrittsgläubigkeit beruhenden Unterordnung des Menschen unter das Ding. In gewisser Weise also stellte das Jahr des Computers den Höhepunkt einer rein materialistischen Weltanschauung dar, die Krisis einer plötzlich akut gewordenen Erkrankung.
    Auf einmal zeigte es sich mit erschreckender Deutlichkeit, daß Gehorsam an sich noch keine Tugend ist. Gehorsam, der nicht mit der Vernunft gepaart

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