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Mark Bredemeyer

Mark Bredemeyer

Titel: Mark Bredemeyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Runenzeit 1- Im Feuer der Chauken (German Edition)
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kämpfen. Und diese Gründe heißen meist ›Beute‹ oder ›Opfer für Wodan‹.«
    Skrohisarn machte erneut eine Pause und die Pferde trotteten langsam, aber unaufhörlich auf das vor uns liegende Zeltlager zu. Wieder diese Erwähnung von Wodan – in meiner Zeit eher als »Wotan« oder »Odin« bekannt! Er wurde nach und nach zum obersten und wichtigsten Gott dieser Menschen, aber nicht zu dem am tiefsten verehrten. Skrohisarn hatte mir in den letzten Tagen ein wenig von dieser sagenumwobenen Götterfigur erzählt. Wodan hatte insbesondere in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen. Aufgrund der zunehmend kriegerischen Zeiten wandten sich immer mehr junge Männer diesem neuen Gott zu. Zu Skrohisarns Kinderzeit hatte Wodan demnach noch kaum eine Rolle gespielt. Diese lange zurückliegenden Zeiten waren aber auch durch einen andauernden bäuerlichen Frieden geprägt gewesen. Den Fruchtbarkeitsgöttern wie Ingwio oder der Muttergöttin selbst galt die Verehrung der einfachen Bauern. Oberster Gott war Tiu, der Himmelsgott und Beschützer der Versammlungen sowie der Kämpfe. Erst das verstärkte Vordringen der Römer ins Kernland der Chauken, die damit einhergehenden Kämpfe, Vertreibungen, Gefangennahmen und Bestrafungen, teilweise sogar Hinrichtungen, hatte zu einem nachhaltigen Wandel in der chaukischen Kultur, Lebensart und somit auch Götterverehrung geführt. Der sagenumwobene, kämpferische und mystische Wodan war der Vater vieler weiterer Götter, unter anderem des bei den Bauern äußerst beliebten Donar. Er war mit der Mutter- und Erdgöttin Holda verheiratet. Er war es, der über den Ausgang von Schlachten entschied – so hieß es zumindest. Hierfür wurde er besonders gefürchtet, denn dieses Urteil bestimmte oft genug Wohl und Wehe ganzer Völker. Angeblich beriefen sich einige der chaukischen Nachbarstämme auf die direkte Abkunft von Wodan. Dieser wandelte oft in der stürmischen Herbst- und Winterzeit verkleidet zwischen den Menschen umher und trieb es mit ihren Frauen, um Nachfahren und starke Krieger zu zeugen. Als solche Nachkommen des Wodan sahen sich die Langobarden, was ihre kriegerische Kultur wohl mit erklärte. Denn Wodan war im Kampfe die personifizierte Wut – daher auch sein Name –, gnadenlos tötend und durch die Schlachtreihen der Krieger wütend, die Besten von ihnen für sein eigenes Heer behaltend.
    Angeblich war Wodan erst vor gar nicht so langer Zeit mit riesigen Scharen kriegerischer Bauern aus dem Osten gekommen, die auf der Suche nach Land waren. Der Kult um ihn hatte sich schnell verbreitet und einige der alten Götter versanken in der Bedeutungslosigkeit.
    Wodan war dennoch mehr als Wut und Kriegertum. Skrohisarn sprach höchst ehrfurchtsvoll von ihm als mächtigem Zauberer, als Schamanen, der die Geschicke der Welt zu lenken suchte, um sie vor der Vernichtung zu bewahren. Aber die Ehrfurcht und wohl auch die Angst vor diesem dunklen, mystischen, einäugigen Gott ließ zumindest Skrohisarn sich eher dem Ingwio, Donar und einigen Fruchtbarkeitsgeistern sowie der Muttergöttin selbst zugeneigt fühlen.
    Ich ahnte ein wenig, welche Bedeutung und Anziehungskraft die Götter auf Menschen wie Skrohisarn in dieser harten und direkten Umwelt hatten. Für die Menschen war es überlebenswichtig, sich ihres Schutzes zu versichern, dafür wurde ihnen immer wieder geopfert.
    »Die Krieger der hiesigen Stämme haben etwas Neues von den Römern gelernt: ihre Kampfkraft für eine Gegenleistung herzugeben. Bliksmani bedient sich der Gier der Krieger nach Ruhm, Ehre und Beute. Während früher immer für die eigene Sippe, den Stamm oder das Ackerland gekämpft wurde, so kämpfen diese Männer für die Ziele Bliksmanis. Die meisten Chauken verachten ihn dafür, denn dies entspricht nicht der Lebensart unserer Ahnen. Aber Bliksmani ist vielleicht ein Gott und deswegen sind viele sehr vorsichtig. Und wenn er erreicht, dass die Römer dieses Land wieder verlassen müssen, hat er auch uns Chauken einen guten und wertvollen Dienst erwiesen. Denn die Römer fordern von Jahr zu Jahr mehr Tribute und die Früchte unserer Arbeit, ja, sie behandeln uns teilweise sogar, als wären wir ihr Eigentum. Das erzürnt die freien Männer! Wenn Bliksmani die Römer wieder vertreiben kann, nützt es auch den Chauken.«
    Es war das erste Mal, dass ich etwas über die angespannte Lage des Stammes und die »politischen« Vorgänge im Zusammenhang mit benachbarten Völkern und den Römern hörte. Offensichtlich

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