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Mark Bredemeyer

Mark Bredemeyer

Titel: Mark Bredemeyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Runenzeit 1- Im Feuer der Chauken (German Edition)
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ein.
    Am nächsten Morgen wurden Werthliko und ich von einem strahlend blauen Himmel freundlich geweckt.
    »Heute ist ein guter Tag, um zum Hof meines Vaters zu reiten«, meinte er und blickte mich fragend an.
    »Ich bin dabei, wir können jederzeit los«, entgegnete ich.
    Ingimer hatte uns ein wenig Getreidebrei und ein Stück Fladenbrot zum Frühstück gebracht. Er schaute betrübt.
    »Mein Vater reitet später am Tag zu einem Häuptling nicht weit von hier, bei dem auch Athalkuning gerade weilt. Er möchte mich jedoch nicht mitnehmen. Stattdessen verlangt er, dass ich bei Mutter und meinen Schwestern bleibe.« Dann trat ein freudiges Leuchten in seine Augen. »Aber für zwei Tage mit euch zu reiten – das lasse ich mir nicht nehmen!« Er klopfte uns lachend auf die Schultern und ging sein Pferd holen.
    Frilike hatte ich leider noch nirgends gesehen und so packten wir einige Habseligkeiten auf unsere Pferde und führten sie langsam in den Wald. Ich schaute mich ein letztes Mal um, konnte sie aber immer noch nicht entdecken. Ging sie mir aus dem Weg? Ich spekulierte, dass ihr Vater wohl etwas damit zu tun haben könnte. Vielleicht hatte er ihr ja verboten, mit mir umzugehen, solange unklar war, ob ich sie zur Frau nehmen würde. Ich wusste es nicht, freute mich aber schon jetzt auf meine Rückkehr und darauf, sie wieder in den Armen halten zu können.
    Der Waldboden war noch ziemlich aufgeweicht durch den tagelangen teilweise sehr heftigen Regen. Doch Ingimer und Werthliko kannten jeden Zentimeter des Bodens und wussten genau, wo die festen Wege zu finden waren.
    Auch Ingimers Stimmung hatte sich mittlerweile wieder aufgehellt. Er vermisste seinen Bruder zwar, hatte aber ein sonniges Gemüt und konnte seine gute Laune nicht länger verbergen. Ähnlich erging es Werthliko. Beide waren der festen Überzeugung, dass der Bruder beziehungsweise der Vater nicht im eigentlichen Sinne »tot« waren, so, wie ich das Wort verstand. Ihrem Verständnis nach hatten sie nur die Welt gewechselt, waren weitergezogen und auch sie würden ihnen – vielleicht schon bald – folgen.
    Dieser feste Glaube an eine unsichtbare, sie aber überall umgebende andere Welt, ja, viele Welten, daran, dass alles und jedes lebendig und beseelt war, einen »Geist« hatte, jeder Baum und jeder Stein, ließ sie den Tod als eine ganz natürliche Sache wahrnehmen, die man nicht lange bedauern sollte. Ich beneidete sie um diese Sichtweise, wusste ich doch, dass ich selbst die Dinge immer anders sehen würde. Die Welt, aus der ich kam, war entseelt, beinahe alles war wissenschaftlich erklärbar und Tod bedeutete, nüchtern betrachtet, das Aussetzen der Gehirnaktivitäten. Es gab keine Geheimnisse mehr, Flüsse bargen keine Geister und wurden gestaut oder begradigt, Bäume waren nur Baumaterial und Steine bestenfalls einfach nur im Weg. Doch allein das nüchterne Wissen um all die Dinge, die ein Mensch aus meiner Welt zwangsläufig lernte, verschloss mir die Tür in die Glaubenswelt dieser Leute. Richtig verstehen würde ich sie nie, stellte ich bekümmert fest.
    Werthliko machte den Vorschlag, einige Tage in Skrohisarns Haus zu bleiben.
    »Wir könnten einen Auerochsen jagen«, stimmte Ingimer zu. »Ich hörte, dass sich drei oder vier Tagesritte nördlich von hier eine Herde aufhalten soll. Witandi könnte sie mit seinem Feuerspeer erschrecken und wir spießen eine Kuh auf!«
    »Auch mit Witandis Feuerspeer sind wir drei wohl nicht genug«, meinte Werthliko. »Das letzte Mal, als einige Männer von hier zur Auerochsenjagd aufbrachen, kehrten zwei nicht zurück, weißt du noch? Die wilden Biester haben sie so zertrampelt, dass sie tot geblieben sind. Wir könnten aber zu den Friesen und ihnen ein paar ihrer hässlichen Weiber rauben, was haltet ihr davon?«
    Einige derbere Scherze folgten und langsam näherten wir uns dem Gebiet, das ich wiedererkannte.
    Hinter uns lag der »Hohe Berg«, die höchste Erhebung im Umkreis. Er war bewaldet und seine Hänge waren von einer Vielzahl alter Großsteingräber gesäumt. Ein seltsam geformter Stein an seiner Nordseite lag jetzt direkt vor uns an unserem Weg. Er ragte etwa zwei Meter aus dem Boden auf und war so krumm gebogen wie eine Feldbohne.
    »Hat dir mein Vater die Geschichte dieses Steines erzählt?«, fragte Werthliko mit einem kurzen Wink auf diesen Brocken.
    Ich verneinte. »Nicht? Schade, mein Vater war eigentlich ein guter Geschichtenerzähler. Dann will ich es nachholen, Witandi! Die Chauken dieser

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