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Mark Bredemeyer

Mark Bredemeyer

Titel: Mark Bredemeyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Runenzeit 1- Im Feuer der Chauken (German Edition)
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Kopf. Wichtig war in erster Linie, dass ich in Sicherheit war. Mein Bauchgefühl sagte mir, dass ich Skrohisarn vertrauen konnte. Aber wie sollte es weitergehen? Würde ich den Rest meines Lebens als Gehilfe eines germanischen, nein, eines chaukischen Schmieds verbringen? Ich wusste es nicht, doch ich hatte zwangsläufig alle meine Ansprüche zurückgeschraubt und war erst einmal damit zufrieden.
    Skrohisarn war eine sehr angenehme und zurückhaltende Person, er bedrängte mich in keiner Weise. Trotzdem dachte ich daran, wie es wohl wäre, andere Menschen dieser fremden Welt kennenzulernen und wieder in Gesellschaft zu sein.
    Bis zum Abend lag ich unter dem Baum, wog ab, was besser war: tot zu sein oder Jahrtausende in der Zeit zurück. An diesem Tag wusste ich es nicht …
    Nachdem ich anfing, zumindest den Gedanken daran zu akzeptieren, in einer fernen Zeit gestrandet zu sein, gestand ich mir in den nächsten Tagen ein, dass ich vielleicht unschätzbares Wissen für Skrohisarn in mir trug. Im Rahmen meines Studiums hatte ich einiges über Stahlherstellung gelernt und nun versuchte ich, mich daran zu erinnern. Auf diese Art und Weise würde ich meine Dankbarkeit ihm gegenüber gut zum Ausdruck bringen können. Und er würde keinen Grund haben, mich irgendwann fortzujagen. War ich wirklich in der Vergangenheit gestrandet, gar in Germanien, waren Sicherheit, Schutz und Obhut das Wichtigste überhaupt! Was machte man denn sonst mit Menschen, die einem in diesen unruhigen Zeiten in die Finger fielen? Man machte sie zu Geld, indem man sie als Sklaven verkaufte! Stand mir, Leon Hollerbeck, geboren 1983 in Bassum, Bundesrepublik Deutschland, dann das Schicksal bevor, als Sklave irgendwo im römischen Imperium zu enden? Unglaublich, aber vielleicht trotzdem bittere Realität …
    Ich wollte, nein, ich musste mich für Skrohisarn unersetzbar machen!
    Also dachte ich nach und schaute ihm genau bei seiner Arbeit zu. Was wusste ich noch über Stahlherstellung? Im Wesentlichen war es darum gegangen, den Kohlenstoffanteil im Eisen zu erhöhen, denn Stahl war grundsätzlich erst einmal eine Eisen-Kohlenstoff-Legierung. Nun war es natürlich eine Wissenschaft für sich, die verschiedenen Verhältnisse und Techniken so zu verbinden, dass möglichst harter Stahl entstand. Doch wahrscheinlich würden schon geringe Anpassungen an Skrohisarns jetzige Produktionsweise für deutlich härtere Schwertklingen sorgen. Denn die Klingen, die wir momentan zur Übung verwendeten, mussten beinahe täglich wieder in Form gebracht werden, so weich waren sie!
    Skrohisarn verwendete bereits verhüttetes Eisen, auch »Roheisen« genannt. Es wurde aus Raseneisenerz hergestellt – erdige Brocken mit einem eisenhaltigen Mineralgemisch –, welches insbesondere in Norddeutschland überall dicht unter der Bodenoberfläche zu finden war, gerade in den Flussniederungen der Weser und Elbe. In einem aufwendigen Verhüttungsprozess wurden diese metallhaltigen Placken zuerst klein geschlagen und in eigens dafür gebauten Lehmöfen geschmolzen. Nach dem Zerschlagen des Ofens konnten die verklumpten Eisenstücke als »Luppen«, das waren die verdreckten Eisenbrocken, entfernt werden. Eine kleine Anzahl dieser Öfen stand ja noch überall auf dem Gelände um Skrohisarns Schmiede herum. In früheren Tagen musste er diesen Schmelzprozess noch selbst vorgenommen haben, aber nun schien er die Luppen schon fertig zu bekommen. Jemand musste Skrohisarn also in regelmäßigen Abständen mit dieser Rohware versorgen.
    Ich erinnerte mich daran, gelesen zu haben, dass die Qualität des Eisens aus dem Raseneisenerz ziemlich schlecht war im Gegensatz zu Eisen aus Bergwerken. Doch da es wohl unmöglich sein dürfte, an solches Eisen heranzukommen, brauchte ich nicht weiter in diese Richtung zu überlegen. Nein, ich musste etwas anderes finden!
    Ich rief mir seine Arbeitsschritte ins Gedächtnis: Wie ging Skrohisarn genau vor?
    Durch intensives Hämmern befreite er den glühenden Metallklumpen von den Kohleresten und anderen Verunreinigungen aus dem Ofen, bis er nur noch das eigentliche Eisen auf dem Amboss liegen hatte. Dieses erhitzte und formte er dann immer wieder durch Hämmern, stieß mit schweren Dornen Löcher hinein oder bog es mit Zangen zurecht, bis das gewünschte Ergebnis erreicht wurde.
    Ich konnte mich in diesem Zusammenhang an die Aussage erinnern, dass durch das ständige Hämmern und Erhitzen im Kohlenfeuer sich das Gefüge des Metalls veränderte sowie seine

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