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Markttreiben

Markttreiben

Titel: Markttreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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dreißig. Er hatte geträumt. Von Pferden und
Nashörnern, die von einer Lawine weggerissen worden waren. Von Miri, die auf
einem Pferd ohne Sattel in den Sonnenuntergang galoppiert war. Er fühlte sich
ausgelaugt und leer. Draußen war es kühl und klar. Er saß etwa eine halbe
Stunde einfach nur da, bis die Pferde kamen. Langsam zogen sie zu einem
Futterplatz, wo Heu lag. Aus der Küche drangen erste Geräusche, um halb sieben
kam Helen vorbei und winkte ihm zu. Die knatschgelben Webervögel hatten
begonnen, in den Morgen hineinzulärmen.

VIERZEHN
    Welches der Worte du sprichst –
    du dankst
    dem Verderben.
    Gegen sieben tauchte die ganze Meute auf, das Frühstück im
Kaminzimmer war wieder voller bunter Opulenz in Form von Früchten, Waffeln,
Croissants und Marmeladen. Helen hatte einen Laptop mitgebracht und warf per
Beamer eine Präsentation an die Wand. Heute wollten sie den Vet bei seinem Job
begleiten, der den Auftrag hatte, ein paar Sable-Antilopen zu darten. Das war
zumindest gestern erzählt worden, und Gerhard hatte nicht nachgefragt.
    Helen hatte den Raum verdunkelt und erklärte gerade, was
Sable-Antilopen sind. »Es war Major Sir William Cornwallis Harris, der
englische Militäringenieur und Jäger, der 1836 die erste Sable-Antilope
entdeckte, eine wunderschöne Antilope mit weiß-schwarzem Gesicht, weißem Bauch
und weißen Pobacken. Der Name stammt entweder von den Hörnern, Säbel, oder aber
von der Farbe, tiefbraun, da sind wir Biologen uns uneins. Sable werden
hundertzwanzig bis hundertvierzig Zentimeter groß und bis zu zweihundertsiebzig
Kilo schwer. Sable-Antilopen sind eine bedrohte Tierart, es gibt vier
Unterarten; ein Vorfahre der Sable, der ›Bluebuck‹, ist ausgerottet. 1940 gab
es sechsunddreißigtausend Tiere, 1990 noch dreitausendfünfhundert! Sable gibt
es heute nur noch in privaten ›reserves‹ wie hier bei Piet. Das sind Leute, die sich mühen, dieses faszinierende Tier zu
erhalten. Gründe für das Sterben der Sable liegen auch in ihrer Sensibilität
begründet: Sable müssen täglich mittags trinken können. Sie sind keine
Kämpfernaturen und setzen sich an den Wasserlöchern nicht gegen andere durch.
Sie brauchen als Ernährung langes Gras, das nicht immer zur Verfügung steht,
wie ihr euch vorstellen könnt. Ja, und dann ist die Sterblichkeit bei den
Kälbern auch noch ziemlich hoch. Alles Faktoren, die so einem Tier zusetzen.«
    Helen sprach eindringlich, sie war eine ernste junge Frau, die
Mädels waren alle auf Helen konzentriert, und Gerhard wusste, dass in Jo die
Tierliebe tobte. Sie hätte wahrscheinlich am liebsten langes Gras in die Steppe
gefahren. Aber so war die Natur nicht. Und alle Eingriffe des Menschen hatten
die Welt zum Schlechteren, nicht zum Besseren gewendet. Gerhard blickte im
Halbdunkel umher, im Türrahmen lehnte Piet. Ihre Blicke trafen sich erneut.
Piets angedeutetes Nicken und ein Lächeln waren ein Morgengruß, seine Augen
aber sagten etwas anderes.
    Das Licht ging wieder an, Piet ging zu Helen hinüber, begrüßte die
Damen und die beiden Herren und übernahm das Ruder. »Danke, Helen! Wie ich euch
ja gestern schon gesagt habe, der Vet, das ist unser Paul, wird einige Tiere
mit dem Betäubungsgewehr darten.«
    Aha, jetzt hatte es Gerhard auch begriffen. Paul war der Tierarzt,
der Pfeile aus dem Gewehr abschoss. Darten, klar, bloß hier ging’s nicht um
eine bunte Scheibe. Das war nun nicht das launige Kneipenpfeilspiel – hier
bedeutete es, Tiere mit dem Betäubungsgewehr zu schießen, sie blitzschnell zu
untersuchen, eventuell zu chippen, zu verladen und zu transportieren. Eine
wertvolle Fracht, eine risikoreiche! Das konnte sich Gerhard gut vorstellen.
    »Euer Part wird sein, die betäubten Tiere auf den Trailer zu
verladen, wir brauchen jede Hand. Das wäre unser Programm für den Vormittag,
nachmittags beginnt unser ›game census‹ .
Was für euch seltsam klingt: In Südafrika kann man Wildtiere besitzen, man ist
für die Population auf der eigenen Farm verantwortlich – eine große Verantwortung,
die eben auch Arterhaltung bedrohter Spezies beinhaltet und genetische
Selektion. In einem von hohen Zäunen abgeschlossenen – wenn auch für
europäische Maßstäbe riesigen – Areal käme es zu Inzucht und Krankheiten,
würden die Tiere nicht reguliert. Vorher aber muss erst einmal klar sein, wie
viele der tierischen Bewohner da sind!«
    Jo mischte sich ein. »Wie bitte schön zählt man Wildtiere? Die
stellen sich ja nicht in einer Reihe

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