Marlene Suson 2
er
auf ihre Antwort. Als Megan schwieg, fuhr er fort: „Mein Geld reicht für dich und mich. Wilhelm und Gerda werden sich um Josh kümmern, bis ich ihn holen lasse. Und das werde ich tun, sobald wir in England sind. Ich verspreche es.“
Entsetzt starrte sie ihn an. „Ich kann doch meinen Bruder nicht zurücklassen.“
„Du weißt genau, daß er bei Wilhelm und Gerda gut aufgeho- ben ist.“
„Du mußt ohne mich gehen. Du kannst uns ja beide nachkom- men lassen.“
„Wirst du auch kommen, Megan?“
Er sah die Verwirrung und Unsicherheit in ihren Augen und wußte Bescheid. Wenn der Augenblick gekommen war, an dem sie und Josh auf die lange Seereise gehen sollten, um einem Mann zu folgen, dem sie nicht völlig vertraute, würde sie es nicht tun.
Dann würde er sie vielleicht nie wiedersehen. Das durfte nicht geschehen.
Und wenn er blieb, würden sie es möglicherweise beide nicht überleben.
„Megan, ich kann dich nicht hierlassen.“
„Warum nicht?“
Weil ich dich liebe. „Weil du vielleicht in Lebensgefahr bist.“
Verständnislos sah sie ihn an. „Lebensgefahr?“
„Ich komme immer mehr zu der Überzeugung, daß mein Bru- der hinter meiner Entführung steckt. Ich hätte ihm nie schreiben dürfen. Jetzt weiß er, wo ich bin.“ Stephens Stimme klang ge- preßt. Es fiel ihm unendlich schwer, die Heimtücke seines Bruders in Worte zu fassen. „Ich fürchte, Reif ist heute hier aufgetaucht, weil George Flynt über meinen Aufenthalt informiert hat.“
„Aber wieso bringt das mich in Lebensgefahr?“
„Du bist meine Frau und könntest mit meinem Sohn schwanger sein. Dann würde er meinen Besitz erben, nicht George. Glaubst du, ein Mann, der seinen eigenen Bruder einem so schrecklichen Schicksal überantwortet, würde eine fremde Frau und ihr unge- borenes Kind verschonen, wenn sie zwischen ihm und dem Ziel seiner Wünsche steht?“
Megan sah aus, als würde sie gleich zusammenbrechen. „Des- halb kann ich dich nicht zurücklassen. Du mußt mit mir nach England kommen, wo wir beide in Sicherheit sind.“
„Ich kann Josh nicht verlassen“, beharrte sie störrisch.
„Megan, etwas Besseres kannst du für ihn gar nicht tun. Ich lasse ihn holen, sobald wir in London sind, und dann bekommt er die beste Erziehung, die es gibt. Das ist es doch, was du dir so für ihn wünschst.“
Meg schluckte mühsam. Ja, er hatte recht.
„Und nur so kannst du es erreichen“, fuhr Stephen mit be- schwörender Stimme fort. „Willst du ihn um seine Zukunft bringen? Dazu liebst du ihn doch viel zu sehr.“
„Das gebe ich zu. Aber woher soll ich wissen, daß du dein Wort auch hältst?“
Er strich mit der Hand liebkosend über ihren Schenkel. „Ich schwöre dir, daß du das kannst, Megan.“ Er fuhr fort, sie zu strei- cheln, und sie erschauerte unwillkürlich. „Ich verspreche, daß ihr beide ein Leben in Sicherheit und Luxus führen werdet.“
Sie schob seine Hand weg und sah ihn skeptisch an. „So wie du Hiram Flynt versprochen hast, ihn fürstlich zu belohnen, wenn er deine Passage nach England bezahlt?“
„Megan, hör mich an ...“
Tränen traten ihr in die Augen. „Wie kann ich dir auch nur ein Wort glauben?“ Ihre Stimme zitterte. „Du versprichst mir ein Leben im Luxus, und dabei ist es viel wahrscheinlicher, daß ich mit ansehen muß, wie man dich zum Galgen schleift.“
„Nein. Wenn ich erst einmal in England bin, kann mir nichts mehr geschehen. Dann sind wir beide in Sicherheit, das mußt du mir glauben. Bitte, Megan, komm mit mir, um Joshs und auch um deinetwillen. Wilhelm ist auch der Meinung, daß wir uns so schnell wie möglich nach England einschiffen müssen, bevor Reif mit Flynt zurückkommt. Ich bin nicht Billy Gunnell, aber ich bin der Mann, den Flynt gekauft hat.“
„Du kannst doch um Rechtshilfe bitten. Ein Richter würde bestimmt ...“
Er ließ sie gar nicht erst ausreden. „Hast du den Richter ver- gessen, der Galloway zu deinem Vormund bestimmte?“ fragte er sarkastisch. „Nein, Megan, solange ich in Amerika bin, wird Flynt mir immer im Nacken sein.“
Sie wußte, daß er recht hatte. Doch der Gedanke, ihre beschei- dene Farm und ihren Bruder zu verlassen, um diesem Mann übers Meer zu folgen, machte ihr angst. Sie wagte es, ihre schlimmste Sorge in Worte zu fassen: „Und wenn du doch Billy Gunnell bist?“ Was würde dann mit ihr und Josh geschehen?
„Herrgott noch mal, Megan, ich bin es nicht! Oh, Megan, Megan, wie soll ich dich nur dazu bringen, mir
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