Marlene Suson 3
so gespannt, wo der verschwundene Verwalter wohl sein mochte, daß sie sich beinahe verraten hätte.
„Sind Sie sicher?“ fragte Basil alarmiert. Daniela wunderte sich, daß die Nachricht ihn gar nicht zu freuen schien.
„Ganz sicher“, bestätigte einer der Fremden.
„Wer sind Sie?“ fragte Basil.
„Neville Griffin.“
Der Name sagte Daniela nichts, doch Basil schien ihn zu kennen, denn er erbleichte.
Griffin wies mit dem Kinn zu den anderen beiden Fremden. „Sie sind ebenfalls Agenten der Krone.“
„Wo ist Briggs, dieser Verräter?“ Basil wirkte plötzlich sehr nervös. „In Italien?“
„Sie wissen sehr gut, daß er nicht dort ist“, antwortete Mor- gan. „Und ebensogut wissen Sie, daß er kein Verräter war. Wir haben seinen Leichnam im Wald von Greenmont gefunden, wo seine Mörder ihn verscharrt haben.“
Daniela schlug die Hand vor den Mund, um ihren Aufschrei zu ersticken. Basil wirkte so verstört, wie sie sich fühlte.
„Und was noch weit interessanter ist“, fuhr Morgan fort, „bei Briggs’ Leichnam haben wir nicht einen Penny gefunden.“
„Wieso ... aber ...“ Basil zappelte wie ein Fisch an der An- gelschnur. „Dieser verdammte Gentleman Jack muß ihn über- fallen und beraubt haben. Und anschließend hat er ihn im Wald vergraben.“
Danielas Herz klopfte wie ein Hammer. Basil log – sie kannte ihn zu gut, um es nicht zu merken – , und das bedeutete, daß er wußte, wer Walter Briggs getötet hatte.
Oder hat er den Verwalter am Ende selbst umgebracht? Da- niela fürchtete, ohnmächtig zu werden – sie, die so stolz darauf war, daß sie diese typisch weibliche Schwäche nicht kannte.
„Gentleman Jack ist ein Jakobiter und Verräter“, erklärte ihr Bruder.
„Aber Sie haben doch behauptet, daß Briggs ein Jakobiter war“, hielt Morgan dagegen. „Weshalb sollte ein Jakobiter den anderen umbringen, um das Geld nach Rom zu bringen, wenn es ohnehin schon auf dem Weg dorthin war?“
Basil, noch nie ein rascher Denker, suchte fieberhaft nach ei- ner Antwort. „Ich ... ich ... Sie können doch nicht von mir er- warten, daß ich die Gedankengänge eines gemeinen Verbrechers nachvollziehen kann.“
„Warum nicht? Sie sind doch selbst einer“, gab Morgan eisig zurück. „Sie haben sich der Unterschlagung, des Mordes und des Verrates schuldig gemacht.“
„Wie können Sie es wagen, mir solche Ungeheuerlichkeiten zu unterstellen!“ Basil wirkte weniger beleidigt als vielmehr verängstigt.
„Weil Sie sie begangen haben. Sie haben fünfzigtausend Pfund vom Greenmont-Vermögen unterschlagen. Um dies zu vertu- schen, ermordeten Sie Walter Briggs, einen loyalen und vertrau- enswürdigen Verwalter, und ließen es so aussehen, als wäre er mit dem Geld verschwunden. Dann haben Sie sich des Verrates an der Krone schuldig gemacht, indem Sie das unterschlagene Geld an James Stuart in Rom schickten, um einen Aufstand gegen die englische Krone zu unterstützen.“
Als Morgan seine Anschuldigungen beendet hatte, war Basils Gesicht weiß wie die Wand. „Was für ein Schwachsinn“, krächzte er mit belegter Stimme. „Jedermann weiß, daß die Winslows
seit der Glorreichen Revolution erbitterte Gegner der Stuarts sind.“
„Das ist wahr“, gab Morgan gelassen zu. „Aber Sie sind ja auch kein Winslow, Basil, stimmt’s?“
Obwohl Basil Morgans Behauptung nicht verbal bestätigte, sein Gesichtsausdruck tat es.
„Was haben Sie da gesagt, Mylord?“ fragte George Fleming betroffen.
„Basil ist der Sohn von Lord Charles Bolton, der im Jahre 1715 den Jakobiteraufstand gegen King George I. organisierte. Vielleicht ist das der Grund, weshalb Basil kaltblütig jenen Kutschenunfall arrangierte, bei dem der Earl umkommen sollte. Bei seiner für ihn typischen Unfähigkeit ist es ihm aber ledig- lich gelungen, Seine Lordschaft für den Rest seines Lebens zum Krüppel zu machen.“
Daniela schloß die Augen und taumelte gegen die Wand. In ihrem Kopf schien sich alles mit rasender Geschwindigkeit zu drehen.
Basil war nicht der Sohn ihres Vaters.
Basil hatte Walter Briggs ermordet.
Basil hatte versucht, ihren Vater zu töten.
Basil war ein Jakobiter.
Daniela öffnete die Augen und betrachtete ihn voll Ekel und Abscheu.
„Gott steh mir bei!“ stieß George Fleming erschüttert hervor.
„Die Achse von Croftons Kutsche war angesägt“, erklärte Morgan.
„Aber weshalb wollte Basil den Earl umbringen?“ fragte George.
„Weil er als ältester Sohn das ganze Vermögen
Weitere Kostenlose Bücher