Marlene Suson 3
beabsichtigte.
Seine Lippen glitten noch tiefer. „Daniela“, stieß er heiser hervor. Dann umschloß er mit den Lippen die rosige Knospe ih- rer Brust und begann sanft daran zu saugen. Wundervolle, nie gekannte Gefühle durchströmten sie.
Plötzlich drangen grauenerregende Erinnerungen durch den Nebel der Leidenschaft, der sie einhüllte.
Erinnerungen an eines anderen Mannes Mund, einen grausa- men Mund auf ihrer Brust, der sich ihrer brutal bemächtigte. Ein heftiges Zittern überlief sie, als sie daran dachte, was dann geschehen war. Blankes Entsetzen packte sie, und plötzlich kämpfte sie wie eine Wildkatze, um sich aus der Umarmung zu befreien.
Augenblicklich ließ Morgan sie los. „Allmächtiger, was ist los?“
Fassungslos sah er sie an.
„Lassen Sie mich in Ruhe!“ Daniela wirbelte herum, raffte ihr Mieder über der Brust zusammen und hastete blindlings in Richtung des Herrenhauses. Sie mußte fort von diesem Mann und seinen Verführungskünsten.
Doch tief im Herzen wußte sie, daß sie nicht vor Morgan davonlief.
Sie floh vor sich selbst.
Und vor ihren schrecklichen Erinnerungen.
10. KAPITEL
An diesem Abend blieb Daniela in ihrem Schlafzimmer, anstatt zum Dinner hinunterzugehen. Sie gab vor, sich nicht wohl zu fühlen, und bestellte sich das Essen aufs Zimmer. Sie war viel zu beschämt und verwirrt wegen des Vorfalls am Bach, um Lord Morgan gegenübertreten zu können.
Ihre Gefühle befanden sich in einem wilden Aufruhr. Sie war schockiert über die Freiheiten, die er sich herausgenommen hatte – nein, die sie ihm gewährt hatte.
Und noch schockierter war sie über ihre eigene leidenschaft- liche Reaktion.
Seit Rigsbys brutalem Überfall war sie davon überzeugt ge- wesen, daß die intime Berührung eines jeden Mannes Übelkeit in ihr auslösen würde. Daß alle Aspekte der körperlichen Liebe nur Abscheu und Ekel in ihr wecken könnten. Nun hatte Morgan diese Überzeugung zunichte gemacht.
Was bist du doch für eine dumme Gans, Daniela Winslow! Lord Morgan Parnell ist ein notorischer Schürzenjäger. Er ist ein Mei- ster darin, Frauen zu verführen. Sie spürte, wie heiße Schamröte ihr in die Wangen stieg, als sie sich daran erinnerte, wie leicht sie es ihm gemacht hatte. Nein, das würde ihr nie wieder passieren.
Aber konnte sie es verhindern? Dieser Mann schien eine unwiderstehliche Macht über sie zu haben.
In dieser Nacht schlief Daniela schlecht. Lord Morgan geisterte durch ihre Träume. Früh am nächsten Morgen begab sie sich auf einen langen, einsamen Ritt, um ihre aufgewühlten Gefühle zu beruhigen. Den Rest des Tages verbrachte sie damit, die Familien von Fletchers Grubenarbeitern zu besuchen.
Bei ihren Besuchen wurde ihr erneut vor Augen geführt, wie nötig diese Menschen ihre Unterstützung brauchten. Doch be- vor sie ihre Pistolen nicht wiederhatte, konnte sie nichts für ihre Schützlinge tun. Sie mußte einen Weg finden, Morgan die Waffen zu entwenden ... und es mußte bald sein.
Als sie am Abend zum Dinner hinunterging, war Morgan sofort an ihrer Seite.
„Was hat Ihnen gefehlt, daß Sie gestern abend das Bett hüten mußten?“
Obwohl sie nach Kräften versuchte, ihr Herz gegen ihn zu ver- härten, war sie doch gerührt von der ehrlichen Besorgnis in sei- ner Stimme. Zu ihrem Entsetzen spürte sie, wie sie unter seinem prüfenden Blick errötete.
Plötzlich blitzte in seinen Augen Verstehen auf. Sein wissendes Lächeln verriet ihr, daß er die Wahrheit erraten hatte.
Wütend, sowohl auf sich selbst als auch auf ihn, beschloß sie, ihm nicht die Genugtuung zu gönnen. Er brauchte nicht zu wissen, daß er recht hatte. „Ich war todmüde und hatte nicht die geringste Lust, mich den ganzen Abend im Eßzimmer zu langweilen.“
Sein Lächeln vertiefte sich. „Dann erlauben Sie mir, Sie heute abend zu Tisch zu führen. Ich verspreche auch, Sie nicht zu langweilen.“
„Sie sind aber gar nicht von sich überzeugt, oder?“
Als Daniela sich eine Stunde später vom Tisch erhob, mußte sie freilich zugeben, daß Morgan recht behalten hatte. Sie hatte sich keinen Augenblick gelangweilt.
Das würde sie ihm gegenüber natürlich nicht zugeben.
Es war zum Verzweifeln! Wann immer sie mit diesem charme- sprühenden Menschen zusammen war, unterminierte er all ihre guten Vorsätze. Dabei wußte sie ganz genau, daß seine Absich- ten ihr gegenüber mit Sicherheit nicht ehrbar waren. Wenn sie nicht achtgab, würde sie noch ihr Herz an ihn verlieren. Und das wäre ein
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