Mars 01 - Die Prinzessin vom Mars
sich meinen Liebkosungen entzog und gierig den Kadaver zu meinen Füßen zu verschlingen begann, fiel mir auf, daß der arme Geselle fast verhungert war. Mir ging es nicht wesentlich besser, doch brachte ich es nicht über mich, Fleisch ungekocht zu essen, und ich hatte nichts, womit man ein Feuer entfachen konnte. Als Woola seine Mahlzeit beendet hatte, nahm ich wieder meine beschwerliche und anscheinend endlose Suche nach der verborgenen Wasserstraße auf.
Bei Anbruch des fünfzehnten Tages erblickte ich zu meiner übergroßen Freude die hohen Bäume, die das Ziel meiner Suche kennzeichneten. Gegen Mittag schleppte ich mich erschöpft an die Pforte eines riesigen Gebäudes, das etwa vierhundert Quadratmeilen einnahm und zweihundert Fuß nach oben ragte. In den riesigen Mauern gab es keine andere Öffnung außer einer winzigen Tür, vor der ich entkräftet niedersank. Von Leben war weit und breit keine Spur.
Ich fand keine Klingel oder etwas ähnliches, um den Bewohnern des Bauwerkes meine Anwesenheit kundzutun, lediglich ein kleines, rundes Loch im Gemäuer neben der Tür. Es besaß den Durchmesser eines Bleistiftes. Ich hielt es für eine Art Sprachrohr, legte den Mund daran und wollte gerade etwas hineinrufen, als eine Stimme herausdrang, die mich fragte, wer ich sei, woher ich käme und was mein Begehr sei.
Ich entgegnete, daß ich von den Warhoon geflohen sei und an Hunger und Erschöpfung litt.
»Du trägst das Metall eines grünen Kriegers, dir folgt ein Calot, und doch hast du die Gestalt eines roten Menschen. Von der Farbe her bist du weder grün noch rot. Im Namen des Neunten Tages, was für eine Art von Geschöpf bist du?«
»Ich bin ein Freund der roten Menschen von Barsoom und bin am Verhungern. Im Namen der Menschlichkeit, öffne uns!« entgegnete ich.
Sogleich begann die Tür vor mir zurückzuweichen, bis sie nach fünfzig Fuß stoppte, leise nach links glitt und vor uns einen kurzen, engen Gang mit Betonwänden freigab, an dessen Ende sich eine weitere Tür befand, die jener, wie ich sie gerade passiert hatte, in jeder Hinsicht glich. Keine Menschenseele war zu sehen, doch kaum waren wir durch die erste Tür getreten, schloß sie sich wieder lautlos und glitt schnell an ihre ursprüngliche Stelle in der Außenmauer des Gebäudes zurück. Als sich die Tür zur Seite bewegt hatte, war mir ihre erstaunliche Stärke aufgefallen, volle zwanzig Fuß. Nachdem sie sich hinter uns wieder geschlossen und ihren alten Platz eingenommen hatte, kamen große Stahlzylinder von der Decke herab und sanken in die eingelassenen Vertiefungen im Boden.
Eine zweite und dritte Tür wichen vor mir zurück sowie zur Seite gleich der ersten, dann kam ich in eine riesige Halle, wo ich auf einem großen Steintisch zu essen und zu trinken vorfand. Eine Stimme hieß mich meinen Hunger stillen und meinen Calot füttern und unterzog mich währenddessen einem strengen und gründlichen Verhör.
»Deine Aussagen sind höchst bemerkenswert«, sagte mein unsichtbarer Gastgeber zum Schluß. »Offenbar sprichst du die Wahrheit, und ebenso klar ist, daß du nicht von Barsoom stammst. Das kann ich nach dem Aufbau deines Gehirns, der seltsamen Anordnung deiner inneren Organe sowie der Größe und Form deines Herzens sagen.«
»Kannst du durch mich hindurchblicken?« rief ich aus.
»Ja, ich sehe alles außer deinen Gedanken, und wärest du von Barsoom, könnte ich auch diese lesen.«
Dann öffnete sich eine Tür auf der anderen Seite der Halle, und ein seltsames, vertrocknetes kleines Männchen kam auf mich zu. Es trug nur ein einziges Kleidungs- oder Schmuckstück, einen kleinen goldenen Kragen, von dem ein tellergroßes Ornament bis zur Brust herabhing. Dieses war dicht mit riesigen Diamanten besetzt. In seiner Mitte befand sich ein eigenartiger Stein von einem Zoll Durchmesser, von dem neun verschiedenartige Strahlen ausgingen, und zwar außer in den sieben Farben, wie sie auf der Erde ein Prisma wirft, noch in zwei wunderschönen und mir unbekannten. Ihr Aussehen genauer zu schildern fällt ebenso schwer, als erkläre man einem Blinden die rote Farbe. Ich weiß nur, daß sie äußerst faszinierend waren.
Der kleine alte Mann setzte sich und unterhielt sich mit mir einige Stunden lang, wobei mich an unserem Gespräch am meisten verblüffte, daß ich jeden einzelnen seiner Gedanken lesen konnte, während er nicht das geringste von meinen Überlegungen zu erraten vermochte, sofern ich sie nicht aussprach.
Ich verschwieg ihm, daß
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