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Mars Live

Mars Live

Titel: Mars Live Kostenlos Bücher Online Lesen
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Jeffries?«
    »Hier!«
    »Warum melden Sie sich dann nicht, verdammt?«
    »Wir sitzen in der Patsche!« krähte Bass, als die Zahlen durchkamen. »Wir sind auf der falschen Seite von Phobos herausgekommen, glaube ich. Aber ansonsten haben wir den Orbit tadellos erwischt!«
    »Alle still sitzenbleiben und sich gut festhalten, ich werde das Schiff in die richtige Richtung drehen«, sagte Natascha Kirow.
    »Was, zum Kuckuck, war das für ein Gerüttel und Geschüttel?« fragte Fonda-Fox.
    »Es hätte schlimmer sein können«, antwortete Bass. »Eine Art von Gravitationseffekt. Wir sind schließlich zwischen zwei Monden hindurchgeschlüpft wie ein…«
    Er spürte, wie sich seine Nackenhaare aufrichteten. Alles färbte sich rot. Die Brücke schien in Flammen aufzugehen, als sich die Mary Poppins langsam wie ein Planet drehte und der Mars wie ein brennender Abendhimmel in Sicht kam.
    Peng! Peng! Peng!
    Die Lichter flackerten, und irgendwo im hinteren Teil des Achstunnels schlug ein Ventilator gegen seinen Rahmen. Greetings, Jeffries, Glamour, Fonda-Fox… sogar Natascha Kirow, alle hielten den Atem an. Dann gingen die Lichter an, allzu hell, und aus jedem Lautsprecher im Schiff, vom anderen Ende von hundertfünfzig Millionen Kilometer Nacht, dröhnte das einsame Geheul einer elektrischen Gibson-Gitarre und Chuck Berrys Stimme:
    …Hello, Operator,
give me Tidewater 4.10-0-0
Tell the folks back home it’s the promised land calling
and the poor boy’s on the line

 
6
     
    Greetings Dilemma, von dem sie naiverweise glaubte, daß es einzig und allein ihr vorbehalten sei, das jedoch seit neununddreißig Jahrhunderten allen blinden Passagieren gemein war, seit der erste arme heimatlose Hafenhund sich in einem Seilknäuel einer Feluke vor dem Aufbruch zur Fahrt über den Indischen Ozean zusammengekringelt hatte, war die Frage, ob sie versuchen sollte, sich nützlich zu machen, oder sich lieber möglichst unauffällig zu verhalten, um niemandem im Weg zu sein. Sie löste das Problem, wie es blinde Passagiere seit Jahrhunderten getan hatten, indem sie versuchte, beides gleichzeitig zu tun. Niemanden im Weg zu sein war auf einem Schiff von der Größe der Mary Poppins leicht, besonders in der Schwerelosigkeit, wo man wie ein Geist von einem Raum zum anderen schweben konnte, halb hoffend und halb fürchtend, jemand könnte einen sehen. Für Bass war sie offenbar unsichtbar, wie ein echter Geist, und Dr. Jeffries schenkte ihr kaum noch Beachtung, nachdem ihr Arm verheilt war. Sie fühlte sich wie die umgekehrte Zwillingsschwester von Beverly Glenn, die von allen beachtet wurde und die selbst niemanden beachtete. Greetings beobachtete alles, was vor sich ging, und trotzdem bewegte sie sich ungesehen, wenn nicht gerade Natascha Kirow sie zufällig aus dem Augenwinkel wahrnahm. Der Kirow fiel immer etwas ein, das sie ihr zu tun auftrug.
    »Greetings, hör auf, in den Tag hineinzuträumen, und bring mir The Best of the Everly Brothers aus dem Speicher.«
    Greetings verließ die Brücke und stieß sich durch die Röhre der Mittelachse, durch den Stalin-Salon und in Richtung des Stauraums von HAB No. 3. Unterwegs, obwohl es nicht ganz an ihrer Strecke lag, warf sie einen Blick in das südliche Observatorium. Der kleine runde Raum war von einem orangefarbenen Licht durchflutet. Es überraschte sie nicht, Dr. Jeffries mit Ahab auf dem Schoß war auf dem Sitz in der Mitte zu sehen. Die beiden verbrachten jede freie Minute hier drin. Dr. Jeffries war der Gesellschaft der übrigen Schiffsmannschaft ausgewichen, indem er viele Stunden schlafend im südlichen Observatorium verbrachte, als ob er entschlossen sei, sich im Traum dorthin zu begeben, wo er in Fleisch und Blut nicht hingelangen konnte.
    Auf dem Mars tobte immer noch der planetenweite Staubsturm, der an jenem Tag eingesetzt hatte, als sie in den Orbit eingeschwenkt waren. Nun, da das Schiff ausgerichtet war, konnte man den Planeten gleichermaßen gut vom südlichen Observatorium wie auch von der Brücke aus sehen. In einer Entfernung von nur 5900 Kilometern füllte er den Himmel beinahe ganz aus. Greetings hatte die alten Fotos, die Viking und Mariner aufgenommen hatten und die auf Diskette gespeichert waren, im Stalin-Salon angeschaut, und sie wußte, daß es Berge und Schluchten geben müßte (jedoch keine Flüsse und Meere), schneebedeckte Gipfel und sogar einige Wolken. Statt dessen sah der Mars wegen des Sturms aus wie eine Pastellzeichnung, die ein Kind mit dem seitlichen

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