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Mars Live

Mars Live

Titel: Mars Live Kostenlos Bücher Online Lesen
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hörten Bass und Jeffries anstatt Sprache ein Klangbündel, eine komplizierte Harmonie aus drei, dann sechs, dann acht hohen Tönen gleichzeitig, anschwellend und abflauend, aufsteigend und absinkend und dann nacheinander ersterbend, jeweils eine Erinnerung hinterlassend, die in der Luft nachhallte. Dann war alles verstummt bis auf einen einzigen Ton, voll und tief und irgendwie sehr traurig.
    »Wir sehen eine Ruine vor uns«, flüsterte Jeffries.
    »Hä?«
    »Wir sehen eine Ruine vor uns, wie Rom oder Simbabwe oder Uxmal. Wir sehen ein Ausstellungsstück.«
    Das Fenster erlosch flackernd und war verschwunden, als der letzte Ton verklang; der Mann mit den Rastalocken war ebenfalls wieder verschwunden.
    »Wenn das eine Ruine ist, woher kommt er dann?« fragte Bass. »Vielleicht stammt er gar nicht vom Mars. Vielleicht wird er es uns zeigen.«
    »Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Würde eine Ausstellung in Uxmal den Campus der Universität von Mexico City zeigen? Oder die Universität von Kalifornien? Was piepst da so?«
    »Der Alarmruf meines Dicktracy«, sagte Bass. »Er ist mit der Pumpe verbunden, und das bedeutet, daß die Tanks voll sind. Es ist Zeit, zum Schiff zurückzukehren.«
     
    »Sie meinen – alles?« fragte Greetings.
    »Ich meine alles«, sagte Natascha Kirow über den Kommunikator.
    »Also, okay!« Der Teenager warf die Kaffeekanne und den Kaffee, die CDs von Mingus und Shakespeare, die Ersatzstiefel und den Erste-Hilfe-Koffer durch die Kabinenluke in den Sand. Es machte irgendwie Spaß. Die Ziolkowski war von konzentrischen Kreisen aus Müll umringt.
    »Was ist mit dieser Innenverkleidung um die Fenster herum?«
    »Rausreißen!«
    »Was ist mit den Sitzpolstern hier im Flugdeck?«
    »Weg damit!«
    »Was ist mit dem Demogorgon?« fragte Glamour, der außen im Sand war und Natascha Kirow dabei filmte, wie sie den Schubkegel an den F-1 montierte.
    »Benutzen Sie Ihre Phantasie«, sagte Natascha Kirow. »Nach Sweeneys Zahlen haben wir immer noch 680,4 Kilo Marsgewicht zuviel. Also müssen wir entweder ihn dalassen, oder einen von uns.«
     
    Jeffries hatte zwar die Videobilder, doch er wollte etwas Berührbares mitnehmen – sofern irgend etwas von dem, was er sah, tatsächlich berührbar war. Er ging zu dem Zacken in der Mitte der Pyramide und berührte ihn; er war kalt und hart. Die Gestalt erschien, doch es war ein anderes Wesen, ein anderer Mann, diesmal in Blau und noch afrikanischer aussehend. Seine Stimme war tiefer und weniger melodisch, beinahe streng. Er hielt in jeder Hand eine basketballgroße Kugel: eine war der Mars, die andere die Erde. Er hielt sie mit ausgestreckten Armen von sich und ließ sie los; sie hingen in der Schwebe und drehten sich um die eigene Achse.
    Jeffries machte von beiden jeweils eine Aufnahme.
    Bass konnte den Blick nicht von den ausgestreckten Händen der Gestalt abwenden; er hatte an der linken drei Finger und an der rechten vier, einer davon ein abspreizbarer Daumen. Die rechte Hand deutete, und Bass drehte sich und blickte hinter sich zur Wand. Durch das dreieckige ›Fenster‹ sah er nicht Sand und Steine, sondern Sterne – Dunkelheit und Sterne.
    Die Kugeln wirkten körperhafter als die Gestalt, doch als Jeffries die Hand nach einer ausstreckte, griff er durch sie hindurch. Der Mars war an seinen großen vulkanischen Tafelbergen zu erkennen, doch die Kugel hatte graugrüne Flecken um den Äquator herum, und die Gletscher waren größer. Auf der Erdkugel war Nordafrika grün, und der größte Teil Europas war mit Eis bedeckt; der nordöstliche Teil von Nordamerika lag ebenfalls unter einer Eisdecke, deren Mittelpunkt ungefähr Montreal war. Kansas war ein kleines Meer oder ein großer See, je nach Betrachtungsweise.
    »Das Ausstellungsstück eines Museums«, sagte Jeffries. »Aus einer längst vergangenen Zeit.«
    »Oder aus einer zukünftigen Zeit«, sagte Bass. »Lassen Sie uns gehen, Pille. Wir müssen zurück zur Ziolkowski.«
    Zumindest der Kristallzacken war echt. Jeffries berührte ihn, und die Gestalt und die Kugeln verschwanden. Die oberen vier Zentimeter des Zackens ergaben eine Miniatur-Pyramide, wie die Spitze des Washington-Monuments, die vom unteren Teil durch eine schmale Naht getrennt zu sein schien.
    »Drehen Sie«, sagte Bass. »Nein, nach links.«
    Die Spitze in Jeffries Hand löste sich vom Rest, und plötzlich standen sie draußen im hellen Sonnenschein. Die Pyramide war verschwunden. Sie standen auf Sand, im Freien, auf dem Mars, mit

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