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Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Titel: Mars Trilogie 1 - Roter Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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Krater Carr. Noch vor acht waren Nadia, Sax, Ann, Simon, Sasha und Yeli in Schutzkleidung draußen und unterwegs zum Kraterrand.
    Die Kuppel war fort. Unten hatte es gebrannt. Alle Gebäude waren intakt, aber angesengt, und fast alle Fenster waren zerbrochen oder geschmolzen. Plastikwände waren verformt, Beton geschwärzt. Überall gab es Rußflecke, und Haufen von Ruß waren auf dem Boden, kleine Haufen aus schwarzem Kohlenstoff. Manchmal sahen sie aus wie Hiroshima-Schatten. Jawohl, es waren Körper. Die Umrisse von Menschen, die versucht hatten, sich durch die Nebenstraßen zu kämpfen. »Die Luft der Stadt enthielt zu viel Sauerstoff«, vermutete Sax. In einer solchen Atmosphäre waren menschliche Haut und Fleisch höchst brennbar und leicht entzündlich. So war es jenen frühen ApolloAstronauten ergangen, die in einer Testkapsel gefangen waren, die mit reinem Sauerstoff gefüllt gewesen war. Als das Feuer ausbrach, hatten sie wie Paraffin gebrannt.
    So auch hier. Alle auf den Straßen hatten Feuer gefangen und waren wie Fackeln umhergerannt. Das konnte man an der Anordnung der Rußhaufen erkennen.
    Die sechs alten Freunde gingen zusammen in den Schatten der östlichen Kraterwand. Unter einem runden dunkelroten Himmel hielten sie an der ersten Gruppe geschwärzter Leichen an und gingen dann rasch weiter. Sie öffneten Türen in Gebäuden, wenn es möglich war, klopften an alle verschlossenen Türen und horchten an den Wänden mit einem Stethoskop, das Sax mitgebracht hatte. Kein Geräusch außer ihrem eigenen Herzschlag.
    Nadia stolperte umher. Ihr Atem ging rauh und stoßweise. Sie zwang sich, die Leichen anzusehen, an denen sie vorbeikam, und versuchte, an den schwarzen Kohlenhaufen Größen abzuschätzen. Wie in Hiroshima oder Pompeji. Die Menschen waren jetzt größer. Aber sie verbrannten bis auf die Knochen, und sogar die Knochen waren nur noch dünne schwarze Stangen.
    Als sie zu einem Haufen passender Größe kam, blieb sie stehen und starrte ihn an. Nach einer Weile ging sie näher heran, fand den rechten Arm und kratzte mit ihrem vierfingrigen Handschuh an der Rückseite der verkohlten Knochen des Handgelenks. Sie schaute nach dem Datenschild. Sie fand es und säuberte es. Ließ ihren Laser darübergleiten. Emily Hargrove.
    Sie ging weiter und machte dasselbe mit einem anderen ähnlichen Haufen. Thabo Moeti. Das war besser, als die Zähne mit entsprechenden Aufzeichnungen zu vergleichen. Aber das hätte sie nicht gemacht.
    Sie war benommen und starr, als sie zu einem klumpigen Haufen nahe der Stadtbüros kam. Der lag allein da und hatte die rechte Hand vorgestreckt, so daß sie nur zu prüfen brauchte. Sie säuberte das Schild und sah nach. Arkady Nikelyovich Bogdanov.

S ie flogen weitere elf Tage lang nach Westen. Bei Tage versteckten sie sich unter Tarndecken oder fanden Zuflucht bei Leuten, die sie unterwegs antrafen. Während der Nächte folgten sie Transpondern oder den Angaben der letzten Gruppe, bei der sie Station gemacht hatten. Obwohl diese Gruppen oft etwas über ihre gegenseitige Existenz und deren Ort wußten, gehörten sie bestimmt keiner geschlossenen Widerstandsbewegung an oder waren sonstwie koordiniert. Manche hofften, es bis zur südlichen Polkappe schaffen zu können wie die Gefangenen von Korolyov, andere hatten nie von diesem Refugium gehört. Manche waren Bogdanovisten, andere Revolutionäre, die verschiedenen Führern folgten. Manche waren religiöse Gemeinden oder utopische Experimente oder nationalistische Gruppen, die mit ihren Regierungen daheim Verbindung zu halten bemüht waren. Und manche waren nur zusammengewürfelte Überlebende ohne ein Programm, verwaist durch den Terror. Die sechs Reisenden hielten sogar bei Korolyov selbst an, versuchten aber nicht hineinzugehen, als sie die nackten gefrorenen Leichen der Wachen vor den Schleusen sahen, manche in stehender Position fixiert wie Statuen.
    Nach Korolyov begegneten sie niemandem. Die Radio- und Fernsehsender waren tot, als die letzten Satelliten abgeschossen worden waren, die Pisten waren leer, und die Erde befand sich auf der anderen Seite der Sonne. Die Landschaft erschien so unfruchtbar wie vor ihrer Ankunft - mit Ausnahme sich verbreitender Flecke von Reif. Sie flogen dahin, als wären sie die einzigen Menschen auf der Welt, die einzigen Überlebenden.
    In Nadias Ohren summte weißer Lärm. Das hatte ohne Zweifel etwas mit den Ventilatoren des Flugzeugs zu tun. Sie sah die Ventilatoren nach, aber die waren in

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