Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
Vom Netzwerk:
erste gemeinsame Nacht zurück, was Sax wirklich unangenehm war. Vielleicht fühlte Phyllis ähnlich, denn sie rückte in die andere Seite der Kabine, und die lange Fahrt nach unten verging in Schweigen.
    Und dann auf dem Rasen des Boulevards küßte sie ihn flüchtig auf die Wange, drückte ihn kurz fest an sich und sagte: »Stephen, es war ein schöner Abend und auch eine schöne Zeit draußen in Arena. Ich werde nie unser kleines Abenteuer unter dem Gletscher vergessen. Aber jetzt muß ich wieder zurück nach Sheffield und mich mit allem beschäftigen, das sich da anhäuft, weißt du. Ich hoffe, du wirst mich besuchen kommen, wenn du einmal da oben bist.«
    Sax bemühte sich, seine Miene zu beherrschen, und suchte sich vorzustellen, wie Stephen fühlen und was er sagen würde. Phyllis war eine eitle Frau, und es war möglich, daß sie die ganze Affäre schneller vergessen würde, wenn sie es vermied, an die Verletzung zu denken, die sie jemandem zugefügt hatte, indem sie ihn hatte fallenlassen, anstatt darüber zu grübeln, warum er so erleichtert gewirkt hatte. Also versuchte Sax, die Stimme der Minderheit in seinem Innern zu lokalisieren, die über eine solche Behandlung gekränkt war. Er spannte seine Mundwinkel und schaute zur Seite. Er sagte bloß: »Ah!«
    Phyllis lachte wie ein Mädchen und nahm ihn zärtlich in die Arme. Sie mahnte ihn: »Mach schon! Es hat doch Spaß gemacht, nicht wahr? Und wir werden uns wiedersehen, wenn ich Burroughs besuche oder du einmal nach Sheffield kommst. Inzwischen - was können wir sonst tun? Sei nicht traurig!«
    Sax zuckte die Achseln. Das war so einleuchtend, daß man sich kaum vorstellen konnte, daß niemand außer dem hartgesottensten Liebhaber etwas dagegen haben würde; und er hatte nie vorgegeben, ein solcher zu sein. Schließlich waren sie doch beide über hundert. »Ich weiß«, sagte er mit einem nervösen reuigen Lächeln. »Ich bin nur traurig, daß die Zeit gekommen ist.«
    »Ich weiß.« Sie küßte ihn noch einmal. »Ich auch. Aber wir werden uns wieder begegnen, und dann werden wir sehen.«
    Er nickte und schaute wieder nach unten. Wieder wurden ihm die Schwierigkeiten bewußt, mit denen Schauspieler konfrontiert werden. Was sollte man tun?
    Aber mit einem schnellen Lebewohl war sie weg. Sax sagte den Abschied mit einem raschen Blick über die Schulter.
     
    Er ging über den Großen Böschungsboulevard auf Hunt Mesa zu. Das wär's also gewesen. Gewiß leichter, als er erwartet hatte. Tatsächlich sogar höchst bequem. Aber ein Teil von ihm war immer noch beunruhigt. Er blickte auf sein Spiegelbild in den Schaufenstern, an denen er in den unteren Stockwerken von Hunt vorbeikam. Ein schlampiger alter Kauz? Hübsch? Nun, was immer das bedeutete. Hübsch für manche Frauen, manchmal. Von einer aufgegriffen und einige Wochen als Bettpartner benutzt, dann beiseite gestoßen, wenn es Zeit war, weiterzuziehen. Wahrscheinlich war das im Laufe der Jahre so vielen passiert, ohne Zweifel öfters Frauen als Männern in Anbetracht der Ungleichheit von Kultur und Fortpflanzung. Aber jetzt, wo Fortpflanzung nicht mehr in Frage kam, und die Kultur in Scherben lag... Sie war wirklich ziemlich schrecklich. Aber hinwiederum hatte er kein Recht, sich zu beklagen. Er hatte ihr bedingungslos zugestimmt und sie von Anfang an belogen, nicht nur über seine Identität, sondern auch über seine Gefühle. Und jetzt war er frei davon und von allem, was damit zu tun hatte. Und von allem, das es bedrohte.
    Er fühlte eine Art Stimmungsaufschwung durch Stickoxydul und ging über die große Treppe in der Vorhalle von Hunt zu seiner Etage und in sein kleines Apartment.
     
    Spät in diesem Winter, während ein paar Wochen im Februar, fand in Burroughs die alljährliche Konferenz über das Terraformungsprojekt statt. Es war die zehnte derartige Konferenz, von den Veranstaltern als >M-38< bezeichnet, und es ging über neue Ergebnisse und neue Richtlinien. Es würden Wissenschaftler vom ganzen Mars teilnehmen, insgesamt fast dreitausend Personen. Die Zusammenkünfte fanden in dem großen Konferenzzentrum in Table Mountain statt, während die teilnehmenden Forscher in Hotels der ganzen Stadt wohnten.
    Jedermann in Biotique Burroughs ging zu den Versammlungen. Wer Experimente laufen hatte, um die er sich kümmern mußte, lief zwischendurch nach Hunt Mesa. Sax war verständlicherweise an jedem Aspekt der Konferenz höchst interessiert und ging an ihrem ersten Morgen zu Canal Park, kaufte sich

Weitere Kostenlose Bücher