Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars
haben zu ihm gesprochen, während sie ihn in der Mangel hatten. Du weißt, sie haben verschiedene Gedächtniszentren im Hippocampus sehr genau geortet und mit Drogen und sehr feiner Ultraschallstimulation und schnellen Mikrowellen bearbeitet, um das, was sie tun, zu verfolgen ... Nun, dann geben die Menschen Antworten auf alle Fragen, oft sehr ausführlich. Das haben sie mit Sax gemacht, als der Wind zuschlug und der Strom ausfiel. Das Notstromaggregat sprang sofort an, aber...« Er zeigte auf Sax. »Dabei, oder als wir ihn aus dem Apparat genommen haben ... «
Das war es also, weshalb Maya Phyllis Boyle getötet hatte. Das Ende einer Kollaborateurin. Mord unter den Ersten Hundert...
»Nun«, murmelte Kasei in dem anderen Wagen vor sich hin, »es wäre nicht das erste Mal gewesen.« Es gab Leute, die Maya verdächtigten, die Ermordung von John Boone arrangiert zu haben, und Nirgal hatte von Leuten gehört, die argwöhnten, auch das Verschwinden von Frank Chalmers hätte ihr Werk sein können. Man nannte sie die Schwarze Witwe. Nirgal hatte diese Geschichten als boshaften Klatsch abgetan, der von Leuten verbreitet wurde, die Maya offenbar haßten, wie Jackie. Aber Maya sah jetzt wirklich höchst gefährlich aus, wie sie in ihrem Wagen saß und auf das Radio starrte, als ob sie daran dächte, ihr Schweigen zu brechen und dem Süden eine Nachricht zu schicken. Weißhaarig, mit einer Habichtsnase und einem Mund wie eine Wunde ... Es machte Nirgal nervös, auch nur in dem gleichen Wagen zu sein wie sie, obwohl er gegen dieses Gefühl ankämpfte. Sie war immerhin eine seiner wichtigsten Lehrerinnen gewesen. Er hatte viele Stunden damit zugebracht, ihre ungeduldigen Lektionen in Mathematik, Geschichte und Russisch in sich aufzunehmen. Er hatte sie besser kennengelernt als irgendwelchen Lehrstoff und wußte recht gut, daß sie keine Mörderin sein wollte, daß unter ihren Stimmungen, die sowohl kühn wie matt, manisch und depressiv waren, eine einsame Seele litt, stolz und hungrig. Darum war in gewisser Weise dieses Unternehmen eine Katastrophe geworden, trotz des offensichtlichen Erfolgs.
Maya verlangte eisern, daß sie alle sich sofort in die südliche Polregion begeben sollten, um dem Untergrund zu berichten, was geschehen war.
»Das ist nicht einfach«, sagte Cojote. »Sie wissen, daß wir in Kasei Vallis gewesen sind, und da sie Zeit hatten, Sax zum Reden zu bringen, wissen sie wahrscheinlich, daß wir versuchen werden, nach Süden zu gelangen. Sie können genau so gut wie wir Karten lesen und sehen, daß der Äquator praktisch blockiert ist von West-Tharsis bis hin zum Osten der Chaose.«
»Es gibt die Lücke zwischen Pavonis und Noctis«, warf Maya ein.
»Ja, aber es führen einige Pisten und Pipelines hindurch und zwei Windungen des Aufzugs. Ich habe unter denen allen Tunnels gebaut, aber wenn sie nachsehen, könnten sie einige davon finden oder unsere Wagen sehen.«
»Was schlägst du also vor?«
»Ich meine, wir sollten nördlich um Tharsis und Olympus Mons herum und dann nach Amazonis hinunter, um dort den Äquator zu überqueren.«
Maya schüttelte den Kopf. »Wir müssen schnell nach Süden kommen, um sie wissen zu lassen, daß man sie entdeckt hat.«
Cojote dachte darüber nach und sagte: »Wir können uns teilen. Ich habe ein kleines Ultraleichtflugzeug in einem Versteck nahe dem Fuß von Echus Overlook stehen. Kasei kann dich und Michel hinführen und nach Süden zurückfliegen. Wir werden über Amazonis nachfolgen.«
»Was ist mit Sax?«
»Wir werden ihn direkt zu Tharsis Tholus schaffen. Dort gibt es ein Klinikzentrum der Bogdanovisten. Das ist nur zwei Nächte entfernt.«
Maya besprach es mit Michel und Kasei, ohne Spencer auch nur anzuschauen. Michel und Kasei hatten nichts dagegen, und schließlich nickte sie. »Einverstanden. Wir gehen in den Süden. Kommt nach, so schnell ihr könnt!«
Sie fuhren bei Nacht und schliefen bei Tag in ihrer alten Routine und schafften in zwei Nächten den Weg über Echus Chasma nach Tharsis Tholus, einem Vulkankegel am Nordrand des Tharsis-Buckels.
Dort befand sich eine Kuppelstadt der NicosiaKlasse auf der kahlen Flanke ihres Namensvetters. Die Stadt war ein Teil der Demimonde. Ihre meisten Bürger führten ein geregeltes Leben im Netz der Oberfläche; aber viele von ihnen waren Bogdanovisten, die halfen, bogdanovistische Flüchtlinge in der Gegend zu unterstützen, ebenso wie Zufluchtsstätten der Roten in Mareotis und auf der Großen Böschung. Sie
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