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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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wobei er dauernd durch die Frontscheibe auf den Gletscher blickte.
    Nirgal hatte Schwierigkeiten, die Oberfläche des Gletschers zu verstehen. Sie zeigte ein Durcheinander von schmutzigem Weiß, Grau, Schwarz und Braun, so vermischt, daß man kaum Größe, Gestalt oder Entfernung unterscheiden konnte. Er meinte: »Vielleicht ist es nicht die gleiche Stelle.«
    Cojote sagte: »Ich weiß es.«
    »Bist du sicher?«
    »Ja. Ich habe Markierungen hinterlassen. Sieh, da ist eine. Diese in die seitliche Moräne eingesenkte Spur. Aber dahinter sollte eine Auffahrt zu glattem Eis liegen, und es ist nichts als ein Wall aus Eisbergen. Ich benutze diese Route schon seit zehn Jahren.«
    »Du hast Glück gehabt, daß du sie so lange gehabt hast«, sagte Spencer. »Diese Gletscher sind zwar langsamer als die auf der Erde, fließen aber genauso bergab.«
    Cojote grunzte nur. Sax krächzte und klopfte dann an die innere Schleusentür. Er wollte hinausgehen.
    »Meinetwegen«, brummte Cojote und betrachtete eine Karte auf dem Schirm. »Wir müssen den Tag sowieso hier verbringen.«
    Also ging Sax frühmorgens über das Geschiebe, welches die Passage des Gletschers aufgepflügt hatte. Eine kleine aufrechte Kreatur mit einem Licht, das aus ihrem Helm schien, wie ein Tiefseefisch auf der Suche nach Nahrung. Irgend etwas bei dem Anblick machte Nirgal besorgt. Er zog sich an und ging nach draußen, um dem alten Mann Gesellschaft zu leisten.
    Er wanderte durch den angenehm frischen grauen Morgen, trat von einem Stein auf den anderen und folgte Sax bei seinem gewundenen Kurs durch die Moräne. Eine nach der anderen beleuchtete Saxens Stirnlampe gespenstische kleine Welten. Die Dünen waren von dornigen niedrigen Pflanzen durchsetzt, welche Spalten und Löcher unter Steinen füllten. Alles war grau; aber das Grau der Pflanzen war oliv, khaki oder braun getönt mit gelegentlichen hellen Flecken. Das waren Blüten - in der Sonne zweifellos farbig, aber jetzt nur hellgrau unter dicken behaarten Blättern schimmernd. Über sein Interkom hörte Nirgal, wie Sax sich räusperte. Die kleine Gestalt zeigte auf einen Felsen. Nirgal hockte sich hin, um ihn zu inspizieren. In Spalten gab es da Gewächse wie getrocknete Pilze mit schwarzen Punkten auf ihren verschrumpelten Hüten und von etwas gesprenkelt, das wie eine Schicht Salz aussah. Sax krächzte, als Nirgal eines berührte, konnte aber nicht sagen, was er wollte. »R-r-r...«
    Sie sahen einander an. »Das ist okay«, sagte Nirgal, wieder betroffen durch die Erinnerung an Simon.
    Sie gingen zu einer anderen Stelle mit Blättern. Die Areale, welche Pflanzen trugen, wirkten wie kleine Räume im Freien, getrennt durch Zonen aus trockenem Gestein und Sand. Sax verbrachte etwa fünfzehn Minuten in jedem Fellfield und stolperte ungeschickt umher. Es gab viele verschiedene Arten von Pflanzen; und erst nachdem sie etliche Schluchten besucht hatten, begann Nirgal zu erkennen, daß einige immer wieder vorkamen. Keine davon ähnelte den Pflanzen, mit denen er in Zygote aufgewachsen war, noch waren sie wie irgend etwas in den Arboreten von Sabishii. Nur die Pflanzen der ersten Generation, die Flechten, Moose und Gräser, sahen durchaus vertraut aus, wie das, was in den hohen Senken über Sabishii den Boden bedeckte.
    Sax sprach nicht wieder, aber seine Stirnlampe war wie ein Zeigefinger, und Nirgal richtete seine Stirnlampe oft auf die gleiche Stelle und verdoppelte damit die Beleuchtung. Der Himmel wurde rosa; und es war ihnen, als ob sie sich im Schatten des Planeten befänden, obwohl die Sonne genau über ihren Köpfen stand.
    Dann sagte Sax: »Dr...!« und richtete seine Lampe auf einen steilen Kieshang, über dem ein Geflecht hölzerner Zweige wuchs, wie ein Netz, das das Geröll an Ort und Stelle halten sollte.
    »Dr...!«
    »Dryade«, sagte Nirgal. Er erkannte es.
    Sax nickte emphatisch. Die Steine unter ihren Füßen waren mit hellgrünen Flecken aus Flechten bedeckt. Sax deutete auf einen Fleck und sagte: »Ap-fel. Rot. Karte. Moos.«
    »He«, sagte Nirgal. »Das hast du recht gut gesagt.«
    Das Sonnenlicht warf Schatten über den Kieshang. Plötzlich wurden die kleinen Blüten der Dryade vom Licht hervorgehoben. Die elfenbeinfarbenen Blütenblätter umspannten goldene Staubgefäße. »Dry-ade«, krächzte Sax. Das Licht ihrer Stirnlampen war jetzt nicht mehr zu sehen, und die Blüten strahlten in der Farbe des Tageslichts. Nirgal hörte im Interkom einen Ton und schaute Sax in den Helm. Er sah, daß

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