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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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lange allein das Netzwerk betreiben lassen.«
    »Das habe ich gehört!« rief Cojote vom nächsten Tisch.
    »Gefällt dir diese Idee nicht?« fragte ihn Nadia.
    Cojote zuckte die Achseln. »Wir müssen etwas tun, das ist ohne Zweifel richtig. Sie wissen jetzt, daß wir hier unten sind.«
    Das löste ein nachdenkliches Schweigen aus.
    Nadia sagte zu Art: »Ich gehe in der nächsten Woche nach Norden. Wenn du willst, kannst du mit mir kommen. Du auch, Nirgal, wenn du Lust hast. Ich werde eine Menge Zufluchtsstätten besuchen, und wir können mit ihnen über eine Versammlung sprechen.«
    »Sicher«, sagte Art mit erfreuter Miene. Und Nirgals Geist raste los, als er an die Möglichkeiten dachte. Daß er wieder in Gamete war, machte einen schlafenden Teil seines Geistes wieder lebendig, und er sah deutlich die zwei Welten als eine einzige. Das Weiß und Grün, in zwei verschiedene Dimensionen gespalten, durchdrangen einander - wie der Untergrund und die Oberflächenwelt, unbeholfen in der Demimonde vereint. Eine Welt ohne Brennpunkt...
     
    Also kamen in der nächsten Woche Art und Nirgal mit Nadia zusammen und fuhren nach Norden. Wegen der Verhaftung von Sax wollte Nadia nicht riskieren, in einer offenen Stadt längs ihres Weges zu bleiben, und schien noch nicht einmal den anderen versteckten Zufluchtsstätten zu trauen. Sie gehörte zu den Konservativsten unter den Alten, was Geheimhaltung betraf. Während der Jahre des Verstecktseins hatte sie wie Cojote ein ganzes System eigener Schutzräume geschaffen; und jetzt fuhren sie von einem zum nächsten, verbrachten die kurzen Tage mit Schlafen und Abwarten in relativem Komfort. Während der Wintertage konnten sie nicht fahren, weil der Nebel dünner geworden war und ein kleineres Areal umfaßte; und in diesem Jahr war er oft nicht mehr als ein leichter Dunst oder niedriges flockiges Gewölk, das über das rauhe klumpige Land wirbelte. Eines Morgens fuhren sie nach zehn Uhr im Nebel einen unebenen Steilhang hinunter, und Nadia erklärte, daß Ann ihn als den Rest eines früheren Chasma Australe identifiziert hätte. »Sie sagt, es gibt hier unten buchstäblich Dutzende fossile Chasma Australes, die zu früheren Zeiten im Zyklus der Präzession in unterschiedlichen Winkeln eingeschnitten wurden.« Und der Nebel verzog sich, so daß sie plötzlich viele Kilometer weit sehen konnten, bis hin zu den gezackten Eiswänden an der Mündung des jetzigen Chasma Australe, das in der Ferne schimmerte. Sie waren bloßgestellt. Dann schlössen sich die Wolken wieder über ihnen und hüllten sie in düsteres fließendes Weiß, als ob sie in einem Schneesturm führen, in dem die Flocken so fein waren, daß sie der Schwerkraft spotteten und ständig in der Schwebe dahingetrieben wurden.
    Nadia verabscheute diese Art von Bloßlegung, wie kurz sie auch sein mochte, und fuhr daher fort, sich tagsüber zu verstecken. Sie blickten aus den kleinen Fenstern ihrer Schutzräume auf wirbelnde Wolken, die manchmal das Licht in funkelnden Gruppierungen brachen, so hell, daß es mitunter schmerzte. Sonnenstrahlen brachen durch Wolkenlücken und trafen die langen Ketten und Grate des blendend weißen Landes. Einmal erlebten sie sogar eine volle Schneeblindheit, als alle Schatten verschwanden und auch alles sonst. Eine rein weiße Welt, in der nicht einmal der Horizont ausfindig zu machen war.
    An anderen Tagen warfen Eisbögen blaß pastellfarbene Kurven auf das intensive Weiß; und als einmal die Sonne tief über dem Land durchbrach, war sie von einem ebenso hellen Ring umgeben. Die Landschaft flammte bei diesem Schauspiel weiß auf, nicht gleichmäßig, sondern an Stellen, die sich in den unablässigen Winden rasch verschoben. Art lachte, als er das sah, und jubelte ständig über die Eisblumen, die jetzt so groß waren wie Büsche und besetzt mit Nadeln und Fächern wie aus Spitzen, die an den Ecken zusammenwuchsen, so daß an manchen Stellen der Boden völlig verschwand. Dann fuhren sie über eine knisternde Fläche aus Blütenblättern, die sie zu Hunderten unter ihren Rädern zerdrückten. Nach solchen Tagen waren die langen dunklen Nächte fast eine Erholung.
    Die Tage vergingen, einer wie der nächste. Nirgal fand es sehr bequem, mit Art und Nadia zu reisen. Sie waren beide ausgeglichen, ruhig und lustig. Art war 51, Nadia 120 und Nirgal erst 12, was ungefähr 25 Erdjahren entsprach. Aber trotz der großen Altersunterschiede verhielten sie sich zueinander auf gleieher Stufe. Nirgal konnte seine

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