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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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dem Tag an, bevor die Konferenz beginnen sollte. Man sagte, sie hätten draußen in ihren Rovern kampiert und auf das festgesetzte Datum gewartet. Mit sich brachten sie einen ganzen Schwung von Tagesordnungsentwürfen und Protokollen für die Versammlung; und als Nadia und Art hörten, wie eine Schweizerin ihre Pläne darlegte, stieß Art Nadia mit dem Ellbogen an und flüsterte: »Wir haben ein Monstrum geschaffen.«
    »O nein«, flüsterte Nadia zurück. Sie blickte glücklich über den großen Zentralpark in dem von Süden aus dritten Segment des Tunnels, das Lato hieß. Das Oberlicht war ein langer bronzefarbener Spalt in dem dunklen Dach, und Morgenlicht erfüllte die große Kammer mit der Art von Photonenregen, nach dem sie sich den ganzen Winter gesehnt hatte. Braunes Licht allenthalben, die Bambusgewächse, Kiefern und Zypressen ragten über die Dächer und strahlten wie grünes Wasser. »Wir brauchen eine Struktur, oder es würde nur eine allgemeine Ungebundenheit geben. Die Schweizer sind Form ohne Inhalt, wenn du verstehst, was ich meine.«
    Art nickte. Er war sehr schnell und manchmal schwer zu verstehen; denn er nahm vier oder fünf Stufen auf einmal und nahm an, daß sie ihm gefolgt wäre. »Überrede sie einfach dazu, daß sie mit den Anarchisten Kava trinken!« brummte er und begann, eine Runde um die Versammlung zu machen.
    Und als an diesem Abend Nadia mit Maya durch Gournia zu einer Reihe von Küchen unter freiem Himmel an der Kanalseite ging, kam sie an Art vorbei und sah, daß er genau das tat. Er schleppte Mikhail und einige andere Bogdanovisten hinüber zu einem Tisch mit Schweizern, wo Jurgen, Max, Sibilla und Priska fröhlich mit einer Gruppe, die um sie herum stand, schwatzten. Ihre Stimmen klangen in diversen Sprachen wie aus dem Computer und zeigten stets den flotten kehligen Schweizer Akzent. »Art ist ein Optimist«, sagte Nadia zu Maya, während sie weitergingen.
    »Art ist ein Idiot«, erwiderte Maya.
    Inzwischen waren in dem langen Sanktuarium etwa fünfhundert Besucher, die ungefähr fünfzig Gruppen repräsentierten. Der Kongreß sollte am nächsten Morgen beginnen. Darum war in dieser Nacht die Geselligkeit laut, von Zakros bis Falasana. Der Zeitrutsch wurde mit Gebrüll und Gesang ausgefüllt. Arabisches Geheul harmonisierte mit Jodlern, und die Strophen von >Waltzing Matilda« bildeten eine Gegenstimme zur Marseillaise.
     
    Nadia stand am nächsten Morgen früh auf. Sie fand Art schon draußen beim Pavillon im Zakrospark, wie er Stühle in klassischem bogdanovistischem Stil kreisförmig anordnete. Nadia empfand einen Stich von Schmerz und Bedauern, als ob Arkadys Geist durch sie gewandelt wäre. Ihm hätte dieses Meeting gefallen. Es war genau das, wozu er oft aufgerufen hatte. Sie ging, um Art zu helfen. »Du bist früh auf.«
    »Ich bin aufgewacht und konnte nicht wieder einschlafen.« Er hatte eine Rasur nötig. »Ich bin nervös!«
    Sie lachte. »Dies wird Wochen dauern, Art. Das weißt du.«
    »Ja, aber die Anfänge sind wichtig.«
    Um zehn Uhr waren alle Stühle besetzt, und der Pavillon dahinter war von stehenden Beobachtern gedrängt voll. Nadia stand hinter dem Zygote-Sektor des Kreises und sah interessiert zu. Es schienen etwas mehr Männer als Frauen präsent zu sein und etwas mehr Eingeborene als Emigranten. Die meisten Leute trugen übliche einteilige Jumper - die der Roten waren rostfarben -, aber auch viele farbige zeremonielle Gewänder waren zu sehen: Roben, Kleider, Pantalons, Anzüge, bestickte Hemden, freie Brust, eine Menge Halsbänder, Ohrringe und andere Schmucksachen. Alle Bogdanovisten trugen Schmuck mit Stücken aus Phobosit, dessen schwarze Klumpen glänzten, wo sie flach geschnitten und poliert worden waren.
    Die Schweizer standen im Mittelpunkt, düster in ihren grauen Bankeranzügen; Sibilla und Priska trugen dunkelgrüne Abendkleider. Sibilla eröffnete die Versammlung, und die übrigen Schweizer wechselten sich ab, während sie in quälenden Details das von ihnen ausgearbeitete Programm erläuterten. Sie machten Pausen, um Fragen zu beantworten, und baten um Bemerkungen bei jedem Rednerwechsel. Während dessen ging eine Gruppe Sufis in rein weißen Hemden und Pantalons außen rings um den Kreis herum und teilte Krüge mit Wasser und Bambusbecher aus. Sie bewegten sich mit ihrer gewohnten tänzerischen Grazie. Als alle Leute Becher hatten, gossen die Delegierten an der Front jeder Gruppe Wasser für die Schar zu ihrer Linken ein, und dann tranken

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