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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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Nirgal Vallis war tief von gefrorenem Schlamm bedeckt, und die Leute waren durchnäßt. Sie drängten sich wieder in die Aufzüge und kamen erschöpft und kalt auf dem Boden das Canyons an. Sie schauten sich an - völlig schwarze Gestalten mit Ausnahme ihrer Sichtscheiben. Nirgal legte seinen Helm ab, und da war er wieder, kräftig, lachend und unerschütterlich. Als er von seinem Helm Schlamm abkratzte und auf sie warf, ging das Gerangel los. Die meisten fanden es klug, die Helme aufzubehalten; und es war ein seltsames Bild, wie sich da auf dem dunklen Boden dieses Canyons blinde schlammige Gestalten mit Dreckklumpen bewarfen und in den Fluß hinausliefen, wo sie herumrutschten, als sie rangen und untertauchten.
     
    *  *  *

M aya Katarina Toitovna erwachte in übler Laune, gestört durch einen Traum, den sie absichtlich vergaß, als sie aus dem Bett rollte. Als ob man nach dem ersten Gang ins Bad die Wasserspülung zog. Träume waren gefährlich. Sie zog sich an mit dem Rücken zum Spiegel über dem Ausguß und ging dann hinunter in den Speiseraum. Ganz Sabishii war in dem typisch marsianisch- japanischen Stil erbaut. Ihre Nachbarschaft sah aus wie ein Zengarten, lauter Kiefern und Moos zwischen polierten roten Steinblöcken. Das war schön auf eine karge Art, die Maya unangenehm fand, eine Art Tadel für ihre Runzeln. Sie ignorierte das, so gut sie konnte, und konzentrierte sich auf das Frühstück. Die tote Langeweile der täglichen Notwendigkeiten. An einem anderen Tisch aßen Vlad, Ursula und Marina zusammen mit einer Gruppe der Issei von Sabishii. Diese hatten alle rasierte Köpfe und sahen in ihren Arbeitsjumpern aus wie Zenmönche. Einer von ihnen stellte einen kleinen Schirm über ihrem Tisch an, und es begann eine Nachrichtensendung von der Erde, eine metanationale Produktion von Moskau, die den gleichen Bezug zur Realität hatte wie früher die Pravda. Manche Dinge änderten sich nie. Dies war die Fassung in Englisch. Das Englisch des Sprechers war besser als ihr eigenes, selbst nach all diesen Jahren. »Jetzt die letzten Neuigkeiten von diesem fünften Tage des August 2114.«
     
    Maya versteifte sich in ihrem Sessel. In Sabishii war es Ls 246, der vierte Tag des zweiten Novembers. Die Tage waren kurz und die Nächte ziemlich warm für dies Marsjahr 44. Maya hatte keine Ahnung, was das irdische Datum war, und das schon seit Jahren nicht mehr. Aber da unten war es ihr Geburtstag. Ihr - sie mußte nachrechnen - einhundertdreißigster Geburtstag.
    Ihr war übel. Sie runzelte die Stirn, warf ihr halb verzehrtes Frühstück auf den Teller und starrte es an. In ihren Kopf flatterten Gedanken wie Vögel aus einem Baum heraus. Sie konnte sie nicht verfolgen. Es war, als ob sie leer wäre. Was bedeutete dieses schreckliche unnatürliche Alter? Warum hatten sie gerade in diesem Moment den Schirm angestellt?
    Sie ließ das halbmondförmig abgebissene Brötchen liegen, das ein ominöses Aussehen angenommen hatte, und ging hinaus in das herbstliche Morgenlicht. Unten an dem lieblichen Hauptboulevard des alten Viertels von Sabishii, grün vom Rasen und rot von Feuerahorn mit breiten Wipfeln, stand ein Ahornbaum vor der tief stehenden Sonne und flammte scharlachrot auf. Auf der ihrer Wohnung gegenüberliegenden Seite des Platzes sah sie Yeli Zudov, der mit einem kleinen Kind, vielleicht Mary Dunkels Ururenkelin, kegelte. Es waren jetzt viele der Ersten Hundert in Sabishii. Das machte sich gut als ihre Demimonde. Alle waren in die lokale Wirtschaft eingebunden und im alten Stadtviertel, mit falschen Identitäten und Schweizer Pässen - alles erstaunlich solide, so daß sie an der Oberfläche leben konnten. Und alles ohne die Erfordernis kosmetischer Chirurgie, die Sax so verändert hatte; denn das Alter hatte dies für sie besorgt. Sie waren unkenntlich so, wie sie waren. Maya konnte durch die Straßen von Sabishii gehen, und die Leute würden nur ein altes Weib neben vielen anderen sehen. Falls die Übergangsbehörde sie anhielt, würde sie sich als eine Ludmilla Novosibirskaya ausweisen. Aber die Wahrheit war, man würde sie nicht anhalten.
    Sie ging durch die Stadt und versuchte, von sich selbst loszukommen. Vom Nordende der Kuppel aus konnte sie außerhalb der Stadt die große Halde des Gesteins erkennen, das aus dem Mohole von Sabishii herausgewühlt worden war. Sie bildete einen langen gebogenen Hügel, der aufwärts zum Horizont hin verlief über die großen Krummholzbecken von Tyrrhena. Man hatte die Halde so

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