Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars
menschlichem Kapital, welches Arbeit durch Bildung und Werkserfahrung ansammelt. Menschliches Kapital unterscheidet sich von der klassischen Art dadurch, daß man es nicht erben kann; und es kann nur gemietet, nicht aber geoder verkauft werden.«
»Wenn man nicht Sklaverei mitrechnet«, sagte Art.
Fort runzelte die Stirn. »Dieser Begriff von natürlichem Kapital ähnelt tatsächlich der traditionellen Definition mehr als menschliches Kapital. Es kann besessen und vererbt werden und in erneuerbares und nicht erneuerbares, vermarktetes und nicht vermarktetes unterteilt werden.«
»Wenn aber alles Kapital der einen oder anderen Art ist«, sagte Amy, »kann man verstehen, warum Leute denken, daß die eine Art mit der anderen austauschbar wäre. Wenn man sein von Menschen gewonnenes Kapital benutzt, um weniger natürliches Kapital zu nutzen, ist das keine Substitution?«
Fort schüttelte den Kopf. »Das ist Wirkungsgrad. Kapital ist eine Größe des Inputs, und Wirkungsgrad ist das Verhältnis von Output zu Input. Ganz gleich, wie leistungsfähig Kapital ist, es kann nicht etwas aus nichts machen.«
»Neue Energiequellen ...«, warf Max ein.
»Aber wir können keinen Boden aus Elektrizität gewinnen. Fusionsenergie und sich selbst reproduzierende Maschinen haben uns enorme Mengen an Energie gebracht; aber wir müssen -Grundvorräte haben, um diese Energie anzuwenden. Und so rennen wir zu einer Schranke, wo keine Substitutionen mehr möglich sind.«
Fort starrte sie alle an und zeigte immer noch jene urtümliche Ruhe, die Art zu Anfang aufgefallen war. Art blickte auf seine Notizen. Natürliches Kapital - menschliches Kapital - Energie gegen Materie - Elektrischer Boden - Bitte keine Substitutionen. Er grinste und schaltete auf eine neue Seite.
»Leider arbeiten die meisten Ökonomen noch mit dem Leere-Welt-Modell der Ökonomie«, erklärte Fort.
»Das Volle-Welt-Modell scheint offenkundig«, erwiderte Sally. »Das ist einfach gesunder Menschenverstand. Warum sollten irgendwelche Ökonomen es ignorieren?«
Fort zuckte die Achseln und machte eine neue schweigende Runde durch das Zimmer. Arts Hals wurde allmählich müde.
»Wir verstehen die Welt durch Paradigmen. Der Übergang von einer Ökonomie der leeren Welt zu einer der vollen ist ein bedeutender Paradigmenwechsel. Max Planck hat einmal gesagt, daß ein neues Paradigma nicht siegt, indem es seine Gegner überzeugt, sondern dadurch, daß seine Gegner schließlich aussterben.«
»Und jetzt sterben sie nicht aus«, sagte Art.
Fort nickte. »Die Behandlungen halten die Menschen im Gang. Und viele von ihnen haben Dauerposten.«
Sally machte ein mißbilligendes Gesicht. »Dann müssen sie eben lernen, ihre Denkweise zu ändern.«
Fort sah sie an. »Das wollen wir eben jetzt versuchen. Zumindest theoretisch. Ich möchte, daß Sie Strategien einer Ökonomie der vollen Welt erfinden. Das ist ein Spiel von mir. Wenn Sie Ihre Lesegeräte in den Tisch einstöpseln, kann ich Ihnen die Ausgangsdaten liefern.«
Alle beugten sich vor und stöpselten sich in den Tisch ein.
Das erste Spiel, das Fort machen wollte, handelte davon, maximal versorgbare menschliche Bevölkerungen zu schätzen. Sam fragte: »Hängt das nicht von Annahmen über den Lebensstil ab?«
»Wir werden eine ganze Reihe von Annahmen machen.«
Er scherzte nicht. Sie gingen von Szenarien, in denen jedes für Ackerbau geeignete Stück Land der Erde mit maximalem Wirkungsgrad bewirtschaftet wurde, über zu Szenarien, bei denen auch Jagen und Sammeln eine Rolle spielten. Von allgemeinem erheblichem Konsum zu allgemeinen Diäten, um das Leben zu fristen. Ihre Textgeräte stellten die Anfangsbedingungen ein; und dann klapperten sie los. Sie sahen gelangweilt, nervös oder ungeduldig und vertieft aus, benutzten Formeln, die der Tisch lieferte, oder auch eigene.
Damit waren sie bis zum Mittagessen und dann den ganzen Nachmittag beschäftigt. Art liebte Spiele, und er und Amy waren immer vor den anderen fertig. Ihre Resultate für eine maximal versorgbare Bevölkerung reichte von hundert Millionen (dem Modell des >unsterblichen Tigers<, wie Fort es nannte) bis zu dreißig Milliarden (dem >Ameisenhaufen<-Modell).
»Das ist ein großer Spielraum«, bemerkte Sam.
Fort nickte und sah sie alle geduldig an.
»Aber wenn man Modelle mit den realistischsten Bedingungen betrachtet«, sagte Art, »kommt man gewöhnlich auf zwischen drei und acht Milliarden.«
»Und die gegenwärtige Bevölkerung beträgt ungefähr
Weitere Kostenlose Bücher