Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars
zwölf Milliarden«, erwiderte Fort. »Also sind wir über das Ziel hinausgeschossen. Was tun wir jetzt daran? Immerhin gibt es Handelsgesellschaften, die arbeiten. Das Geschäftsleben wird nicht aufhören, weil es zu viele Menschen gibt. Ökonomie der vollen Welt ist nicht das Ende der Ökonomie, sondern nur das Ende von >business as usual<. Ich will, daß Praxis da zuerst die Kurve kriegt. So! Es herrscht Ebbe, und ich ziehe mich nach draußen zurück. Sie können gern mitkommen. Morgen werden wir ein Spiel spielen, das heißt >Übervoll<.«
Damit verließ er das Zimmer, und sie waren sich selbst überlassen. Sie gingen wieder in ihre Zimmer und dann, als es Zeit zum Abendessen war, in den Speisesaal. Fort war nicht da, aber einige seiner ältlichen Gefährten vom vorigen Abend. Und zu ihnen gesellte sich jetzt eine Schar junger Männer und Frauen, alle sauber, mit fröhlichen Mienen und gesund aussehend. Sie sahen aus wie ein Wanderclub oder ein Schwimmverein, und mehr als die Hälfte waren weiblich. Sam und Max zogen die Augenbrauen hoch und herunter in einem einfachen Morsecode, der besagte: »Aha! Aha!« Die jungen Leute ignorierten das und servierten ihnen Dinner. Dann gingen sie wieder in die Küche. Art aß rasch und fragte sich, ob Sam und Max mit ihren Vermutungen recht hatten. Dann brachte er seinen Teller in die Küche und fing an, beim Abwaschen zu helfen. Zu einer jungen Frau sagte er: »Was bringt Sie hierher?«
»Das ist eine Art Ausbildungsprogramm«, erklärte sie. Sie hieß Joyce. »Wir sind alle Lehrlinge, die im letzten Jahr zu Praxis gestoßen sind und ausgewählt wurden, zur Ausbildung hierherzukommen.«
»Haben Sie zufällig heute über Ökonomie der vollen Welt gearbeitet?«
»Nein, Volleyball.«
Art ging wieder nach draußen und wünschte, er wäre für ihr Programm ausgewählt worden anstatt für seines. Er fragte sich, ob es hier eine Warmbadeanlage gäbe, da unten mit Blick auf den Ozean. Das erschien nicht unmöglich; denn das Meer war kühl, und wenn alles Ökonomie war, dann konnte man darin eine Investition sehen. Sozusagen zur Aufrechterhaltung der menschlichen Infrastruktur.
Wieder im Wohnbereich, sprachen seine Mitgäste über den Tag. »Ich mag dieses Zeug nicht«, erklärte Sam.
»Wir stecken alle drin«, sagte Max finster. »Es gilt, bei einem Kult mitzumachen oder den Job zu verlieren.«
Die anderen waren nicht so pessimistisch. Amy meinte: »Vielleicht ist er bloß einsam.«
Sam und Max rollten die Augen und schauten zur Küche.
»Vielleicht wollte er immer Lehrer werden«, meinte Sally.
»Vielleicht will er, daß Praxis jedes Jahr um zehn Prozent wächst«, erklärte George, »volle Welt oder nicht.«
Sam und Max nickten dazu, und Elizabeth machte ein ärgerliches Gesicht. »Vielleicht will er die Welt retten«, sagte sie grinsend.
»Stimmt!« erwiderte Sam, und Max und George kicherten.
»Vielleicht hat er diesen Raum verwanzt«, mutmaßte Art grinsend. Damit wurde die Unterhaltung wie durch eine Guillotine abgeschnitten.
Die folgenden Tage waren dem ersten sehr ähnlich. Sie saßen im Konferenzraum, und Fort ging um sie herum und redete den ganzen Morgen, manchmal zusammenhängend und manchmal nicht. Eines Morgens verbrachte er drei Stunden mit Auslassungen über den Feudalismus. Wie er der klarste politische Ausdruck der Dynamik von Dominanz bei Primaten wäre; wie er niemals wirklich aufgehört hätte; wie transnationaler Kapitalismus Feudalismus mit Großbuchstaben wäre; wie die Aristokratie der Welt sich darüber klar werden müsse; wie man kapitalistisches Wachstum in die Theorie vom Dauerzustand des Feudalmodells integrieren könnte. An einem anderen Morgen sprach er über eine kalorische Wertetheorie, genannt Öko-Ökonomik, die wohl zuerst von frühen Siedlern auf dem Mars entwickelt worden war. Sam und Max rollten bei dieser Kunde die Augen, während Fort weiter tönte über Gleichungen von Taneev und Tokareva und unleserlich auf einem Zeichenbrett in der Ecke kritzelte.
Aber dieses Schema dauerte nicht an; denn ein paar Tage nach ihrer Ankunft kam aus dem Süden eine große Flut. Fort stellte ihre Zusammenkünfte ein und verbrachte seine ganze Zeit mit Surfen oder Gleiten über das Wasser in einem Vogelkostüm, welches ein leichter, eng anliegender Schwimmanzug mit breiten Flügeln war, ein flexibler Hanggleiter, der die Muskelbewegungen des Fliegers in die passenden halbstarren Konfigurationen für erfolgreichen Flug umsetzte. Die meisten
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