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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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umgeben, Leuten, die vermutlich bald an die Reihe kommen würden und draußen auf dem Parkplatz kampierten, um sicher zu sein, daß nichts schiefginge. Die Behandlungen waren allen US-Bürgern gesetzlich garantiert; aber die Wartelisten für die öffentlichen Einrichtungen waren so lang, daß es fraglich war, ob man lange genug leben würde, bis man an der Reihe wäre. Art schüttelte bei diesem Anblick den Kopf und winkte einem Taxi.
    Er verbrachte seine letzte Woche auf der Erde in einem Motel in Cape Canaveral. Das war ein kläglicher Abschied, da Canaveral Sperrgebiet war, hauptsächlich von Militärpolizei bewohnt und Servicepersonal, das sich gegenüber den »als dahingeschieden Beklagten«, wie man die auf Abreise Wartenden nannte, äußerst schlecht benahm. Die tägliche Posse des Starts machte einen jeden danach entweder besorgt oder ärgerlich und in allen Fällen ziemlich taub. Die Leute gingen nachmittags herum mit klingenden Ohren und wiederholten: Was? Was? Was? Um dem Problem entgegenzuwirken, trugen die meisten Ortsansässigen Ohrpfropfen. Sie ließen Teller auf dem Tisch eines Restaurants fallen, während sie mit Leuten in der Küche sprachen. Dann schauten sie plötzlich auf die Uhr, nahmen die Stöpsel aus der Tasche und steckten sie sich in die Ohren, und - bum - die nächste Nova-Energia-Rakete ging los mit zwei daran befestigten Shuttles. Die ganze Welt zitterte wie Gelee. Die >Dahingeschiedenen< rannten auf die Straße mit den Händen auf den Ohren. Sie bekamen eine neue Vorschau auf ihr Schicksal, starrten voller Panik auf die biblische Rauchsäule und den Feuerpunkt, der über den Atlantik einschwenkte. Die Ansässigen blieben, wo sie waren, kauten Gummi und warteten, bis die Unterbrechung vorbei war. Nur einmal zeigten sie Interesse, als eines Morgens Flut herrschte und die Meldung kam, daß eine Gruppe von Partylöwen zu dem Zaun geschwommen waren, der die Stadt umgab, und sich einen Weg nach innen geschnitten hatten, wo die Sicherheitsbeamten sie in das Gebiet gescheucht hatten, wo an diesem Tage der Start erfolgen sollte. Man sagte, einige Leute wären dabei verkohlt; und das genügte, um einige Einheimische hinauszulocken, um zu sehen, ob die Rauchsäule und die Flamme etwas anders aussehen würden.
    Dann war an einem Sonntagmorgen Art an der Reihe. Er wachte auf und zog sich den schlecht passenden Pullover an, der ihm geliefert worden war. Er fühlte sich wie im Traum. Er stieg in den Wagen mit einem anderen Mann, der genau so benommen aussah, wie er sich fühlte; und sie wurden zum Startgelände gefahren und nach Netzhaut, Fingerabdrücken, Stimme und äußerem Aussehen identifiziert. Dann wurde er, ohne überhaupt ernsthaft darüber nachgedacht zu haben, was das alles zu bedeuten hätte, in einen Aufzug geführt und durch einen kurzen Tunnel in einen winzigen Raum, wo acht Sessel nach Art von Zahnarztstühlen standen, in denen alle Leute mit aufgerissenen Augen saßen. Dort nahm er Platz und wurde angeschnallt. Die Tür wurde geschlossen, unter ihm ertönte ein vibrierendes Gebrüll, er wurde angepreßt und wog danach nichts mehr. Er befand sich im Orbit.
    Nach einer Weile schnallte sich der Pilot los. Die Passagiere taten das auch und gingen zu den zwei kleinen Fenstern, um hinauszuschauen. Schwarzer Weltraum, blauer Planet - genau wie die Bilder, aber mit der erregenden Schärfe der Realität. Art blickte hinab auf Westafrika, und eine große Welle von Übelkeit überkam ihn.
    Er bekam gerade den leichtesten Anflug von Appetit wieder nach einem zeitlosen Intervall von Raumkrankheit, der in der realen Welt fünf Tage hätte dauern können, als sich eines der ständig verkehrenden Shuttles näherte, nachdem es um die Venus herumgekurvt war und in einer Bahn an der Erde vorbei zum Mond gerade so weit aerodynamisch abgebremst hatte, daß die kleinen Fähren es einholen konnten. Irgendwann während seiner Raumkrankheit waren Art und die anderen Passagiere in eine dieser Fähren überführt worden, die dann zum rechten Zeitpunkt hinter einem der Linienshuttles herzischte. Die Beschleunigung war noch härter als beim Start von Canaveral; und danach war Art wieder schwindlig und unwohl. Noch mehr Schwerelosigkeit hätte ihn getötet. Er stöhnte schon bei dem bloßen Gedanken. Aber zum Glück gab es in dem Linienshuttle einen Ring, der mit einem Tempo rotierte, das einigen Räumen eine sogenannte Marsschwere verlieh. Art bekam ein Bett im Revier, das einen davon einnahm, und blieb dort. Er

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