Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars
veranlaßte eine Ausgabe. 309 K. »Mist!«
»Wie fühlen Sie sich?«
»Heiß. Schwer.«
»Wir sollten lieber jemanden holen.«
Nirgal schüttelte den Kopf, aber eine Welle von Schwindel überfiel ihn dabei. Er sah, wie die Leibwächter nach Bly riefen. Bly kam herbei, und sie stellten ihm Fragen.
»Bei Nacht?« fragte Bly. Weitere ruhige Gespräche. Bly zuckte die Achseln. Das bedeutete: Keine gute Idee, aber machbar. Die Leibwächter machten weiter, und Bly trank seine letzte Pint aus, stellte das Glas hin und stand auf. Sein Kopf war immer noch auf der gleichen Höhe wie der Nirgals, obwohl dieser heruntergerutscht war, um den Rücken gegen den Tisch zu stützen. Eine andere Spezies, eine hockende kräftige Amphibie. Hatte er das vor der Flut gewußt? Wußten sie es jetzt?
Die Leute verabschiedeten sich und drückten ihm die Hand. Das Erklimmen der Leiter zum Kommandoturm war eine mühsame Arbeit. Dann waren sie draußen in der kühlen, feuchten Nacht. Der Nebel verhüllte alles. Ohne ein Wort führte Bly sie auf sein Boot und blieb still, als er die Motoren anließ und das Boot losmachte. Sie tuckerten über eine leichte Woge. Zum ersten Mal machte das Schaukeln über die Wellen Nirgal richtig seekrank. Schwindel war schlimmer als Schmerz. Er setzte sich neben Bly auf einen Schemel und betrachtete den grauen Kegel erhellten Wassers und Nebels vor ihrem Bug. Wenn dunkle Objekte aus dem Nebel auftauchten, wurde Bly langsamer und stellte den Motor sogar auf Rückwärtsgang. Einmal pfiff er. Das ging lange so weiter. Als sie dann in den Straßen von Faversham andockten, war Nirgal so schlecht, daß er nicht richtig Lebewohl sagen konnte. Er konnte nur Blys Hand ergreifen und kurz dem Mann in seine blauen Augen schauen. Solche Gesichter. Man konnte die Seelen der Menschen direkt in ihren Gesichtern erkennen. Hatten sie das vorher gewußt? Dann war Bly fort, und sie saßen in einem Wagen, der durch die Nacht brummte. Nirgals Gewicht nahm wieder zu, wie es während des Abstiegs im Aufzug gewesen war. Dann in ein Flugzeug, im Dunkeln aufsteigend und irgendwann später herunterkommend. Seine Ohren knackten schmerzhaft. Übelkeit. Er war wieder in Bern, und Sax war an seiner Seite, ein großer Trost.
Er lag in einem Bett, ihm war sehr heiß und sein Atem ging feucht und schmerzhaft. Aus dem Fenster konnte er die Alpen sehen. Das weiße Aufbrechen von Grün, als ob der Tod selbst sich aus dem Leben bewegte und durchbräche, um ihn daran zu erinnern, daß Viriditas ein grüner Zünder wäre, der eines Tages wieder in das Weiß einer Nova explodieren würde, um zu der gleichen Kombination von Elementen zurückzukehren, die vorhanden gewesen war, ehe der Wirbelsturm sie erfaßt hatte. Das Weiß und das Grün. Es war, als ob die Jungfrau ihm die Kehle heraufrutschte. Er wollte schlafen und dieses Gefühl loswerden.
Sax saß an seiner Seite und hielt seine Hand. »Ich glaube, er braucht die Schwerkraft des Mars«, sagte er zu jemandem, der nicht im Raum zu sein schien. »Es könnte eine Form von Höhenkrankheit sein. Oder eine ansteckende Krankheit. Oder Allergien. Eine Reaktion des Organismus. Irgendein Ödem. Wir wollen ihn sofort in ein Flugzeug vom Boden zum Weltraum und da oben in einen G-Ring mit der Schwerkraft des Mars bringen. Wenn ich mich nicht irre, wird das helfen, und falls nicht, schlimmer kann es wohl nicht werden.«
Nirgal versuchte zu sprechen, bekam aber keine Luft. Diese Welt hatte ihn angesteckt, erdrückt, in Dampf und Bakterien gesotten. Ein Schlag in die Rippen. Er war gegen die Erde allergisch. Er drückte Sax die Hand und holte tief Luft, als ob ihm ein Dolch ins Herz dränge. »Ja«, keuchte er und sah Sax blinzeln. »Ja, nach Hause.«
FÜNFTER TEIL
ENDLICH DAHEIM
Ein alter Mann sitzt am Krankenbett. Die Krankenhauszimmer sind alle gleich. Sauber, weiß, kühl, summend und fluoreszierend. Auf dem Bett liegt ein Mann - groß, dunkelhäutig und mit dicken schwarzen Augenbrauen. Er schläft fest. Am Kopf hat er einen Buckel. Ein Finger berührt den Schädel hinter dem Ohr. Während des Atmens murmelt der Alte. »Wenn es eine allergische Reaktion ist, dann muß sein Immunsystem überzeugt werden, daß das Allergen kein eigentliches Problem bedeutet. Sie haben kein Allergen identifiziert. Ein Lungen-Ödem ist normalerweise durch die Höhenkrankheit bedingt, könnte aber auch durch ein Gasgemisch verursacht worden sein, oder es kam zu einer Krankheit durch zu geringe Höhe.
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