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Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Titel: Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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Gegensprechverkehr. »Ann, es war so, daß ich zu dir sprechen konnte. Ich meine für mich selbst - ich wollte dich nicht vermissen. Ich wollte, daß du mir verzeihst. Ich wollte mit dir darüber diskutieren und wünsche mir, daß du verstehst, warum ich das getan habe, was ich tat.«
    Sein Geplapper hörte so plötzlich auf, wie es angefangen hatte; und dann sah er verwirrt, sogar erschrocken drein. Vielleicht hatte er gerade gehört: »Zur Hölle damit!« Sie konnte ihm zweifellos Angst machen.
    »Was für ein Quatsch!« sagte sie.
    Nach einer Weile: »Ja. Hm... was machst du? Du sieht aus... «
    Sie trennte die Verbindung. Im Geiste schrie sie: »Ich bin gerade einem Eisbären entwischt! Ich wurde wegen eurer blöden Spiele beinahe gefressen!«
    Nein. Sie würde es ihm nicht sagen. Dem Naseweisen. Er hatte einen guten Unparteiischen für seine Einsendungen an das Metajournal ofMartian History, darauf lief es hinaus. Sich vergewissern, daß seine Forschungen korrekt von zuständiger Stelle besprochen wurden. Dafür würde er in den innersten Wünschen einer Person herumtoben, in ihrer essentiellen Freiheit, Leben oder Tod zu wählen, ein freies menschliches Wesen zu sein!
    Wenigstens hatte er nicht versucht, es zu leugnen.
    Und nun - war sie hier. Wut. Reue ohne Grund. Unerklärliche Besorgnis. Eine seltsam schmerzliche Heiterkeit. All das erfüllte sie plötzlich. Das wild vibrierende limbische System stieß mit konträren wilden Emotionen in jeden Gedanken, abgetrennt vom Inhalt der Gedanken. Sax hatte sie gerettet; sie haßte ihn, sie empfand eine tolle Freude. Kasei war tot, Peter nicht. Kein Bär konnte sie töten etc. - immer weiter und weiter. Oh, wie seltsam!
    Sie sichtete einen kleinen grünen Rover, der sich auf einem Absatz über der Eisbucht befand. Impulsiv faßte sie das Lenkrad fester und fuhr zu ihm hinauf. Ein kleines Gesicht schaute heraus. Sie winkte ihm durch die Frontscheibe zu. Schwarze Augen, Brille, kahl. Wie ihr Stiefvater. Sie parkte ihren Rover neben seinem. Der Mann machte ihr ein Zeichen, herüber zu kommen, und hielt einen Holzlöffel hoch. Er sah unsicher aus, nur halb aus seinen Gedanken gerissen.
    Ann zog eine gepolsterte Jacke an, ging durch die Schleusentüren und trat zwischen die Wagen. Den Schock der kalten Luft empfand sie wie eine kalte Dusche. Es war angenehm, von einem Rover zum anderen zu gehen, ja überhaupt sich ohne Schutzanzug ins Freie zu wagen, ohne das Leben zu riskieren. Es war ohnehin erstaunlich, daß nicht mehr Leute durch Sorglosigkeit oder defekte Schleusen umgekommen waren. Einigen war das natürlich passiert. Vielleicht Dutzenden, wenn man alle zusammenzählte. Jetzt war es nur noch ein Schuß kalter Luft.
    Der kahle Mann öffnete seine innere Schleusentür, sagte »Hallo!« und strecke ihr die Hand entgegen.
    Ann sagte »Hallo!« und schüttelte sie. »Ich bin Ann.«
    »Ich bin Harry. Harry Whitebook.«!
    »Ah! Ich habe von dir gehört. Du malst Tiere.«
    Er lächelte höflich. »Ja.« Keine Scheu, keine Abwehr.
    »Ich bin heute gerade von einem eurer Eisbären gejagt worden.«
    »Wirklich?« Er machte runde Augen. »Die sind flink.«
    »Allerdings. Aber es sind eigentlich keine Eisbären, nicht wahr?«
    »Sie haben einige Grizzly-Gene wegen der Höhe. Aber größtenteils ist es einfach Ursus maritimus. Das sind zähe Biester.«
    »Es gibt viele Tiere.«
    »Ja, ist das nicht wundervoll? Oh, entschuldige, hast du gegessen? Möchtest du etwas Suppe haben? Ich bereitete gerade Suppe zu. Lauchsuppe. Ich meine, das muß man ja riechen.«
    Das stimmte. »Ja, man riecht's«, sagte Ann.
     
    Bei Suppe und Brot stellte sie ihm Fragen über den Eisbären. »Sicher kann es für etwas so Großes hier keine ganze Nahrungskette geben?«
    »O doch. In dieser Gegend ist das der Fall. Dafür ist sie bekannt. Die erste Bioregio'n, die Bären verträgt. Die Bucht ist bis zum Grund flüssig, wie du siehst. Das Ap-Mohole befindet sich im Zentrum des Kraters; darum hat der See keinen Boden. Im Winter natürlich überfroren; aber die Bären sind das von der Arktis her gewohnt.«
    »Die Winter sind lang.«
    »Ja. Die Bärinnen graben sich einen Bau im Schnee, nahe einigen Höhlen in zutage liegenden Stellen des Deichs im Westen. Sie halten keinen richtigen Winterschlaf. Ihre Körpertemperatur sinkt nur um wenige Grade; und sie können in ein paar Minuten aufwachen, wenn sie den Bau wegen der Wärme anpassen müssen. So verbringen sie darin so viel vom Winter, wie sie können,

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