Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars
war und darum Falten hatte - jünger, und irgendwie gut erhalten, als wäre sie eine Schwester von Zo, die einige Zeit auf Flasche gezogen und erst kürzlich dekantiert worden war. Sie wollte Zo nicht sagen, wie oft sie die gerontologischen Behandlungen gehabt hatte; aber Rachel hatte erzählt, daß sie immer neue Varianten ausprobierte, von denen etwa zwei oder drei jedes Jahr herauskämen, und daß sie die Grundbehandlung beinahe alle drei Jahre erfuhr. Daher sah sie, obwohl sie irgendwo in der fünften m-Dekade stand, fast wie eine Altersgenossin von Zo aus, mit Ausnahme der bewahrten Qualität, die nicht so sehr den Körper als vielmehr den Geist betraf - ein Augenausdruck, eine gewisse Härte, eine Anspannung, eine Bedachtsamkeit oder Stumpfheit. Es war harte Arbeit, Jahr für Jahr das Alpha-Weibchen zu sein, ein heroischer Kampf, der sichtbare Spuren hinterlassen hatte, ganz gleich wie babyglatt ihre Haut war oder wie sehr sie die umkämpfte Schönheit blieb. Und sie war durchaus noch eine Schönheit, ohne Zweifel. Aber sie wurde allmählich alt. Bald würden sich ihre jungen Männer nicht mehr um die Finger wickeln lassen und abhauen.
Inzwischen hatte sie eine große Präsenz entwickelt und wirkte darüber hinaus im Moment recht verärgert. Die Leute schauten weg, als ob ihr Blick sie töten könnte, was Zo zum Lachen brachte. Nicht gerade die höflichste Art, die Mutter zu begrüßen, aber was konnte man sonst machen? Zo war zu entspannt, um sich zu ärgern.
Aber dennoch war es wohl ein Fehler, sie anzulachen. Jackie schoß finstere Blicke, bis Zo sich zusammennahm.
»Erzähl mir, was auf dem Merkur geschehen ist!«
Zo zuckte die Achseln. »Ich habe es dir berichtet. Die denken immer noch, daß die äußeren Planeten auf ihre Sonnenlichtlieferungen angewiesen seien. Das haben sie sich in den Kopf gesetzt.«
»Ich meine, daß ihr Sonnenlicht da draußen immer noch nützlich ist.«
»Energie kann man immer brauchen; aber die äußeren Welten sollten jetzt imstande sein, das zu erzeugen, was sie benötigen.«
»Also bleiben den Merkuriern noch die Metalle.«
»Das stimmt.«
»Aber was wollen sie dafür haben?«
»Alle wollen frei sein. Keine dieser kleinen Welten ist groß genug, um autark zu sein. Darum müssen sie etwas haben, womit sie handeln können, wenn sie frei bleiben wollen. Merkur besitzt Sonnenlicht und Metalle; die Asteroiden haben Metalle, die äußeren Satelliten haben flüchtige Substanzen. Also bieten sie das zum Tausch, was sie haben, und versuchen, Allianzen zu bilden, um eine Beherrschung durch die Erde oder den Mars zu vermeiden.«
»Es ist keine Beherrschung.«
»Natürlich nicht.« Zo verzog keine Miene. »Aber die großen Welten, du weißt...«
»Sind groß«, bestätigte Jackie. »Aber wenn man alle diesen kleinen Dinge zusammenzählt, ist das auch etwas Großes.«
»Wer addiert sie?« fragte Zo.
Jackie ignorierte die Frage. Die Antwort war ohnehin klar. Jackie würde es tun. Jackie befand sich in einem langen Kampf mit verschiedenen Mächten auf der Erde, sofern es die Kontrolle des Mars betraf. Sie versuchte zu verhindern, daß sie von der immensen Heimatwelt überflutet würden. Und die menschliche Zivilisation breitete sich ständig weiter durch das ganze Sonnensystem aus. Jackie betrachtete die neuen kleinen Siedlungen als Bauern im Schachspiel dieses großen Kampfes. Und es gab in der Tat genug von ihnen. Sie könnten durchaus einen Unterschied bedeuten.
»Es gibt keinen großen Grund, sich um den Merkur Sorgen zu machen«, versicherte ihr Zo. »Er ist eine Sackgasse, eine kleine provinzielle Stadt, die von einer Kultgemeinde betrieben wird. Niemand kann viele Menschen dort ansiedeln, wirklich niemand. Wenn es uns also doch gelingt, sie an Bord zu bringen, wird das keinen großen Unterschied machen.«
Jackies Gesicht nahm wieder seinen weltmüden Ausdruck an, als ob Zos Analyse der Lage das Werk eines Kindes wäre, und als ob es ausgerechnet auf dem Merkur verborgene Quellen politischer Macht gäbe. Das war störend, aber Zo nahm sich zusammen und zeigte ihren Ärger nicht.
Antar kam herein, um nach ihnen zu sehen. Er sah sie und lächelte, kam herüber und gab Jackie einen schnellen Kuß und Zo einen längeren. Er und Jackie sprachen flüsternd eine Weile über die eine oder andere Sache, und dann sagte Jackie ihm, er solle gehen.
In Jackie steckte eine große Portion vom Willen zur Macht, wie Zo wieder einmal erkannte. Das selbstverständliche Herumkommandieren
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