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Marschfeuer - Kriminalroman

Marschfeuer - Kriminalroman

Titel: Marschfeuer - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Denzau
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dann werdet ihr wahrscheinlich zu spät kommen«, sagte Lyn
mit Blick auf ihre Armbanduhr, »denn bis das Taxi mal hier ist …«
    »Ich hab eine viel
bessere Idee«, sagte Thomas Martens und zog sein Handy aus der Jackentasche,
»einen Moment.«
    »Was soll das sein?«,
fragte Charlotte misstrauisch.
    »Spezial-Service«,
grinste Thomas Martens und ging ein Stück Richtung Kirche, um zu telefonieren.
    »Du glaubst doch nicht,
dass ich da einsteige, oder?«, fauchte Charlotte fünf Minuten später ihre
Mutter an, als ein Streifenwagen hinter dem roten Beetle hielt und Thomas
Martens mit einem »Bitte sehr, die Damen!« die Hintertür des Mercedes Vito
aufriss.
    Sophie war schon mit
einem »Oh, wie geil!« losgesprintet und im Wageninneren verschwunden.
    »Das ist nicht erlaubt«,
wandte Lyn sich lahm an Thomas Martens.
    »Stimmt«, antwortete er
trocken, »die Alternative wäre ein Taxi aus Glückstadt oder Wilster und eine
nicht mitgeschriebene Mathearbeit. Und die Kollegen fahren jetzt sowieso nach
Itzehoe zurück. Also?«
    Lyn nickte. »Einsteigen,
Lotte. Sofort. Wenn es dir zu peinlich ist, mit dem Streifenwagen vor der
Schule vorzufahren, bitte die Kollegen, dich an der Stadtbücherei
rauszulassen.«
    »Keine Angst, das werde
ich.« Charlotte pfefferte ihren Rucksack in den Streifenwagen, stieg ein und
knallte die Tür zu.
    Thomas Martens zog die
Fahrertür auf, als der Streifenbeamte den Wagen mit einem Grinsen startete.
»Macht ruhig die Sirene in der Stadt an, Kollegen. Die jungen Damen müssen um
acht in der Schule sein.«
    Charlottes »Wehe!«
vermischte sich mit dem Motorengeräusch des Wagens.
    ***
    Lyns Augen folgten dem
angetrockneten Rinnsal roten Blutes über die pelzig-moosigen Steine bis zu dem
schlammigen Störboden, den die Ebbe freigegeben hatte. Noch einmal in Kevin
Holzbachs Gesicht zu schauen, verbat sie sich. Warum auch? Der Anblick hatte
sich in ihr Hirn gebrannt und würde dort noch Tage abrufbar sein. Die lebensleeren,
in den Himmel gerichteten hellblauen Augen, die blassen Wangen, das durch
getrocknetes Blut zu dunklen Spitzen erstarrte Nackenhaar. Und der leicht
geöffnete Mund, der, wie es schien, noch etwas sagen wollte.
    Lyns Armhärchen stellten
sich auf. Ein Vorwurf schien in dem jugendlichen Gesicht zu liegen. Vielleicht
eine Klage in den sonnig-blauen Maihimmel zu einem Gott, der ein junges Leben
nicht hatte schützen wollen. Wovor auch immer.
    »Spricht das hier jetzt
eher für einen Unfall oder hat jemand nachgeholfen?« Lyn blickte von Thomas
Martens zu Dr. Helbing, der fünfundvierzig
Minuten nach ihnen eingetroffen war. »Es sieht ja eindeutig so aus, als habe er
angeln wollen, und diese schlubberigen Steine …«, sie deutete nach unten, »ich
meine, da rutscht man schnell mal weg. Andererseits ist mir das ein wenig zu
viel Zufall. Einer unserer Top-Verdächtigen …« Sie ließ den Satz unbeendet.
    »Seid ihr mit den Fotos
durch?«, fragte Dr. Helbing einen
Beamten der Spurensicherung. Als der Kriminaltechniker nickte, hob der Rechtsmediziner
den Kopf des Jungen an und forderte Lyn und Thomas mit einer Kopfbewegung auf,
näher zu treten. »Wenn Sie ausrutschen und mit Ihrem Schädel in einem
ungünstigen Winkel auf einen solchen Stein prallen, sollten Sie schon eine Münze
bei sich haben.«
    »Eine Münze?« Lyn sah
den weizenblonden Arzt fragend an.
    Der blickte nicht auf,
sondern nahm die Hände des Jungen und betrachtete sie. »Die Münze für Charon,
den Fährmann. Sie wissen schon, der, der die Toten überschifft.« Er legte Kevins
Hand zurück. »Die Hände weisen keinerlei Kampfspuren auf, sein Gesicht keine Verletzungen.
Ein Unfall scheint mir, auf den ersten Blick natürlich, an Ursächlichkeit nicht
abwegig, um nicht zu sagen, wahrscheinlich.«
    Er stand auf und zog
seine Handschuhe aus. »Im Moment ist es etwas ruhiger bei uns. Ich kann ihn
gleich nach dem Mittag aufmachen. Dann wissen wir mehr.« Sein Blick wanderte zu
Lyn. »Wie sieht’s aus, Frau Harms? Sie hatte ich noch nie bei einer Obduktion
dabei.«
    Lyn riss die Augen auf
und verzog den Mund. »Das werden Sie auch in Zukunft nicht, wenn ich es
verhindern kann. Wenn ich nur an diese Gerüche denke … Sehen Sie!« Sie zeigte
auf ihren Arm, an dem sich die Härchen aufgestellt hatten.
    »Kollege Petersen von
der Kriminaltechnik ist doch immer ganz heiß auf Ihre Schnippelaktion«, sagte
Thomas Martens und deutete auf einen Beamten, der bereits fleißig Fotos von der
Leiche gemacht hatte. »Wir wollen ihm

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