Marschfeuer - Kriminalroman
… er hat nur
Liebeskummer.« Paul Lindmeir griff nach der Hand seiner Mutter. »Du warst immer
für mich da, Mutter. Immer. Ohne dich kann ich das hier nicht überstehen. Lass
uns nachher reden. Ich muss jetzt zu Markus.« Er ließ ihre Hand los und wischte
sacht eine Träne von ihrer Wange. »Ich liebe dich, Mutter. Ich liebe dich
sehr.«
Sie nickte. »Ich weiß,
mein Kind, und ich liebe dich. Und darum werde ich für dich und Markus da sein.
Immer.« Sie wandte sich um, griff nach ihrem Strickzeug auf der Kommode und
ging langsam die marmorierten Treppenstufen hinauf. Dort drehte sie sich noch
einmal zu ihm um. »Ich werde für dich beten.«
Paul Lindmeir ging durch
das Wohnzimmer, öffnete die Terrassentür und ging langsam zu der alten Weide,
unter der Markus auf der um den Baum führenden Holzbank saß, die Corinna noch
hatte zimmern lassen. Wie oft hatten sie in lauen Sommernächten Hand in Hand
darauf gesessen und durch die Zweige der Weide den Sternenhimmel betrachtet.
Schöne Zeiten. Lange vorbei.
»Papa!« Markus Lindmeir
sprang auf, als er seinen Vater bemerkte. »Und? Hast du was gehört? Haben …
haben sie ihn schon gefunden?« Sein unruhiger Blick forschte im Gesicht des
Vaters.
Paul Lindmeir nickte und
drückte seinen Sohn auf die Bank zurück. »Anscheinend ganz früh heute Morgen.
Die Gerüchte, dass in Wewelsfleth ein Toter gefunden wurde, kursierten schon am
späten Vormittag.«
Markus’ ohnehin käsiger
Teint verlor den Rest Farbe. »Sie werden bestimmt rausfinden, dass ich da war,
dass ich … ich ihn …« Er schüttelte sich.
»Markus!« Paul Lindmeir
griff nach der Hand seines Sohnes und drückte sie. »Wir haben das doch gestern
Nacht besprochen. Du hast gesagt, er ist ausgerutscht. Also war es ein Unfall.
Markus, sieh mich an! Es war gut, dass du zu mir gekommen bist und es mir erzählt
hast. Aber vielleicht habe ich dir auch den falschen Rat erteilt. Wenn es dich
zu sehr quält, gehe ich auch mit dir zur Polizei, und du sagst ihnen, was
vorgefallen ist. Aber es wird an der Tatsache nichts ändern, dass Kevin
Holzbach tot ist. Junge, niemand weiß, dass du dort warst. Lass die Dinge ihren
Lauf nehmen. Das ist meine Meinung.« Er zögerte einen Moment.
»Kevin Holzbach war ein
Parasit. Ich möchte einfach nicht, dass er dich jetzt noch in weitere
Schwierigkeiten bringt. Dass die Kriminalbeamten deine Schulkollegen im
Internat befragt haben, zeigt doch, dass du auch auf ihrer Verdächtigenliste
stehst. Genau wie ich. Und wenn du jetzt zugeben würdest, dass du … ich meine …
der Unfall … er würde alles noch mehr verkomplizieren, oder?«
Markus stierte durch die
dünnen, dank des sonnigen Mais bereits dicht belaubten Zweige des Baumes. »Ob
die Polizei seine Wohnung durchsuchen wird? Jana hat in seinem Schrank
Brandbeschleu–«
Der Ruf seiner
Großmutter von der Terrasse des Hauses unterbrach ihn. Beide blickten zu Dora
Lindmeir, die mit großen Schritten herangeeilt kam. In der Hand hielt sie das
mobile Haustelefon.
»Paul! Margarethe ist am
Apparat. Sie ist völlig aufgelöst. Sie … sie sagt, dass die Polizei bei ihr
war. Kevin Holzbach wurde tot aufgefunden. Hier …«, sie hielt ihrem Sohn den
Hörer hin, »sprich bitte selbst mit ihr. Der Junge … er hatte wohl Hinrichs
Geldclip bei sich.«
***
»Hey!« Lyn lächelte
Hendrik an, der konzentriert an seinem PC gearbeitet
hatte und jetzt aufblickte. Sie schloss seine Bürotür und lehnte sich mit dem
Rücken dagegen.
Hendrik lehnte sich in
seinem Schreibtischstuhl zurück. »Welche Ehre. Eure Unterkühltheit wünschen
einen intimen Moment? Oh, verzeiht. Ich meinte natürlich: einen heimlichen intimen Moment.«
Lyn löste sich von der
Tür. Die Ironie seiner Worte traf sie nicht, denn der Blick, mit dem er ihren
Körper musterte, während sie betont langsam näher kam, kompensierte jedes
Schuldgefühl. Sie erkannte die Lust darin, und ihr Herzschlag nahm an Fahrt
auf.
Sie ging um den Schreibtisch
herum, stellte sich hinter ihn und strich mit den Händen von den Schultern über
seine Brust. »Ich vermisse dich.« Sie flüsterte die Worte, während sie kleine
Küsse auf seinem Nacken und Hals verteilte. »Du riechst so gut«, sie sog seinen
Duft tief ein, »nach mehr.«
Als er den Atem scharf
einsog, weil ihre Hand in sein Hemd schlüpfte und ihre Finger über seine
Brustwarzen strichen, konnte sie sich ein zartes triumphierendes Lachen nicht
verkneifen. Es erleichterte den partnerschaftlichen Stressabbau doch
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