Marschfeuer - Kriminalroman
Thema. Ich geb dir
trotzdem gerne mal einen Kaffee aus. Komm einfach rüber, wenn du mal quatschen
willst. Und keine Angst«, sie ließ wieder ihr lautes Lachen erklingen, »ich
werde zwar in der männerfreien Szene auch das ›Jäger-Schnitzel‹
genannt, aber ich kann auch nur Kumpel sein.« Mit einem fröhlich-röhrigen
»Tschüssi« drehte sie sich um.
Lyn blieb mit offenem
Mund in der Tür stehen und sah ihr nach, wie sie quer durch die Gräberreihen
Richtung Kirche lief.
Eins stand fest. Die
Bekanntgabe ihrer Beziehung mit Hendrik sollte wirklich auf der Prioritätenliste
nach ganz oben rücken.
FÜNFZEHN
Am Montagmorgen fuhr Lyn
direkt nach Glückstadt. Nach der Aussage von Jan-Ole Sturm war die Alibiabfrage
bei Markus Lindmeir zwar laut Wilfried nur noch eine Formsache, aber Lyn war
trotzdem gespannt, wie der junge Lindmeir reagieren würde. Ein wackliges Alibi
für die Nacht, in der Jacobsen starb, ein Streit mit Gonzo an dem Abend, bevor
dieser starb– war das nicht ein Zufall zu viel?
Als sie die
schmiedeeiserne Gartenpforte zum Grundstück der Lindmeirs hinter sich schloss
und den Weg zum Haus entlanglief, öffnete sich die Haustür und Paul Lindmeir
trat heraus. Lyn sah ihn das erste Mal ohne Krawatte. Das blau gestreifte
kurzärmelige Hemd stand am Hals offen, sein Sakko trug er über dem Arm.
»Sie!«, sagte er
überrascht, warf einen Blick zurück ins Haus und zog die Tür hinter sich zu.
»Zu Ihnen wollte ich gerade. Margarethe Jacobsen hat mich gestern über die
erschreckenden Neuigkeiten informiert. Sie ist mit den Nerven am Ende. Ich war
bis zum Abend bei ihr.« Er stockte kurz. »Kevin Holzbach ist also der Mörder.
Gibt es Erkenntnisse, wie er zu Tode kam? Hat er sich umgebracht?«
»Immer mit der Ruhe,
Herr Lindmeir«, sagte Lyn, »noch steht gar nichts fest.«
»Aber Margarethe sagte,
der Junge hätte Hinrichs Geldclip bei sich gehabt. Damit steht doch eindeutig
fest, dass diese verdammte Ratte Hinrich Jacobsen auf dem Gewissen hat.«
Lyn ignorierte seine
Bemerkung. »Ist Ihr Sohn zu Hause? Oder erreiche ich ihn im Internat?«
»Markus? Was wollen Sie
von ihm?«
»Ein paar Fragen
stellen. Ich gehe mal davon aus, dass er wieder in Malente ist?«
»Nein.« Paul Lindmeirs
Finger begannen mit dem Autoschlüssel zu spielen. »Markus ist krank. Er … er
hat einen grippalen Infekt.«
Lyn nickte. »Aber er ist
doch in der Lage, einige Fragen zu beantworten? Ansonsten müsste ich ihn nach
Itzehoe beordern.«
»Worum geht es?«
»Ihr Sohn ist
volljährig, Herr Lindmeir. Was er Ihnen nach unserem Gespräch erzählt, bleibt
ihm überlassen.«
Widerwillig schloss Paul
Lindmeir die Haustür auf und führte Lyn ins Wohnzimmer. »Einen Moment, ich hole
ihn.« Als er sein Sakko auf der Lehne des Ledersofas ablegte, fiel Lyns Blick
auf seinen Arm. Eine große Vernarbung zog sich über seinen linken Unterarm.
»Oh, ein Unfall?«,
fragte sie und deutete auf die Narbe.
»Ja, ein unangenehmer
Fahrradunfall. Vor vielen Jahren.« Er wandte sich um und ging die Treppe
hinauf.
Vier Terrassenelemente
gaben den Blick in einen großzügigen, mit verschiedenen Stauden bewachsenen
Garten frei. Aber Lyns Interesse galt den Fotos in den metallenen Rahmen auf
dem Sideboard. Markus Lindmeir bei der Einschulung, bei der Konfirmation, mit
seiner Mutter an einem tropischen Strand, mit beiden Eltern vor den
Niagarafällen und mit seinem fröhlich lachenden Vater in voller Fahrt am Steuer
eines Motorbootes. Fotos einer glücklichen Familie.
Sie drehte sich um, als
hinter ihr Schritte zu hören waren.
»Guten Morgen, Herr
Lindmeir.« Sie ging auf den Jungen zu, der vor seinem Vater das Zimmer betrat.
»Ihr Vater sagte, Sie sind krank. Es wird auch nicht lange dauern. Ich muss
Ihnen nur ein paar Fragen stellen.« Lyn musterte sein Gesicht. Er war blass,
seine Augen waren gerötet und die Lider leicht verquollen.
Er nickte. »Okay. Und
mein Vater kann ruhig hierbleiben.«
»Wie Sie meinen«, sagte
Lyn. »Sie wissen vermutlich, dass Kevin Holzbach tot ist?« Aufmerksam
betrachtete sie sein Gesicht.
Er schluckte. »Hab ich
gehört. Scheiße.«
»Wo waren Sie in der
Nacht von Donnerstag auf Freitag in der Zeit zwischen Mitternacht und vier Uhr
morgens, Herr Lindmeir?«
»Wieso?« Er sah kurz zu
seinem Vater, dann wieder zu Lyn.
»Sie hatten am
Mittwochabend einen Streit mit Kevin Holzbach, Herr Lindmeir. Er wollte nicht,
dass Sie an der Grillfeier der Clique teilnehmen.«
»Ich hatte andauernd
Zoff mit ihm.
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