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Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Titel: Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Claude Izzo
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oder schlechtes Omen war.
    Hinter mir hatte sich ein seltsamer Streit zwischen einem jungen Mann und einer Frau um die vierzig entfacht.
    »Verdammt!«, hatte der junge Mann sich aufgeregt. »Du spielst dich auf wie die Merteuil!«
    »Wer ist denn das?«
    »Madame de Merteuil. Aus einem Roman. Gefährliche Liebschaften.«
    »Kenn ich nicht. Ist das eine Beleidigung?«
    Darüber musste ich lächeln, und ich hatte Hassan gebeten, mir noch einen einzuschenken. In dem Moment kam Sonia herein. Das heißt, da wusste ich noch nicht, dass sie Sonia hieß. Ich war dieser Frau in letzter Zeit öfter begegnet. Das letzte Mal im Juni beim Sardinenfest in L'Estaque. Wir hatten nie miteinander gesprochen.
    Nachdem sie sich einen Weg zur Bar gebahnt hatte, zwängte Sonia sich zwischen einen Gast und mich. Eng an mich.
    »Sagen Sie nicht, dass Sie mich gesucht haben.«
    »Warum?«
    »Weil mich damit heute Abend schon ein Freund überrascht hat.«
    Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht.
    »Ich habe Sie nicht gesucht. Aber ich freue mich, Sie hier zu finden.«
    »Nun, ich auch. Hassan, gib der Dame was zu trinken.«
    »Sie heißt Sonia, die Dame«, hatte er gesagt.
    Er brachte ihr einen Whisky auf Eis. Ohne zu fragen. Wie einem Stammgast.
    »Auf uns, Sonia.«
    In dem Moment geriet die Nacht aus den Fugen. Als wir mit unseren Gläsern anstießen. Und Sonias grau-blaue Augen in meine blickten. Ich bekam einen Steifen. So heftig, dass es fast wehtat. Die Monate hatte ich nicht gezählt, aber es war Ewigkeiten her, seit ich mit einer Frau geschlafen hatte. Ich glaube, ich hatte beinahe vergessen, dass man einen Steifen bekommen kann.
    Weitere Runden folgten. Erst an der Bar, dann an einem kleinen Tisch, der gerade frei geworden war. Sonias Schenkel klebte an meinem. Brennend. Ich kann mich erinnern, dass ich mich fragte, warum die Dinge immer so schnell passieren. Liebesgeschichten. Man wünscht immer, es würde zu einem anderen Zeitpunkt geschehen, wenn man in Hochform ist, wenn man für den anderen bereit ist. Eine andere. Einen anderen. Ich dachte, dass wir letztendlich gar keine Kontrolle über unser Leben haben. Und noch vieles mehr. Aber ich konnte mich nicht daran erinnern. Auch nicht an alles, was Sonia mir erzählt haben mochte.
    An das Ende der Nacht erinnere ich mich überhaupt nicht. Und das Telefon klingelte.
    Das Telefon klingelte und stach mir in die Schläfen. In meinem Schädel tobte ein Orkan. Mit übermenschlicher Anstrengung öffnete ich die Augen. Ich lag nackt auf meinem Bett.
    Das Telefon klingelte immer noch. Scheiße! Warum vergaß ich immer, den verdammten Anrufbeantworter einzuschalten!
    Ich rollte mich auf die Seite und streckte den Arm aus.
    »Ja.«
    »Montale.«
    »Falsch verbunden.«
    Ich legte auf.
    Keine Minute später klingelte es wieder. Dieselbe unsympathische Stimme. Mit einem Anflug von italienischem Akzent.
    »Du siehst, die Nummer stimmt. Sollen wir lieber vorbeikommen?«
    Das war nicht die Art Weckruf, die ich mir erträumt hatte. Aber die Stimme des Typen versetzte mir Stiche wie eine eiskalte Dusche. Sie ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Diesen Stimmen konnte ich ein Gesicht zuordnen, einen Körper, und ich konnte sogar sagen, wo ihre Knarre steckte.
    Ich befahl Ruhe im Innern meines Kopfes.
    »Ich höre.«
    »Nur eine Frage. Weißt du, wo Babette Bellini ist?«
    Das war keine eiskalte Dusche mehr in meinen Adern. Sondern Polarkälte. Ich begann zu zittern. Ich zog an der Decke und wickelte mich darin ein.
    »Wer ist da?«
    »Stell dich nicht dumm, Montale. Deine kleine Freundin, Babette, diese Dreckschleuder. Weißt du, wo wir sie finden können?«
    »Sie war in Rom«, stieß ich hervor, weil ich mir dachte, wenn sie sie hier suchen, kann sie da nicht mehr sein.
    »Da ist sie nicht mehr.«
    »Sie muss vergessen haben, mir Bescheid zu sagen.«
    »Interessant«, lachte der Typ hämisch.
    Es folgte Schweigen. So schwer, dass mir die Ohren summten. »Ist das alles?«
    »Du wirst Folgendes tun, Montale. Wie du es anstellst, ist mir egal, aber du wirst versuchen, deine Freundin für uns zu finden. Sie hat ein paar Sachen, die wir gern wieder hätten, verstehst du. Da du ja eh nichts Vernünftiges zu tun hast, müsste das ziemlich schnell gehen, nicht wahr?«
    »Fahr zur Hölle!«
    » Wenn ich wieder anruf, reißt du das Maul nicht mehr so weit auf, Montale.«
    Er legte auf.
    Das Leben stank nach T od, ich hatte mich nicht geirrt.

Zweites Kapitel
    In dem Gew ö hnung an das Leben
noch keine

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