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Marsha Mellow

Marsha Mellow

Titel: Marsha Mellow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Beaumont
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schlage den Kragen hoch und drehe mich in Richtung Fenster, als wäre es nur eine Frage von Sekunden, bis sie aufschaut und schreit: »He, Sie da, Sie sind doch diese Drecksschlampe Marsha Mellow!«
    Mein Magen fühlt sich an, als würde darin gerade die Riverdance-Show, dieses bescheuerte keltische Gestampfe, stattfinden. Muss jetzt ganz schnell an etwas anderes denken. Lisa kommt mir in den Sinn. Was ist das für eine Geschichte mit Dan? Ist sie vielleicht schwanger? Womöglich will er sie heiraten. Ich versuche mir die beiden vor dem Traualtar vorzustellen ... Aber das kann ich nicht, zumal ich Dan in den knapp zwei Jahren, seit sie mit ihm zusammen ist, noch nie zu Gesicht bekommen habe.
    Die Geheimniskrämerei ist seltsam und sieht Lisa gar nicht ähnlich. Sie ist in jeder Hinsicht das genaue Gegenteil von mir, und sie hatte noch nie Geheimnisse. Während Dad und ich eher zurückhaltend und fügsam (okay, die Fußabtreter) sind, schlägt meine Schwester nach unserer Mutter - sie nimmt kein Blatt vor den Mund und ist auf Konfrontation aus. Sie benutzt die Männer als höchst wirksame Waffe, wenn sie sie Mum vorführt. Schon als wir in die Pubertät kamen, verkündete unsere Mutter, dass sie es für ihre Pflicht halte, die Jungs, mit denen wir ausgingen, zu überprüfen. Lisa beschloss jedoch ganz schnell, nach ihren eigenen Spielregeln zu spielen. Während Mum die Lebensläufe überprüfte, suchte sich Lisa bevorzugt Männer nach den folgenden Kriterien aus:
    1. Rockstar- und/oder Biker-Kluft;
    2. blasses Gesicht, große Pupillen und permanentes Nasehochziehen, was auf ein mögliches Drogenproblem hindeutet;
    3. alternativ dazu dunkle Gesamterscheinung, die auf »afrikanisches Blut« hindeutet;
    4. Mitglied der Sozialistischen Partei.
    Wenn ein Junge irgendeines dieser Kriterien erfüllte, genügte das Lisa, um eine Beziehung mit ihm einzugehen. Erfüllte einer sogar zwei oder mehr Punkte, war es um sie geschehen - sie war hoffnungslos verliebt. Mum ging bei jedem neuen Kandidaten regelmäßig an die Decke. Nachdem Lisa diesen Effekt mehrfach erfreut beobachtet hatte, hatte sie ihre endgültige Berufung gefunden: die Suche nach dem falschen Mann. Es ist schwierig zu sagen, welcher der Allerschlimmste war, aber ich persönlich werde niemals diesen amphetaminsüchtigen Russen vergessen, der mir beim sonntäglichen Mittagessen unter den Rock griff. Mum sicherlich auch nicht, zumal er uns sein gebrauchtes Spritzbesteck im Kopf der viktorianischen Puppe, die als Toilettenpapierhalter dient, hinterlassen hat.
    Als Lisa ihren ersten Job antrat und zu Hause auszog, besserte sich ihr Verhalten ein wenig. Zwar schleppte sie immer noch irgendwelche Nichtstuer-Junkie-Biker-Schönlinge an, aber sie ließ es nicht mehr zu, dass ihre Wohnung vergammelte. Nichtsdestotrotz suchte sie sich grundsätzlich Männer aus, bei denen es wahrscheinlicher war, dass sie irgendwann im Knast endeten, als auf der Liste der Reichen in der Sunday Times zu erscheinen. Und sie präsentierte nach wie vor einen nach dem anderen unserer Mutter, aus purem Spaß an der Freud.
    Bei Dan ist das allerdings anders. Die Beziehung mit ihm geht nun schon fast zwei Jahre, und alles, was wir über ihn wissen, ist, dass er selbstständig ist und irgendwas verkauft. Das könnte alles Mögliche sein: Antiquitäten, Grundstücke, Aktien, Autos. Ich tippe auf das Naheliegende. Es wäre nicht ihr erster Freund, der mit Drogen dealt - der russische Junkie hat sogar versucht, mir etwas anzudrehen, und das war bestimmt kein Puderzucker. Wie auch immer, jedenfalls kann der Umstand, dass Dan uns vorenthalten wird, nur bedeuten, dass er irgendetwas noch viel Schlimmeres zu verbergen hat - beispielsweise dreißig Jahre Knast ohne Bewährung-, sodass selbst Lisa es nicht über sich bringt, ihn Mum und Dad vorzustellen.
    Ihr plötzlicher Wunsch, mit mir über ihn zu sprechen, macht mich nervös. Ich befürchte das Schlimmste ... Moment mal. Da kommt mir ein Gedanke. Vielleicht existiert Dan ja gar nicht. Vielleicht hat sie ihn sich ja ausgedacht wie damals den imaginären Freund in ihrer Kindheit. Der hieß Winston. Ein Jamaikaner. Bereits mit acht hatte Lisa einen extrem guten Riecher dafür, womit man Mum zum Ausflippen brachte.
    »Das sind 250 Pfund, Lisa ... Für ein T-Shirt.«
    »249,99, um genau zu sein. Ich finde es hinreißend. Das muss ich haben.«
    Wir befinden uns in einer schicken kleinen Boutique auf der South Molton Street. Lisa bekennt sich unverhohlen zu

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