Marsha Mellow
einmal und schiebt ihn über den Tisch zu Mary. Ich versuche, ihr über die Schulter zu spähen, was jedoch nur ein paar weitere Nähte zum Platzen bringt, sodass ich aufgebe, bevor noch meine Möpse herausspringen und ich für einen weiteren landesweiten Skandal sorge. Mary faltet den Zettel wieder und reicht ihn mir. Ich falte ihn auseinander, und als mein Blick auf die krakelige Zahl von Jacobson fällt, kann ich ein Kichern nicht unterdrücken. Mary tritt mir erneut auf den Fuß, woraufhin mir ihre Instruktionen wieder einfallen - »Bleib eisern.«
Nach diesem Schock und bei meinem benebelten Kopf bin ich mir jedoch nicht sicher, ob ich das richtige Gesicht mache, denn vermutlich drückt es weniger Enttäuschung aus als vielmehr »Leck mich, dieser Trottel bietet mir 425 000 Pfund!«.
Ganz genau, vierhundertundfiinfundzwanzigtausend Pfund.
Für drei Bücher.
Pornos.
Während ich noch bemüht bin, das Ganze zu verdauen, ergreift Mary das Wort. »Vielen Dank, Adam«, sagt sie gelassen. »Euer Angebot ist reiflich durchdacht. Dennoch glaube ich nicht, dass wir es annehmen können.«
Dieses Mal bin ich diejenige, die ihr auf den Fuß tritt. Was zum Teufel macht sie? Der Kerl hat uns soeben ein Vermögen angeboten, und sie lehnt einfach ab. Ohne mich überhaupt zu fragen.
Jacobson lehnt sich zurück und sieht sie über seine Brillengläser hinweg an. Sein Gesichtsausdruck verrät nicht das Geringste, aber vielleicht liegt das auch daran, dass ich bereits alles doppelt sehe.
»Vielleicht redest du noch einmal mit deinen Leuten und überdenkst das Ganze«, ergänzt Mary mit sanfter Stimme.
»Mann, wie konntest du nur, Mary?«, fahre ich sie wütend an, nachdem Jacobson gegangen ist. Durch den Alkohol habe ich jegliche Hemmungen verloren. Sozusagen brutal ausgelöscht - die Einzelteile liegen überall verstreut. Die Gehirnhälfte, die bei dem Gedanken an so viel Geld normalerweise panisch davonrennen würde, befindet sich in einem komaähnlichen Zustand, während mein Gier- und Grapschinstinkt hellwach ist und fürchterlich tobt.
»Reg dich wieder ab, Liebes«, beruhigt Mary mich. »Glaub mir, wenn 425 000 Pfund sein höchstes Angebot sind, fresse ich einen Besen. Denk an meine Worte, er kommt wieder, genau wie Arnie. Wie auch immer, wolltest du das Schreiben nicht ohnehin an den Nagel hängen? Ich dachte, du willst sein Geld nicht«
»Ich ... äh ... will es auch nicht. Aber nehmen wir mal an, ich würde annehmen ... Rein theoretisch ... Womöglich hast du jetzt alles vermasselt... theoretisch zumindest«, lalle ich.
»Schätzchen, ich habe in meinem Leben mehr Buchverträge ausgehandelt, als Donna heiße Nummern mit namenlosen Fremden geschoben hat. Ich habe überhaupt nichts vermasseit«, widerspricht sie entschieden. »Überlass das Verhandeln einfach mir, und kümmere du dich um das Schreiben ... Oh, was rede ich da? Du hast ja damit aufgehört, nicht?«
»Ja... nein ... oh, verflucht, keine Ahnung, Mary. Drei Bücher? Unmöglich.«
»Ach, mit nüchternem Kopf wirst du das gelassener sehen, Engelchen. Dickens hat mehrere Dutzend oder so geschafft.«
»Blöder Vergleich. Bin ich etwa Charles Dickens?«
»Zum Glück nicht. Völlig überschätzt, wenn du mich fragst. Nein, Amy, du bist Marsha Mellow, und ohne in die Schleimspur von Jacobson treten zu wollen, du bist eine sehr talentierte Schriftstellerin. Wenn du weiter schreiben willst, dann tust du das auch. Einzige Voraussetzung: Du musst es nur wollen.«
»Ich weiß nicht... Vierhundert Riesen. Himmel... Das geht über meinen Verstand. Ich kann jetzt keine Entscheidung treffen.«
Was stimmt, zumal ich eben auf die Uhr gesehen habe. Es ist kurz vor vier. Irgendwie muss ich in diesen mörderischen zur Arbeit stöckeln, eine Stunde an meinem Schreibtisch absitzen, ohne einzuschlafen, und anschließend zur Fortsetzung des J-Männer-Tages abrauschen.
Ich bin mit Jake im Sanderson‘s verabredet.
Was nach einem Baumarkt klingt, aber offenbar handelt es sich um ein schickes Hotel.
Genau der Ort, an dem sich Schriftsteller herumtreiben und sich den Kopf über ihre kolossalen Fortschritte zerbrechen. Mann, hab ich einen sitzen.
KAPITEL 12
Mein Schädel bringt mich um. Wenn es etwas Schlimmeres gibt als einen Kater am Morgen danach, dann einen Kater, der schon einsetzt, bevor man sich überhaupt ins Bett legt. Und dabei ist es noch nicht einmal sieben Uhr abends.
»Eine Bloody Mary, bitte«, sage ich murmelnd zu dem Barmann.
Das ist eine Premiere
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