Marsha Mellow
sieht... unbeschreiblich aus. Er trägt ein enges, grünes Glitzerhemd zu seiner Lieblingsjeans, die aussieht, als wäre sie nicht aus zweiter, sondern aus vierter Hand, für die er aber einen dicken Batzen seines Monatslohns hingeblättert hat - »Es braucht mehrere hundert Arbeitsstunden allerhöchster Kunstfertigkeit und zwei Designer namens Dolce & Gabbana, um Klamotten so abgefuckt hinzukriegen.« Obwohl ich mich in ein neues Kleid geworfen habe, komme ich mir absolut bieder neben ihm vor.
»Du siehst klasse aus«, sage ich.
»Du auch«, erwidert er.
»Ach was«, sage ich schmollend.
»Nun, ich würde dich sofort flachlegen ... wenn ich daran noch Interesse hätte.«
Ich finde das nicht lustig. Ganz und gar nicht lustig.
Wir sitzen in einem Taxi Richtung Uptown. (Uptown, Downtown, so ganz verstehe ich die Amis immer noch nicht, deswegen gebe ich hier einfach Ants Worte wieder.)
»Wohin fahren wir eigentlich?«, frage ich.
»Zu einem neuen Restaurant. Der Promitreff schlechthin. Frag nicht, was ich alles mit dem Maître bewerkstelligen musste, um einen Tisch für uns zu reservieren«, versucht er rumzualbern. Aber es funktioniert nicht, und zwischen uns entsteht ein unbehagliches Schweigen. Ich starre auf die dampfenden Kanaldeckel hinaus (ich bin überrascht, dass tatsächlich Dampf aus ihnen hochsteigt - ich dachte immer, das wäre ein Special Effect amerikanischer Filme), während Ant unruhig auf seinem Sitz herumrutscht... und meine Hand ergreift.
Was glaubt der eigentlich, was hier gespielt wird?
»Es tut mir wirklich Leid«, murmelt er.
»Das sollte es auch«, gebe ich scharf zurück. »Vermutlich hat Frankie jetzt einen lebenslangen Knacks weg, was Männer betrifft. Und was ist eigentlich mit Alex? Du mutest ihm eine ganze Menge ...«
»Nein, mir tut es Leid, was ich dir angetan habe.«
»Mir?«, sage ich und sehe ihm direkt ins Gesicht. »Du hast mir nichts angetan. Abgesehen davon, dass du mich angelogen und die ganze Zeit völlig links liegen gelassen hast, damit ich mich ungestört mit meiner Kreditkarte vergnügen kann.«
»Reg dich wieder ab. Worüber machst du dir denn Sorgen?«
»Ich hatte bereits alles vergessen. Oder zumindest verdrängt.«
»Weißt du, dass ich tierischen Schiss hatte, dir die Sache mit Frankie zu beichten?«
Ich schüttle den Kopf.
»Ich weiß nicht genau, wie ich es ausdrücken soll, weil das ziemlich ... keine Ahnung ... eingebildet rüberkommt, schätze ich ... Ich hatte Angst, wenn du weißt, dass ich auf Mädchen stehe, dass du dann ...«
Ich weiß genau, was jetzt kommt. Er hatte Angst, mir wehzutun. Mir das Gefühl zu vermitteln, hintergangen worden zu sein. Mich eifersüchtig zu machen.
Tja, genau das bin ich aber.
Ein denkwürdiger Augenblick.
Ich kann meine Eifersucht selbst nicht fassen. Schließlich bin ich mit Ant befreundet, seit wir vier waren, und ich bin in all den 22 Jahren kein einziges Mal auf die Idee gekommen, ihn mit anderen Augen zu betrachten. Selbst damals nicht, als wir Doktorspielen nachgingen und seine Ohren auf der Höhe meiner Fußknöchel waren und er mit der Taschenlampe in meine ... - nun ja, wir waren schließlich noch Kinder. In der Pubertät hätte ich vielleicht auf den Gedanken kommen können, aber das stand nicht zur Debatte, weil wir beide auf Jungs standen (zudem noch auf dieselben). Mir ist noch nie in den Sinn gekommen, in Ant mehr als einen Freund zu sehen. Dabei könnte ich mir das durchaus vorstellen - schließlich ist er nicht auf den Kopf gefallen, hat Witz und sieht sogar ohne Klamotten noch gut aus -, aber bislang war das ja von vornherein total abwegig.
Seit zwei Tagen ist das völlig anders. Als ich entdeckt habe, dass es sich bei Frankie um eine Francesca handelt, durchzuckte mich ein einziger Gedanke - den ich sofort zu verdrängen versuchte. Natürlich dachte ich: Anthony Hubbard, was bitteschön ist eigentlich an mir auszusetzen, du blöder Arsch?
Jetzt sitze ich also hier und warte darauf, dass er seinen Satz zu Ende spricht, obwohl das gar nicht nötig ist. Schließlich sind wir schon so lange miteinander befreundet, dass wir immer wissen, was der andere denkt.
»Was ist denn an ihr so Besonderes?«, will ich wissen.
»Du meinst äußerlich?«
Ich nicke.
»Du hast es neulich bereits erwähnt. Als ich sie das erste Mal sah, hielt ich sie für einen Jungen. Ich habe sie auf ungefähr 14 geschätzt und fand das ziemlich antörnend.«
»Um Gottes willen, sag jetzt bloß nicht, dass du auf
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