Marsha Mellow
Minderjährige stehst.«
»Nein, seit meiner eigenen Teenie-Zeit nicht mehr... Egal, jedenfalls habe ich mir, auch wegen ihres Gangsternamens, eingebildet, ich würde wegen ihrer - ihrer... äh ... unterentwickelten Weiblichkeit auf sie abfahren. Sie ist das genaue Gegenteil von dir, Amy. Wenn ich mich recht erinnere, musstest du bereits in der Grundschule im Sportunterricht einen BH tragen.«
Instinktiv bedecke ich meine Brüste, zumal sein Argument berechtigt ist.
»Ist dir nie in den Sinn gekommen ... Du weißt schon?«, murmele ich.
»Doch, einmal, da waren wir 16 und du bist mit diesem Rugbyspieler gegangen.«
»Igitt... Jeremy Crane!«
»Damals hast du anders reagiert. Ich habe euch bei der Party von Carol Lennon zusammen im Bett erwischt.«
»Ich hab dich gar nicht bemerkt.«
»Du warst so beschäftigt, du hättest mich auch nicht bemerkt, wenn ich die verfluchte Wachablösung gewesen wäre.«
»Was hast du in dem Zimmer gesucht?«, frage ich.
»Ein lauschiges Plätzchen, um eine Nummer mit Carols großem Bruder zu schieben.«
»Ich wusste gar nicht, dass der schwul ist.«
»Er auch nicht, Süße. Egal, darum geht es nicht. Nachdem ich dich mit diesem Idioten in Aktion gesehen habe, litt ich wochenlang unter einem merkwürdigen Stechen... na gut, eigentlich war es eher ein Ständer. Das war pure Eifersucht. Immerhin warst du meine beste Freundin, und ich wollte dich für mich allein haben. Es hat mir furchtbar zugesetzt, dass ich das niemals mit dir würde tun können.«
»Du hast nie einen Versuch in diese Richtung unternommen«, entgegne ich - in ziemlich kläglichem Ton.
»Komm schon, Amy, sieh uns doch an. Ich bin stockschwul, und bei deiner Figur wirkt sogar Marilyn Monroe neben dir wie eine Kampflesbe. Das mit Frankie war eine verdammte Schnapsidee. Das weiß ich jetzt.«
Und ich ebenfalls. Anthony Hubbard ist eindeutig, unzweifelhaft und hundertprozentig schwul. Komisch, wie sehr mich der Gedanke tröstet - wenigstens eine Sache in meinem Leben, auf die ich mich verlassen kann.
»Es tut mir Leid, dass ich mich in den letzten Tagen wie ein Arsch aufgeführt habe«, redet er weiter. »Im Grunde wollte ich das nicht, aber du warst so empfindlich -«
»War ich nicht«, widerspreche ich gereizt.
»- dass ich dich nicht noch zusätzlich aufregen wollte. Das Komische ist bloß, dass ich mir zwar Vorwürfe mache, weil ich Frankies Leben und auch das von Alex - und zwar mehrfach - für immer versaut habe, aber die allergrößten Vorwürfe mache ich mir deinetwegen ... Schließlich warst du immer für mich da, und ich hoffe, daran ändert sich auch in Zukunft nichts.«
Scheiße, jetzt kommen mir doch glatt die Tränen.
Wir verlassen gerade das Restaurant, und Ant hält nach einem Taxi Ausschau. Das Abendessen war... äh ... Haben wir überhaupt gegessen? In New York sieht man ständig Schilder in den Restaurants, auf denen steht »ALL YOU CAN EAT - 9.99«. Aber nicht in diesem Restaurant. Ich habe mehr Kalorien beim Kauen verbrannt, als ich auf dem Teller hatte. Und dann die Stühle. Konzipiert für einen Supermodel-Hintern - meiner hat den doppelten Umfang. Verchromte Designerstühle, deren leicht nach vorn abfallende Sitzfläche dazu führt, dass einem ständig das Essen herunterfällt, wodurch wiederum Sitzplätze frei werden - mag der jeweilige Hintern auf dem Stuhl auch noch so berühmt sein, es wartet stets ein anderer, sich darauf niederzulassen.
Weil es nämlich - und das war das einzig Gute - tatsächlich ein Promitreff ist. Und zwar allererster Güte. Lauter bekannte Gesichter, die sich allesamt die Hälse nach den anderen, hoffentlich weniger bekannten Gesichtern verrenkten. Während ich mit offenem Mund zu Al Pacino hinüberstarrte, der gerade ein Schwätzchen mit Susan Sarandon und Tim Robbins hielt und zwischendurch Helen Hunt und Liza Minelli Kusshändchen zuwarf, meinte Ant: »Ironie des Schicksals, nicht? Für englische Verhältnisse bist du einer der Spitzenpromis hier, aber niemand ahnt was davon.«
Als wir in das Taxi steigen, frage ich Ant, wo wir hinfahren.
»Heute Abend findet eine Eröffnungsfeier statt, für die Alex und ich Karten haben. Du kannst seine nehmen.«
Eine Eröffnungsfeier.
Und das in New York City, eine Stadt, die sich nicht mit einem einfachen Namen begnügt. (Auch etwas, was mich wie schon die dampfenden Kanaldeckel und das verwirrende Down-/Up-/Mid-/Sidewaystown in fassungsloses Erstaunen versetzt.)
Zehn Minuten später hält das Taxi vor einem
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