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Marshall McLuhan

Marshall McLuhan

Titel: Marshall McLuhan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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Lehrers F. R. Leavis aufzugreifen, demnach alle kulturellen Bereiche, nicht nur literarische Werke, theoretisch analysiert werden können. Also machte Marshall sich an die Dekonstruktion der Massenkultur. Anfangs war es nur der Versuch, eine ansonsten unüberwindbare Kluft zu überbrücken, aber während er seine Studenten beobachtete, interessierte es ihn gleichzeitig immer mehr herauszufinden, wie die Menschen lernen, ihre Welt wahrzunehmen. Er erkannte, wie die Medien eine Information erst unterschwellig manipulieren, um dann dieArt und Weise, wie wir sie – und jede andere Information – aufnehmen, umzupolen.
    Um beide Punkte besser zu verstehen, startete er eine Lesekampagne, die den Kern seiner zukünftigen Arbeit bildete: Joyce, Pound, Eliot sowie die philosophischen Schriften – vor allem das Werk von Alfred North Whitehead –, mit denen er in Cambridge in Berührung gekommen war.
    Andererseits traf Marshall in Madison auch auf eine typische amerikanische Form von »bullshittiger« Kollegialität und Kameradschaft. Das Wort
bullshit
wurde zu einem seiner Lieblingswörter, außerdem gefiel ihm die Idee des
bullshittings
des lockeren Geplänkels, aus dem vielleicht neue Ideen entstanden. Nichtsdestotrotz war Marshall ein Fremder in einem fremden Land, und er war einsam. Er beteiligte sich an Diskussionen und Auseinandersetzungen, aber er fühlte sich allein.

    Betrachtet eure Religion eher als eine Liebesaffäre und nicht so sehr als eine Theorie.
    G. K. Chesterton

    Die völlige Abwesenheit von Humor in der Bibel ist eines der erstaunlichsten Dinge in der Literatur.
    Alfred North Whitehead
    Gott und der Mensch
    Und so saß ein einsamer junger Marshall in einer fremden Stadt und unterrichtete Studenten, die in seinen Augen Außerirdische waren. Er wusste, dass siebenhundert Meilen entfernt seine Familie kurz davor war, auseinanderzubrechen, und ob freiwillig oder weil es das Schicksal so wollte, er war immer noch Single und hatte niemanden, mit dem er sein Leben teilen konnte.
    An diesem Punkt erreichte ihn ein Brief von Father Gerald Phelan, Präsident des Päpstlichen Instituts für Mediävistik amSt. Michael’s College der Universität von Toronto. Phelan hatte in einem Universitäts-Vierteljahresheft einen Artikel von Marshall über Chesterton gelesen. Zwischen den beiden entspann sich ein Briefwechsel, und als er Weihnachten 1936 Elsie in Toronto besuchte, traf Marshall sich mit Phelan, der zufällig mit Elsie bekannt war. Ihr mütterlicher Geigerzähler muss heftig ausgeschlagen haben, als sie ihren religionsdurstigen Sohn in die Klauen der Katholiken fallen sah. Auf jeden Fall scheint das Treffen gut gelaufen zu sein. Der einsame junge Mann kehrte nach Amerika zurück und trat am Dienstag, dem 30. März 1937, in die Kirche ein.
    Marshalls Konversion brachte die ehrgeizige Elsie völlig aus der Fassung, zumal sie seinen Schritt als »Karriereselbstmord« betrachtete. Sie gab Herberts Seite der Familie die Schuld und war todunglücklich. Das war vierundzwanzig Jahre, bevor John F. Kennedy zum Präsidenten gewählt wurde, und weniger als zehn Jahre, nachdem der Ku-Klux-Klan gegen den katholischen Gouverneur von New York, Al Smith, aufmarschiert war. Katholiken wurden immer noch als Schachfiguren des Vatikans angesehen, und auf einem weitgehend protestantischen Kontinent brachte man ihnen vor allem Misstrauen entgegen.
    Wie die meisten Konvertiten wurde Marshall schnell zum Hardcore-Gläubigen. Bis zum Ende seines Lebens ging er fast täglich in die Kirche. Er betete den Rosenkranz und glaubte fest an die Hölle. Es regte ihn auf, wenn andere Katholiken nicht katholisch genug waren. Vor allem glaubte er, da Gott die Welt erschaffen hatte, sie letzten Endes begreifbar sein müsse, und dass ein Sinn für das Göttliche zum Verständnis des Weltlichen führen konnte. Er hatte den Eindruck, dass seine Religion tatsächlich ein Sinn war, eine Sinneswahrnehmung, die sein Leben genauso, wenn nicht sogar noch mehr bereicherte wie das Sehen, Schmecken, Tasten, Hören, Riechen und die Schwerkraft. Er hatte den Schlüssel zur Ewigkeit gefunden und konnte seine Aufmerksamkeit jetzt voll und ganz der »Zukunft« von Menschund Gesellschaft widmen. Verglichen mit dem Himmel war die Zukunft profane Billigware, man konnte ihr ganz objektiv und leidenschaftslos begegnen, als betrachte man einen Ameisenhaufen, extrem aufmerksam und gleichzeitig selbstvergessen.
    Marshall sprach in der Öffentlichkeit nicht über seine

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