Marsversorger ALPHA VI
noch argwöhnisch. Jetzt bin ich es nicht mehr. Ich fühle, daß innere Zweifel Sie plagen. Das ist nicht gut; nicht gut für Sie und nicht gut für uns. Sie müssen Tumadschin Khan sein. Verstehen Sie, was ich damit meine?«
Ich nickte bedrückt. Tancanoc trug wieder die dunkelrote Uniformkombination mit der silbern strahlenden Sonne auf dem Brustteil. Um zwei Köpfe kleiner als ich, aber wesentlich breiter in den Schultern, bildeten wir beiden Vertreter von zwei völlig verschiedenartigen galaktischen Völkern einen seltsamen Kontrast.
»Es fällt mir schwer, Tancanoc. Ich betrüge nicht gern. Ihr Volk benimmt sich so großartig und entgegenkommend, daß ich mich meiner Lügenrolle schäme.«
Er hob den Kopf, so daß ich seine tiefliegenden Augen unter der mächtigen Schädelvorwölbung sehen konnte.
»Nein, tun Sie es nicht. Sie dürfen es nicht einmal, selbst wenn Sie es wirklich wollten! Ob Lüge oder nicht – nur Ihr Erscheinen mit den entsprechenden Vorzeichen und Argumenten kann meinem Volk den Frieden bringen. Sie müssen weiterspielen, Freund.«
»Freund?« wiederholte ich bewegt. »Halten Sie mich dieses hohen Begriffes für würdig?«
»Ja. Darf ich Sie so nennen?«
Ich reichte ihm unvorsichtigerweise die Hand. Er drückte zu. Als ich stöhnend in die Knie ging, erinnerte er sich an seine schwerkraftangepaßten Kräfte. Er entschuldigte sich bestürzt. Ich winkte ab.
»Tancanoc, ich bitte um Ihre Hilfe. Begleiten Sie mich. Lassen Sie mich keine Sekunde aus den Augen. Mit Feinden werde ich jederzeit fertig, nicht aber mit Intelligenzwesen, denen das Herz auf der Zunge liegt. Korrigieren Sie mich, wenn ich Fehler machen sollte.«
Wir gingen. Ich trug die Prunkkleidung Erster Klasse. In der linken Hand hielt ich jenes Päckchen, das mir Captain Philip Botcher im letzten Augenblick überreicht hatte. Schon wieder ein unschöner Psychogag!
Kenonewe hatte die Tore der riesigen Lastenschleuse öffnen lassen. Eine Plattform aus MA-Metall hatte sich ins Freie geschoben und abgesenkt, bis sie den Boden berührte. Anne Burner war der Meinung gewesen, mein Erscheinen in der kleinen Polschleuse der unteren Schiffsrundung wäre viel zu unauffällig gewesen.
Das überaus grelle Licht einer Riesensonne stach in meine Augen. Ich konnte kaum etwas sehen. Kein Wunder, daß die Yedocekoner von Natur aus tiefliegende Augen besaßen.
Ich tastete nach Tancanocs Hand und fand sie. Er drückte behutsam zu. Trotzdem war es noch schmerzhaft.
»Haltung, Großer!« vernahm ich Hannibals telepathische Stimme. »Wir sind alle bei dir. Tancanoc ist ein echter Freund. Der würde sich für dich in Stücke reißen lassen. Oh – das habe ich beinahe vergessen! Tancanoc wurde zum Oberbefehlshaber aller yedocekonischen Streitkräfte ernannt. Er ist ›Held der Geschichte‹ geworden und damit automatisch der höchste Technooffizier. Man hat sich ihm bereitwillig unterstellt. Ein Wort von ihm – und drei Millionen Mann gehorchen. So sind diese Leute nun einmal veranlagt. Ich übertreibe nicht!«
Für diese Information war ich dankbar. Ich wollte antworten, aber das aufbrandende Geräusch hinderte mich daran. Es war wie ein beginnender Sturmwind, der sich rasch zum Tosen eines Taifuns steigert.
Wohin ich auch blickte – ich sah nichts, was den Erzeugnissen irgendwelcher Techniken geglichen hätte! Jeder noch so kleine Fleck des riesigen Raumflughafens war von Yedocekonern bedeckt. Zwischen ihnen erkannte ich die leuchtenden Energiepanzer der Soldaten. Sie waren mitgerissen worden.
Meine innere Scham verging. Mich erfüllte nur noch Freude.
Sind Sie schon einmal von so vielen Intelligenzwesen derart offenen
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