Marter: Thriller (German Edition)
So kann der Jäger in Ruhe das Erdreich wegschaufeln und schließlich seine Meute auf den Fuchs hetzen.«
»Was wird dann aus dem Terrier?«
»Das kommt ganz darauf an. Manchmal wird er von dem Fuchs getötet. Manchmal erwischt ihn die Meute zusammen mit dem Fuchs. Und manchmal schafft er es, verletzt zu seinem Herrchen zurückzuhumpeln.«
»Ich habe das Gefühl, ich habe Ihren Terrier schon mal getroffen. Das war sogar hier, bei der Galaeröffnung.«
»Möglich. Aber nur, damit keine Missverständnisse aufkommen – halten Sie sich von ihr fern. Sie gehört mir. Nicht dass sie im Zuge des allgemeinen Jagdfiebers attackiert oder gar getötet wird.«
»In Ordnung. Wenn Sie wirklich der Ansicht sind, dass sie es wert ist.«
»Sie hat Details im Zusammenhang mit William Baker aufgedeckt, die selbst mir nicht bekannt waren. Ihre Meute ist wertlos, mein Freund. Aber ein guter Terrier ist schwer aufzutreiben.« Er wandte sich an den vierten Mann mit dem Priesterkragen, der sich bislang ruhig verhalten hatte.
»Und was Sie und Ihren Verein betrifft, Pater, denke ich, ist es an der Zeit, dass Sie die Sache den Profis überlassen, finden Sie nicht?«
51
Daniele hatte zwar behauptet, die Festplatte sei wieder in Ordnung, trotzdem konnte er nicht einfach so auf die Informationen darauf zugreifen. Die Daten waren derart in Mitleidenschaft gezogen, so erklärte er, dass letzten Endes nur noch winzige Bruchstücke ohne jeden Zusammenhang übrig waren. Er würde sich durch mehrere Tausend Fragmente wühlen und sie Byte für Byte zusammensetzen müssen.
Nach einem ganzen Arbeitstag war es ihm gerade mal gelungen, ein paar einzelne Bruchstücke der Nachrichten zu rekonstruieren, die Barbara Holton mit ihren Kontakten auf Carnivia ausgetauscht hatte.
… festgehalten in einem Camp, das als Birds’ Nest bezeichnet wurde, irgendwo in der Krajina …
… Aussage unterstützt die Vorwürfe, erhoben von Jelena B …
… kamen täglich zum Birds’ Nest, bisweilen bis zu vier oder fünf Lastwagenladungen Soldaten gleichzeitig …
»Sieht aus, als hätte das alles mit der Operation Sturm zu tun«, sagte Holly. »Sie muss wohl Berichte über Grausamkeiten gegen Zivilisten gesammelt haben.«
Während Daniele weiter an der Festplatte arbeitete, stellten Kat und Holly Recherchen zum Birds’ Nest Camp an. Selbst auf Kroatisch übersetzt, fanden sich keinerlei Treffer im Internet. Oder wenn es etwas gab, dann versteckte es sich zwischen Millionen Fotos von Singvögeln und ihren Jungen sowie Rezepten für eine chinesische Suppe.
»Wir müssen die Suchbegriffe einschränken«, sagte Holly. »Daniele, haben Sie sonst noch was für uns?«
»Eine Sache …«
Wir wussten, dass die Vergewaltigungen beginnen würden, jedes Mal, wenn sie » Marš na Drinu« über die Lautsprecher der Moschee laufen ließen. Während dieses Lied lief, mussten sich alle Frauen nackt ausziehen, und dann kamen die Soldaten rein und suchten sich diejenigen aus, die sie haben wollten. Nicht selten suchten die Soldaten sich Mütter und Töchter aus. Viele von uns wurden zudem während der Vergewaltigungen schwer misshandelt …
»Einige von Barbara Holtons Fragen bezogen sich auf das Thema Vergewaltigung als Waffe im Krieg«, sagte Holly leise.
»Bei › Marš na Drinu‹ handelt es sich um ein serbisches Sauflied«, ließ Kat hinter ihrem Laptop verlauten. »Wegen der Erwähnung der Moschee würde ich sagen, dass es sich hier um die Zeugenaussage eines bosnischen Mädchens handelt. Es geht sicher um einen Übergriff durch serbische Soldaten.«
»Ich hätte dann noch Folgendes«, warf Daniele ein.
Nachdem eine Handgranate ins Zimmer geflogen war, stellte ich mich tot. Während ich so dalag, hörte ich draußen Stimmen, die eine fremde Sprache sprachen, ein Dolmetscher übersetzte die Worte ins Kroatische. Er sagte: »Nichts darf zurückbleiben, nicht einmal Katzen oder Kinder.«
»Diese Aussage bezieht sich also auf einen Angriff durch die Kroaten«, überlegte Kat laut.
»Und an dem waren auch Ausländer beteiligt«, ergänzte Holly. »Barbara scheint Beweise dafür gesammelt zu haben, dass sowohl Serben als auch Kroaten ganz ähnliche Gewalttaten begangen haben.«
Kommentarlos zeigte Daniele ihnen einen weiteren Auszug.
Manchmal brachten sie einen neuen Rekruten rein. Der musste sich dann ein Mädchen aussuchen, es vergewaltigen und anschließend töten. Oder aber man machte ein Spiel daraus und ließ das Mädchen entscheiden – sich von dem
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