Marter: Thriller (German Edition)
aufgezeichnet. Außerdem werdet ihr eure Handys zurücklassen müssen.«
»Warum das denn?«, erkundigte Kat sich. »In Kroatien haben die doch das gleiche System, oder nicht?«
»Daniele will damit sagen, dass man uns mittels unserer Handys aufspüren könnte, über Funksendemasten«, antwortete Holly. »Wir besorgen uns einfach Prepaidhandys und stellen sie aus, wenn wir sie gerade nicht brauchen.«
»Auch keine Kreditkarten«, fügte Daniele noch hinzu. »Die werden bestimmt auch überwacht.«
»Wir nehmen ausreichend Bargeld mit. Wenn wir vorsichtig sind, hinterlassen wir keinerlei elektronische Spuren.«
Während Holly Recherchen zu ihrer Reiseroute nach Brezic anstellte, begab Kat sich zum Campo San Zaccaria. Dort traf sie Piola allein im völlig verwaisten Hauptquartier an, wie er soeben einen Bericht tippte.
»Vielleicht fügst du am besten noch hinzu, dass Findlater gelogen hat«, informierte sie ihn. »Er und Soraya Kova č evi ć waren nie ein Liebespaar. Er hat sie vergewaltigt, und jetzt, fast zwanzig Jahre später, versucht er, die Beweise zu vernichten.«
Piola blickte sie ungerührt an. »Woher weißt du das?«
»Ich habe Daniele Barbo die Festplatte gebracht. Außerdem habe ich mich mit der Amerikanerin zusammengetan – der Offizierin von der Caserma Ederle. Findlater hat das alles nicht einfach im Alleingang geplant. Hinter ihm steht eine ganze Gruppe von Leuten, die sich überlegt haben, wie sie den Krieg in Bosnien so ausarten lassen, dass die NATO einschreiten muss.«
Ein Seufzen kam ihm über die Lippen, als könnte er nicht fassen, wie töricht sie doch war. Er rieb sich mit den Händen übers Gesicht. Ihr fiel auf, dass er sich nicht rasiert hatte. Neben seiner Tastatur lag eine geöffnete Packung Zigaretten.
»Hast du denn gar nichts gelernt von mir?«, wollte er wissen. Er sprach in ruhigem Ton.
»Was willst du damit sagen?«
»Nehmen wir doch mal an, du schaffst es tatsächlich, Beweise zu sammeln, die diese … diese Anschuldigungen stützen. Was dann? Verstehst du denn nicht – du hast dich bereits in eine äußerst missliche Lage hineinmanövriert, weil du gegen eine ganze Reihe von Regeln verstoßen hast, um so weit zu kommen. Kein italienisches Gericht würde mehr als nur einen Blick in die Akten werfen und den Fall dann zurückweisen.«
»Und was ist, wenn wir die Sache nicht vor ein italienisches Gericht bringen? Wir waren bereits mit dem ICTY in Kontakt.«
»Das ICTY führt einen Prozess gegen Dragan Korovik, nicht gegen Bob Findlater«, entgegnete er schwach. »Was ist mit der Gerechtigkeit für die Morde an Jelena Babi ć und Barbara Holton? Wie steht es mit dem Prinzip, dass Verbrechen, die in Italien begangen wurden, auch in Italien vor Gericht verhandelt werden? Aber wie dem auch sei, so weit wird es gar nicht erst kommen. Ich entbinde dich von dem Fall.«
»Jetzt klingst du schon wie Marcello.«
»Schon möglich. Aber als dein Vorgesetzter habe ich die Entscheidungen zu treffen, nicht du. Und du lässt die Finger von dem Fall. Das ist ein Befehl.«
»Dann ist das ein Befehl, dem ich mich widersetzen werde.« Sie zögerte. »Ich kann dir also genauso gut auch gleich sagen, dass ich mit der Amerikanerin nach Kroatien fahren werde, um Melinas Mutter zu finden.«
»Kat«, stöhnte er, »überleg doch mal, was du da tust. Hör dich doch bloß an. Wir sind hier bei den Carabinieri. So läuft das nicht bei uns.«
»Was ich so mitbekommen habe, läuft bei uns im Moment so gut wie gar nichts«, rief sie. »Siehst du das denn nicht? Das ist meine Chance, endlich mal was zu bewegen.«
»Bist du schon mal auf die Idee gekommen, dass ich dabei nur an dich denke, wenn ich dir den Befehl erteile, die Finger davon zu lassen?«, fragte er ganz leise.
»Was meinst du damit?«
Er deutete auf die Verletzungen in seinem Gesicht. »Warum, glaubst du, hat man mir das angetan?«
»Damit du den Mund hältst.«
»Und was bringt dich dazu zu glauben, dass sie dich nicht genauso zum Schweigen bringen könnten? Kapierst du denn nicht – wenn das, was du da behauptest, tatsächlich wahr ist, dann sind Barbara Holton, Jelena Babi ć und Ricci Castiglione allesamt gestorben, weil sie zu viel wussten. Und jeder Einzelne von ihnen wusste weit weniger als du.«
»Wir wissen, wie Findlater aussieht. Wir passen schon auf uns auf.«
»Findlater hat Helfer – viele Helfer.« Einen Augenblick lang schwieg er. »Da war eine Sache, die Mareta Castiglione erwähnt hat … Zu dem Zeitpunkt
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