Marter: Thriller (German Edition)
Tapo,
wie mir zu Ohren gekommen ist, sind Sie auf der Suche nach jemandem, mit dem Sie über Frauen im Priesteramt sprechen können. Ich selbst bin als katholische Priesterin tätig. Meines Wissens gibt es weit über einhundert von uns, dem gegenwärtigen Standpunkt der Kirche zum Trotz. Die genauen Zahlen sind nur schwer zu ermitteln – die meisten von uns kennen ihre Schwestern im Dienste Christi noch nicht einmal, da sie im Geheimen die Katakombenweihe empfangen haben.
Ich würde mich freuen, dieses Thema eingehender mit Ihnen zu besprechen, wenn wir einen sicheren Weg finden, dies zu tun. Verfügen Sie denn über ein Carnivia-Account? Wenn ja, würde es die Sache erleichtern.
Vergeben Sie mir, wenn ich Ihnen meinen wahren Namen vorenthalte.
»Karen«
Piola blickte auf, als er sie vor Verblüffung pfeifen hörte.
»Eine Mail von einer weiblichen Priesterin«, erklärte sie. Es war schon seltsam, so dachte sie, dass es, trotz des zurückhaltenden Tons der ersten Nachricht, nur der Absender von dieser gewesen sein konnte, der ihre eigene E-Mail an »Karen« weitergeleitet hatte.
»Es gibt sie also wirklich?«
Sie deutete auf den Bildschirm. »Sie behauptet zumindest, dass es so ist. Sie hat außerdem Carnivia erwähnt. Das ist schon das zweite Mal, dass ich von dieser Seite höre. Ich frage mich langsam, ob das etwas zu bedeuten hat?«
Piola zuckte mit den Schultern. »Ich bin zu alt, um was von diesem ganzen Internetzeug zu verstehen. Den Part überlasse ich lieber Ihnen und Malli. Aber behandeln Sie das bitte mit oberster Priorität, ja?«
Giuseppe Malli war in einem fensterlosen Raum ganz oben im Dachgeschoss des Hauptquartiers untergebracht. Vor langer Zeit, als das Gebäude noch ein Nonnenkloster war, da war dies hier eine der weniger gemütlichen Novizinnenzellen gewesen. Heute war der Raum voll mit elektronischem Equipment: Festplatten, zum Teil auseinandergenommenen Laptops, meterweise Kabel und tragbaren Monitoren.
»Ah, Capitano«, begrüßte Malli sie. »Ich habe mir gerade Ihre kleine Meerjungfrau angesehen.« Er hielt eine Laptopfestplatte hoch, die in einer durchsichtigen Plastiktüte steckte. »Nichts mehr zu holen, so leid es mir tut. Das Wasser Venedigs hat alles mitgenommen, was darauf gespeichert war. Wollen Sie, dass ich das Ding entsorge?«
»Lieber nicht«, meinte Kat und nahm ihm die Tüte ab. »Ob es uns nun weiterhilft oder nicht, es handelt sich immerhin um ein Beweisstück. Haben Sie die dazugehörigen Unterlagen?«
Zu jedem einzelnen Beweisstück im Haus gehörte ein eigener Begleitschein. Rein theoretisch sollte es also möglich sein, immer genau darüber Bescheid zu wissen, wo im Gebäude ein Stück sich befand, seit es im Besitz der Carabinieri war.
Malli deutete unwirsch auf das Durcheinander auf seinem Schreibtisch. »Ist irgendwo da drunter. Ich schick sie Ihnen später.«
»Danke.« Sie suchte sich eine Sitzgelegenheit. »Ich möchte Sie gerne noch etwas fragen. Was wissen Sie über eine Website namens Carnivia?«
»Nicht viel mehr als jeder andere, vermute ich. Warum?«
Sie berichtete, dass sich im Zuge der Ermittlungen zwei Mal eine Verbindung ergeben hatte – erst im Hotelzimmer des Opfers und dann in der E-Mail von der Frau, die angab, sie sei Priesterin.
Malli dachte darüber nach. »Ich nehme an, dass Carnivia als eine Art sicheres Kommunikationsnetzwerk genutzt wird. Das ist in der Tat ziemlich clever.« Als er ihren verständnislosen Blick registrierte, fing er an zu erklären. »Carnivia bedient sich gewisser Verschlüsselungstechniken, um die Anonymität seiner Nutzer zu wahren. Daniele Barbo hat den Algorithmus selbst geschrieben, unter Hackern gilt er als einer der Besten. Wenn man also erst einmal im Inneren von Carnivia ist, ist jede Form der Kommunikation sicher. Das ist so, als hätte man einen eigenen militärischen Kommunikationskanal. Eigentlich sogar noch besser. Die Systeme des US -Verteidigungsministeriums wurden in der Vergangenheit wiederholt gehackt. Carnivia ist das nie passiert.«
»Ich dachte, ich hätte gelesen, dass Barbo irgendwie Dreck am Stecken hat?«
Er nickte. »Heute gilt es als Vergehen, wenn man der Regierung den Zugriff auf eine Website verweigert, um den Datenverkehr dort zu überprüfen. Seine Urteilsverkündung findet in ein paar Wochen statt. Die meisten Leute denken, dass er lieber ins Gefängnis wandert, als den Behörden Zugriff auf Carnivia zu gewähren.«
Ihr Gehirn arbeitete auf Hochtouren. »Würde es ihm
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