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Marter: Thriller (German Edition)

Marter: Thriller (German Edition)

Titel: Marter: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Holt
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Raum mit blankem Steinfußboden. In schwungvoller Schrift waren auf die Tür die Worte » Il celibato è la fornace in cui si forgia la fede« gepinselt. Das Zölibat ist der Brennofen, in dem der Glaube gefestigt wird. Sie blieb stehen, um sich das genauer anzusehen. Bis auf eine Reihe von hölzernen Aufhängungen war der Raum leer. An einigen von ihnen baumelten Lederbänder. Aus der Wand ragte ein Wasserhahn aus Messing. Im Boden war eine Vertiefung, die zweifelsohne als Abfluss diente.
    Pater Uriel erschien wieder an ihrer Seite.
    »Das hier ist eine Peitschenkammer, nicht wahr?«, fragte sie vorwurfsvoll.
    »Ja. Selbstverständlich wird sie heute nicht mehr gebraucht, schon seit Jahrzehnten nicht mehr.« Er lächelte schwach. »Was die Kirche früher anerkennend als Selbstdisziplin bezeichnete, nennt man heute Selbstverletzung und wird entsprechend behandelt. Der Beweis dafür, wenn Sie so wollen, dass auch wir uns weiterentwickelt haben.«
    Sie ging in die Knie. Die Wand war fleckig, und der Putz bröckelte ab, dennoch waren da unverkennbar mehrere rostrote Flecken knapp oberhalb des Bodens.
    »Diese Blutflecken hier sehen mir aber nicht so alt aus, Pater.«
    »Der Raum wurde meines Wissens zum Schlachten von Schweinen verwendet. Dank des Abflusses eignet er sich für derlei Dinge recht gut.«
    Sie erhob sich, und ihre Feststellung war ihr ein klein wenig peinlich. »Oh, ach so.«
    »Gibt es noch irgendetwas …«
    »Ja. Ich hätte bitte gerne eine Aufstellung sämtlicher Patienten, die in der ersten Januarwoche hier waren, einschließlich ihrer Ausweisdaten«, erklärte sie und gab es somit auf, so zu tun, als handle es sich um ein gewöhnliches Gespräch und nicht um ein Verhör.
    Bedauernd breitete Pater Uriel die Hände aus. »Tut mir leid, aber das wird nicht möglich sein, es sei denn, Sie bringen mir einen Durchsuchungsbeschluss. Wir werden selbstverständlich mit der Polizei kooperieren, doch sind wir zugleich verpflichtet, die Anonymität unserer Patienten zu wahren.«
    Auf keinen Fall würde Marcello ihnen ohne weitere Beweise einen Durchsuchungsbeschluss ausstellen, das war sicher. Und sie hatte so den Verdacht, dass auch Pater Uriel das wusste.
    »Sie wirken misstrauisch, Capitano Tapo«, sagte er sanft. »Dürfte ich Sie wohl bitten, mir zu verraten, weswegen Sie uns verdächtigen?«
    Kurz war sie hin- und hergerissen zwischen Vorsicht und dem Wunsch, ihn zu provozieren. »Ich glaube, dass Sie mich angelogen haben, was diese ste ć ak -Symbole betrifft. Vielmehr habe ich das Gefühl, dass Sie sie von Anfang an erkannt haben.«
    »Aha.« Pater Uriel hatte zumindest den Anstand, ein wenig beschämt zu wirken. »Schon richtig, dass mir der Gedanke kam, sie könnten kroatischen Ursprungs sein. Obwohl«, so schob er eilig hinterher, »ich nicht der Ansicht bin, dass ich tatsächlich gelogen habe. Es war allerdings dumm von mir, Ihnen meinen Verdacht vorzuenthalten. Mir hätte klar sein sollen, dass Sie sie früher oder später identifizieren.«
    »Warum wollten Sie mir nicht verraten, worum es sich bei den Zeichen handelte?«
    »Dies sind schwere Zeiten für die Kirche. Bei allem Respekt, Capitano, aber Ihre eigene Feindseligkeit und die Bereitschaft, vom Schlimmsten auszugehen, macht sich auch in der Bevölkerung bemerkbar. Ich musste befürchten, dass unser Institut in Ihre Ermittlungen verwickelt wird, falls Sie eine falsche Verbindung zwischen der Kirche und dem, was auf Poveglia geschehen war, herstellten. Für unsere Arbeit aber wäre es nicht gut, wenn wir in Verdacht gerieten.«
    »Viele Ihrer Patienten haben in ihren Herkunftsländern Verbrechen begangen«, mutmaßte sie. »Wenn die Polizei hier herumschnüffelt, verschwinden sie womöglich von hier.«
    »Möglich«, pflichtete er ihr bei.
    »Gehen wir doch gleich noch einen Schritt weiter. Viele der Priester, die Sie hier behandeln, sind Frauenhasser, manche mehr, manche weniger. Keiner von ihnen würde die Ordination von Frauen befürworten, nicht wahr? Sie sehen also, dass mein Verdacht durchaus begründet ist.«
    Er blickte ihr direkt in die Augen. »Capitano, ich glaube ja gern, dass Ihr Opfer auf Poveglia war, weil sie sich einer unserer früheren Patientinnen verbunden fühlte. Doch mehr steckt da nicht dahinter. Sie sehen doch, wie abgeschieden wir hier leben – es ist unmöglich, dass ein Patient von hier verschwindet und ein Verbrechen begeht, ohne dass wir das mitbekommen. Als ein Mann Gottes schwöre ich Ihnen, dass ich es Ihnen

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