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Martha Argerich

Martha Argerich

Titel: Martha Argerich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bellamy
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künstlerische Partnerschaft verband.
    * Friedrich Gulda, Mein ganzes Leben ist ein Skandal. Aus Gesprächen mit Kurt Hofmann , München 1990, S. 88.
    Als Martha ihren alten Lehrer nach Jahren wiedertraf, war er wütend, weil sie sich seiner Meinung nach gehen ließ. »Was machst du mit deinem Leben, Argerich?« Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte sie ihre außerordentlichen Talente dazu genutzt, zu improvisieren, Jazzmusik zu machen, sich vollkommen in der Musik zu entfalten, statt die chaotische Existenz einer neurotischen, willensschwachen, verwöhnten Virtuosin zu führen und ihr ganzes Potenzial zu verschleudern. Auf der Durchreise in Argentinien, wo er in den Sechzigerjahren eine Reihe von Konzerten gab, löste Gulda ein wahres Erdbeben aus, als er in einem Interview mit der Zeitung La Razón auf die Frage nach Neuigkeiten über seine im ganzen Land verehrte Schülerin sagte: »Ich habe echte Zweifel an ihrer Zukunft als Musikerin, weil sie so ein Lotterleben führt.«
    Damals sprach er auch mit dem argentinischen Pianisten Efraín Paesky. Gulda war sehr besorgt über das Durcheinander in Marthas Leben und erzürnt über den »entsetzlichen Raubbau«, den sie an sich betrieb. »Verstehen Sie«, erklärte er dem Kollegen, »es handelt sich nicht nur um die beste Pianistin der Welt, sondern um ein echtes Phänomen, das man nicht erklären kann.« Als Paesky einwarf: »Aber was ist mit Ihnen, Maestro …«, schüttelte Gulda nur den Kopf: »Nein, glauben Sie mir, Martha ist das Absolute in der Kunst.«

Von Bozen nach Genf
Die Feuerprobe
    Gulda war der Ansicht, dass ein Künstler nicht allzu lange Zeit mit seinem Mentor verbringen solle. »Du fängst an, so zu spielen wie ich«, sagte er eines Tages zu Martha. »Und das ist nicht gut.« Lachend fügte er hinzu: »Das Gleiche ist mir mit Seidlhofer passiert, aber weil er keine Konzerte gab, hat niemand was gemerkt …«
    Martha hätte gern noch länger mit ihm zusammengearbeitet, aber aus verschiedenen Gründen war das nicht möglich. Zum einen hatte sich die politische Situation in Argentinien verändert: Perón war im September 1955 von der »Freiheitsrevolution« abgesetzt worden. Die Stellung der Argerichs in der Botschaft war dadurch sehr viel instabiler geworden. Zum anderen hatte Gulda vor, 1956 für fünf Monate auf Tournee zu gehen. Was tun? Martha dachte darüber nach, am Klavierwettbewerb in Genf teilzunehmen. Nicht weil sie eine internationale Karriere angestrebt hätte, sondern weil sie den Spuren ihres verehrten Lehrers nachgehen wollte, der mit sechzehn Jahren bei diesem Wettbewerb reüssiert hatte. Damals gab es noch nicht so viele Wettbewerbe wie heute, und Genf war einer der bedeutendsten. Ohne Gulda hatte Martha keine Lust, in Wien zu bleiben. Der ständige Druck, den ihre Mutter auf sie ausübte, machte sie wahnsinnig. Juanita wollte weiterhin das Leben ihrer Tochter kontrollieren, so wie sie es getan hatte, als diese noch ein Kind war. Aber das Kind hatte sich verändert: Sie ging mit ihrer Clique aus, rauchte und hatte sich die Haare wachsen lassen. Juan Manuel Argerich ergriff Partei für seine Tochter: »Lass sie auf eigenen Füßen stehen!«, sagte er zu seiner Frau. Sich wohl bewusst, dass sie dem zustimmen musste, fand Juanita eine Lösung: Martha würde nach Genf gehen, um bei Madeleine Lipatti weiterzustudieren, für die sie eine große Sympathie empfand. Und sie würde bei vertrauensvollen Leuten aus der besseren Genfer Gesellschaft wohnen. Die Witwe der sechs Jahre zuvor an Leukämie verstorbenen Pianisten-
legende Dinu Lipatti war Assistentin Nikita Magaloffs am Konservatorium von Genf, jener Virtuosenschmiede, die Franz Liszt begründet hatte, nachdem er mit seiner Geliebten Marie d’Agoult nach Genf geflüchtet war. Dinu Lipatti hatte die Schule nach besten Kräften weitergeführt, bis er 1949 aus Krankheitsgründen aufgeben musste. Martha war nicht offiziell am Konservatorium eingeschrieben, aber sie fühlte sich dort wie zu Hause. Der Direktor zeigte ihr eines Tages die Hefte, in denen Liszt sich Notizen über seine Schüler gemacht hatte. Auf einer Seite hatte er nur geschrieben: »Schöne Augen« – ohne irgendeine Bemerkung in musikalischer Hinsicht. Sie amüsierte sich königlich.
    Martha Argerich verstand sich mit Madeleine Lipatti auf Anhieb. Sie erinnert sich an einen Blumentopf mit weißen Blüten auf dem Klavier und an die sehr spezielle, fast schon religiöse Atmosphäre, die in dem Haus herrschte. Dazu passt die

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