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Martha's Kinder

Martha's Kinder

Titel: Martha's Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
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sind.«
    Sylvia schwieg noch immer. Sie war wie in einen Traumzustand versetzt, aus dem sie sich nicht durch den Klang der eigenen Stimme reißen wollte. Warm und beseligend – wenn auch zugleich beängstigend – strömte ihr vom Herzen das Bewußtsein auf, daß da ein Mensch vor ihr war, dessen Scheitel mit der höchsten irdischen Krone – mit der des Genius – geschmückt war, und von diesem Menschen wurde sie geliebt ... ihn wiederzulieben war süßester Zwang. Die Dichtung war ihr zu Kopf gestiegen, ihre Seele taumelte im Bewunderungsrausch.
    Unerwartet trat Delnitzky herein. Damit war der Bann gelöst. Wie aus einem Traum erwachend, fuhr Sylvia empor, es war, als hätte ein kalter Luftstrom ihre Schläfe berührt und den Rausch verscheucht.
    »Grüß Euch Gott alle miteinander ... Küß die Hand, Mama ... ah, Herr Bresser ... freut mich – noch immer in Wien? Ich hab' geglaubt, Sie sind schon nach Ihrem geliebten Preußen abgedampft ... Du, Sylvia, ich wollte Dir sagen, ich hab' heute zwei Freunde zum Essen eingeladen ... den Felsegg und den Milovetz.«
    »Gut«, sagte sie.
    Er warf sich in einen Fauteuil:
    »Bei was habe ich die Herrschaften gestört?«
    »Sylvia las uns aus einem Drama vor – von Herrn Bresser.«
    »So. Da hab' ich was versäumt ... Na, wir werden ja Ihre Stücke vielleicht einmal in der Burg sehen, was? Das ist mir lieber als vorlesen hören ... Dazu hab' ich gar kein Talent, oder keine Geduld.«
    Hugo empfahl sich bald. Als er, sich verabschiedend, Sylvias Hand küßte, sagte er:
    »Sie haben nicht ein Wort des Urteils geäußert, Gräfin – soll ich das als stummen Tadel auffassen?«
    Mit festem Händedruck und einem geraden Blick in seine Augen antwortete sie:
    »Sie wissen das Gegenteil.«
    Ja, er wußte es. Ein magnetischer Rapport hatte, während des Lesens, sich zwischen Autor und Leserin hergestellt. Deutlich hatte er empfunden, daß sie auf den Flügeln seines Gesanges in die gleiche Begeisterungshöhe gehoben worden, die er in den Stunden der Arbeit erklommen hatte. Eine Kommunion auf dem Gipfel des Parnasses – ein gleichzeitiges Eintauchen der brennenden Lippen in das kühle Geriesel des kastalischen Quells ...
    Solche, etwas überspannte Ideen erfüllten und begleiteten ihn, als er nun, Sylvias Hand verlassend, in raschen Schritten seiner Wohnung zueilte. Er hatte die Absicht, den Drang, das Bedürfnis – heute noch, den ganzen Abend – zu schreiben. Den zweiten Akt zu beginnen unter dem Eindruck, den die Lektüre – aus solchem Mund in solchem Ton! – die Lektüre des ersten auf ihn gemacht. Anderes noch wollte er schreiben: ein Gedicht an – sie. Seine Liebe war – im Bewußtsein erreichter Gegenliebe – zu höchster Glut angefacht, und da dies unter dem Bann der Dichtung so gekommen, so wollte, so mußte er nun in glühenden Versen seinem Gefühle Luft machen. Sie besingen – er lechzte danach, als wäre es eine Art sie zu liebkosen, sie zu schmücken – statt mit Küssen und Perlen – mit Rhythmen und Reimen.
    Baronin Tilling war bei Delnitzkys zu Tisch geblieben. Bald nach dem Essen entfernten sich Toni und dessen Freunde, um in den Klub zu gehen, und Mutter und Tochter blieben allein.
    Sylvia war die ganze Zeit zerstreut und schweigsam gewesen. Auch jetzt, wenn Martha etwas fragte oder bemerkte, antwortete sie erst, wenn die Frage oder Bemerkung wiederholt worden war, und da nur ganz kurz und nicht recht zur Sache.
    »Komm, mein Kind – mach es wie in Deinen Mädchenjahren – nimm Dir einen Schemel und setz' Dich her zu meinen Füßen ...«
    »Ach, Mutter, die Mädchenjahre sind entflohen –«
    »Und ebenso Dein Vertrauen zu mir...?
    »Wie meinst Du – ?«
    »Ich meine, daß Du mir verschweigst, was Dich drückt und was Dich bewegt. Das war einmal anders ... Du pflegtest mir alles zu sagen wie Deiner besten Freundin. Jetzt freilich könnte Dein Mann mich verdrängt haben, er könnte nun Dein Vertrauter und Berater sein ... dann würde ich mich gern zurückziehen, aber das ist, leider Gottes, – nicht der Fall.«
    »Nein, es ist nicht der Fall«, murmelte Sylvia bitter. »Siehst Du – und das sagst Du mir erst heute –«
    »Da Du es durchschaut hast –«
    »Ich durchschaue noch mehr ... Sylvia, komm, tu' mir den Gefallen, setze Dich ... da und lege Deinen Kopf auf meinen Schoß und sei aufrichtig, ganz aufrichtig – ich bitte, bitte Dich!«
    Etwas widerwillig, aber doch unwiderstehlich angezogen, gehorchte die junge Frau.
    »Hier bin ich also ...

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