Martin, Kat - Perlen Serie
wurden ihre heiteren Gefühle von einer Welle der Angst verdrängt.
„Was hast du, Cord? Was ist passiert?"
„Ich muss mit dir reden. Wir gehen dazu am besten nach oben."
Ihr Herzschlag setzte kurz aus. So hatte sie ihn noch nie er- lebt, noch nie einen solchen Ausdruck in seinem Gesicht gese- hen. Sie ging ihm voran die Treppe hinauf, er folgte ihr bis in ihr Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Vergebens suchte sie in seinen Augen nach einer Erklärung. Hart und undurch- dringlich sah er sie an.
„Setz dich."
Das musste er ihr nicht zweimal sagen, so sehr zitterten ihre Knie. Irgendetwas Furchtbares musste geschehen sein, und sie hatte nicht die geringste Vorstellung, was es sein konnte. Sie ließ sich auf die Chaiselongue sinken.
„Ich habe mich heute mit einem Mann namens Jonas McPhee getroffen. Er arbeitet als Detektiv, und ich habe be- reits früher gute Erfahrungen mit ihm gemacht."
„Ich erinnere mich, dass du ihn schon einmal erwähntest... Ist er nicht der Mann, der herausfand, dass Claire und ich die Stieftöchter von Miles Whiting sind?"
„Ganz genau."
„Warum ... warum hat er nun für dich gearbeitet?"
„Es gab einige Dinge, über die ich Bescheid wissen musste ...
Dinge, von denen ich hoffte, dass McPhee sie herausfinden würde."
Du lieber Himmel, hatte Cord womöglich erfahren, dass sie in Sir Winifreds Haus eingestiegen war? Oder hatte jemand sie in jener Nacht mit Julian Fox gesehen? Tory zwang sich, ruhig zu bleiben. Vielleicht waren ihre Befürchtungen ganz unbe- gründet.
„Was wolltest du denn herausfinden?"
Cord kam zu ihr herüber und goss sich einen Brandy ein. „Möchtest du auch einen? Du siehst etwas blass aus."
Sie schluckte. „Mir geht es gut." Tatsächlich hatte sie sich selten so elend gefühlt.
Cord nahm einen tiefen Schluck und ließ dann die goldbrau- ne Flüssigkeit gedankenverloren in seinem Glas kreisen. Er schien so ruhig und beherrscht zu sein! Torys Nerven waren hingegen zum Bersten gespannt, und ihre Angst nahm stetig zu.
„Ich wollte einige Dinge über meine Frau in Erfahrung brin- gen."
„Deine Frau", wiederholte sie mühsam.
„Ja. Und ich muss sagen, McPhee war dabei sehr hilfreich. Zunächst hat er mir mitgeteilt, dass du gar nicht in Harwood Hall gewesen bist."
Ihr war, als hätte sie einen Stoß in den Magen erhalten. „Das ist nicht wahr."
„Nein? Jonas hat sich mit dem Butler und der Haushälterin sowie einem der Zimmermädchen unterhalten. Du warst nie dort, Victoria!"
„Die Dienstboten ... Ich habe sie gebeten, mich nicht zu ver- raten."
Nachdenklich blickte Cord in sein Glas. „Dann wäre da noch die Nacht, als ich in Lemming Grove weilte. Auch da bist du ausgegangen."
Sie rang nach Luft. Wie hatte McPhee das herausgefunden? „Das kann ich dir erklären."
„So? Darauf bin ich gespannt."
Weshalb blieb er nur so ruhig? Warum schrie er sie nicht an und drohte ihr, sie in Zukunft in ihr Zimmer einzuschließen? Seine völlige Beherrschtheit war schlimmer als alles, was sie bislang erlebt hatte.
Sie atmete tief durch. „Als ich in Harwood Hall war, hat Greta - das ist die Haushälterin, die du erwähnt hast - eine Be-
merkung über das Stadthaus gemacht, das meiner Familie in London gehört hatte. Sie meinte, dass das Tagebuch meiner Mutter vielleicht dort sein könnte."
„Ah, das besagte Tagebuch! Das hätte ich mir ja fast denken können."
„Das Stadthaus ist in der Greenbower Street, nicht weit von hier. Ich wusste, dass du mein Vorhaben nicht gutheißen wür- dest, und entschloss mich, ohne dein Wissen dorthin zu gehen. Kurz vor Mitternacht bin ich von hier aufgebrochen."
Sie sah Cord an. Sollte sie Julian Fox erwähnen? Falls er es nicht wusste, würde ihn das nur noch mehr verärgern ... Ihre Gedanken rasten. Könnte McPhee auch das herausgefunden haben? Und war sie es nicht Julian schuldig, über seine Betei- ligung bei dem Einbruch zu schweigen?
„Ich ... ich bin die paar Straßen bis zu dem Haus gelaufen und hatte großes Glück, ein geöffnetes Fenster zu finden, durch das ich hineingelangen konnte." Sie versuchte zu lä- cheln. „Mein Stiefvater hat den Besitz an Sir Winifred Man- ning verkauft, der sich derzeit nicht dort aufhält. Ich habe al- les durchsucht, aber ..."
„Aber leider konntest du auch diesmal nichts finden."
„Ja."
„Das ist wirklich schade, Victoria. Vielleicht wäre deine Su- che ja erfolgreicher gewesen, wenn dir jemand dabei geholfen hätte. Julian Fox zum Beispiel."
Sie
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