Martin, Kat - Perlen Serie
Gefängnis brauchen?" er- kundigte Cord sich.
„Ich habe einen Wagen mitgebracht. Von der Bucht aus dau- ert es ungefähr eine Stunde. Es wird Zeit, dass wir uns auf den Weg machen." Max warf Victoria einen kurzen Blick zu.
„Meine Frau", stellte Cord sie kurz vor und legte seine Hand fest um ihre Taille. „Sie hat sich bereit erklärt, die Wachposten abzulenken, damit wir unbemerkt zu Ethan gelangen kön- nen."
Er half ihr auf den Kutschbock hinauf, wo sie neben Max Bradley sitzen würde, während er und Rafe unter dem Verdeck des Wagens Platz nahmen. Max nahm die Zügel in die Hand, und die beiden schweren, grauen Pferde setzten sich langsam in Bewegung. Als der Wagen auf die holperige Landstraße ein- bog, klammerte Tory sich voll banger Erwartung mit beiden Händen an der hölzernen Sitzbank fest.
Sie hatte keinerlei Angst gehabt und bereitwillig ihre Hilfe angeboten. Doch mit jeder Meile, die sie sich dem Gefängnis näherten, schlug ihr Herz etwas schneller.
Die einstündige Fahrt schien ihr eine Ewigkeit zu dauern, aber wären sie schneller gefahren, hätten sie nur unnötige Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Und sie konnten sich dies- mal keinen Fehler mehr erlauben, denn es war die letzte Gele- genheit, Captain Sharpe zu befreien und sein Leben zu retten. Als sie einen Hügel in unmittelbarer Nähe des Gefängnisses erreicht hatten, stand die schmale Mondsichel bereits hoch am Nachthimmel, und Bradley brachte den Wagen im Schutz der tief hängenden Zweige eines alten Baumes zum Stehen.
Rafe schlug das Verdeck zurück, und er und Cord kletterten heraus und sahen Max fragend an.
„Das Gefängnis liegt hinter dieser Anhöhe." Bradley deute- te nach Osten. „Wenn Ihre Frau mit den Pferden zurecht- kommt, kann sie den Wagen direkt vor das Eingangstor fah- ren."
Ihr Herz setzte für einen Moment aus. In ihrer Jugend hatte sie einmal einen Einspänner gefahren, das ließ sich allerdings in keiner Weise mit dem Gespann vergleichen, das sie nun len- ken sollte.
„Es wäre glaubhafter, wenn ich zu Fuß das Gefängnis errei- che", wandte sie deshalb schnell ein. „Jemand könnte mich in die Stadt gefahren und mich bei einem Gasthaus abgesetzt ha- ben. Und von dort bin ich dann zum Gefängnis gelaufen. Auf diese Weise kann der Wagen in seinem Versteck bleiben, bis wir ihn benötigen."
Sie wusste genau, dass Cord ihr Ausweichmanöver durch- schaute. „Das ist eine gute Idee. Finden Sie nicht auch, Brad- ley?" fragte er nun zustimmend.
„Ja, Sie haben Recht." Max wandte sich wieder an Tory. „Das nächstgelegene Gasthaus ist das Lion d'Or - falls die Wa- chen Sie danach fragen sollten."
Und so machten sie sich auf den Weg. Ein schneidender Wind fegte über die Anhöhe, der ihren Umhang aufbauschte und ihr durch ihre Kleider hindurch bis auf die Haut drang. Sie hatte die Kapuze zurückgeschlagen und trug ihr Haar of- fen, um die Aufmerksamkeit der Wachposten auf sich zu zie- hen. Ihre dunklen Locken wehten um ihren Kopf herum, und sie schüttelte sie mit einer raschen Bewegung aus dem Gesicht. Am Rand einer kleinen Baumgruppe blieben sie stehen. Cord fasste Tory bei den Schultern und sah sie an.
„Verwickle sie in ein Gespräch. Währenddessen werden wir uns Zugang zum Gebäude verschaffen."
Max hatte den Posten bestochen, der an einem Seitenein- gang Wache stand. Wenn sie diese Hürde genommen hatten, würden sie indes noch einen Innenhof durchqueren müssen, um die Zellen der Gefangenen zu erreichen.
Und hier war Tory gefragt. Sie musste die Wachmänner so lange ablenken, bis es Cord, Rafe und Max gelungen war, un- bemerkt über den Hof zu gelangen.
„Sobald wir in dem Gebäude sind", fügte der Graf hinzu, „werde ich in der Nähe des Eingangstors bleiben. Wenn die Si- tuation außer Kontrolle gerät, weißt du, was du zu tun hast." Sie hatten abgesprochen, dass Tory dann eine Ohnmacht vor- täuschen würde, da das Cords Meinung nach am besten geeig- net war, um Männer aus der Fassung zu bringen.
Sie wusste genau über den Plan Bescheid. Während Cord aufpasste, dass ihr nichts passierte, würden Rafe und Max sich auf den Weg zu Ethans Zelle machen. Zwar würde Cord am liebsten mit den beiden mitgehen, aber er sorgte sich auch um ihre Sicherheit. Sie hatte es immer an ihm zu schätzen ge- wusst, wie gut er sich um die Menschen kümmerte, die ihm wichtig waren.
Und allem Anschein nach bedeutete sie ihm noch etwas. Sie streckte ihre Hand nach ihrem Mann aus und berührte seine Wange. „Sei
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