Martin, Kat - Perlen Serie
endlich sprach, bemühte sie sich, ihre Stimme ruhig zu halten. „Wirst du jetzt deinen Cousin besuchen?"
„Ja, ich bin auf dem Weg zu ihm. Ich kann nur hoffen, dass Ethan wenigstens halb so gut gepflegt worden ist wie ich." Tory errötete und sah verlegen auf ihre Schuhspitzen, die unter dem Saum ihres cremefarbenen Musselinrocks hervor- schauten. „Bist du dir sicher... dass es dir schon wieder gut ge- nug geht? Vielleicht sollte ich dich lieber begleiten."
„Ich glaube nicht, dass Ethan schon wieder in der Verfas- sung ist, von Fremden Besuch zu empfangen. Und ich fühle mich ganz ausgezeichnet."
Sie betrachtete ihn einen Moment aufmerksam, versuchte noch einmal, sich jede Einzelheit seines Gesichtes einzuprä- gen. Auch wenn sie das Gegenteil erhoffte, so konnte sie sich doch nicht sicher sein, ob sie ihn jetzt nicht vielleicht das letz- te Mal in ihrem Leben sah. Jeden Tag rechnete sie damit, die Papiere zugestellt zu bekommen, die sie über die Auflösung ih- rer Ehe in Kenntnis setzten. Sie versuchte zu lächeln und nicht weiter darauf zu achten, wie das Herz ihr in der Brust schier zu zerspringen drohte.
„Nun, wenn du weiter nichts brauchst..."
„Doch, da wäre noch etwas. Bevor du gehst, möchte ich mit dir reden. Ich muss dir etwas Wichtiges sagen." Er streifte sie kurz mit einem Blick, der ihren Mut noch weiter sinken ließ. Abrupt wandte er sich ab und ging zu dem Sofa, das vor dem Kamin stand.
„Vielleicht sollten wir uns setzen."
Sie eilte zu ihm. „Warte, ich helfe dir!"
Er hielt sie jedoch zurück und setzte sich ohne Hilfe, selbst wenn er kurz vor Schmerz zusammenzuckte, und bedeutete ihr dann, ihm gegenüber Platz zu nehmen.
„Während der Woche, die ich im Bett verbringen musste, hatte ich sehr viel Zeit zum Nachdenken. Vielleicht lag es auch daran, dass ich dem Tod so nahe gekommen bin wie nie zuvor." Er wirkte so ernst, dass ihre Nerven vor Anspannung zu flat- tern begannen.
„Ich weiß, was du meinst."
„Ich habe sehr lange über unsere Ehe nachgedacht."
Sie bemühte sich, beiläufig zu nicken. Wenn er nur wüsste, dass sie kaum an etwas anderes dachte! Dieser Gedanke und ihre Sorge um ihn hatten sie Nacht für Nacht nicht zur Ruhe kommen lassen.
„Wir sind gerade einmal drei Monate verheiratet, und das ist kaum genügend Zeit, sich wirklich kennen zu lernen. Zudem waren die Umstände unserer Hochzeit auch nicht das, was wir beide uns wohl gewünscht hätten."
„Es tut mir Leid, dass ich dich in diese Lage gebracht habe. Das hat nie in meiner Absicht gelegen."
„Ich war es, der die Ehe erzwungen hat, nicht du. Ich weiß, dass ich manchmal etwas anmaßend sein kann. In Anbetracht der Gegebenheiten schien es mir indes die beste Lösung zu sein."
„Du hast meine Schwester gerettet. Das ist alles, was damals gezählt hat."
„Dein Glück zählt ebenso, Victoria."
Darauf erwiderte sie nichts. Sie traute ihrer Stimme nicht mehr.
„Um die Wahrheit zu sagen - ich wollte dich heiraten. Ich war wild entschlossen, dich zu meiner Frau zu machen. Lange Zeit habe ich es mir selbst nicht eingestanden, aber dass ich dir in der Nacht auf dem Schiff die Unschuld nahm, gab mir nur den Grund, den ich brauchte, die Frau heiraten zu können, die ich heiraten wollte."
Tory war so aufgewühlt, dass sie kaum noch atmen konnte. „Aber du ... du wolltest eine reiche Erbin heiraten!"
„Es gab eine Zeit, in der ich glaubte, dass eine gute Partie wichtig wäre. Ich dachte, ich sei es meinem Vater schuldig, das Familienvermögen zu vergrößern. Nur brauchte ich nicht lan- ge, um festzustellen, dass es Wichtigeres gibt."
„Aber..."
„Höre mich an, Victoria ... bitte. Vielleicht werde ich nie wie- der den Mut aufbringen, diese Dinge zu sagen." Ihre Blicke trafen sich, und sie sah so viel widerstreitende Gefühle in sei- nen Augen, dass sie am liebsten ihre Hand nach Cord ausge- streckt und ihn berührt hätte.
„Wir alle machen in unserem Leben mal Fehler. Es war falsch von mir, wie ich dich nach unserer Hochzeit behandelt habe. Ich hätte mehr Zeit mit dir verbringen, dich mit Blumen und Geschenken überhäufen sollen - dir geben sollen, was im- mer du wolltest!"
Sie schluckte. Jeden Moment würde sie in Tränen ausbre- chen. „Ich wollte keine Geschenke, Cord. Ich wollte nur dich." Er wandte seinen Blick ab und fuhr erst fort, nachdem er sich wieder gesammelt hatte. „Letzte Woche, an Bord des Schiffes, hast du mich gebeten, bei dir in der Kabine zu blei- ben. Du hast dich
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