Martin, Kat - Perlen Serie
möglicherweise das Kind eines anderen Man- nes bekam?
Wenn er ein paar Tage Zeit hatte, um in Ruhe darüber nach- zudenken, würde er sich vielleicht an die Vorstellung gewöh- nen können, dass Julian Fox ebenso gut wie er selbst der Vater des Kindes sein konnte.
Vielleicht hätte sie erst in Cords Räumlichkeiten umziehen sol- len, nachdem sich ihre morgendliche Übelkeit gelegt hatte. Nur hatte Tory keinen Tag länger warten wollen, etwas zu un- ternehmen, das die Kluft zwischen ihnen schließen könnte. Zudem hatte sie gehofft, ihr Unwohlsein verbergen zu kön- nen. In Zukunft würde sie umsichtiger sein müssen - zumin- dest so lange, bis sie endlich Antwort auf den Brief erhielt, den
sie Julian geschrieben hatte.
Zwei Stunden nach Cords Abreise erhielt Tory Besuch von Claire.
Tory hatte ihrer Schwester mitgeteilt, dass ihr Stiefvater plante, Windmere zu verkaufen, und dass sie selbst entschlos- sen war, vorher noch einmal dorthin zu fahren, um nach dem Tagebuch zu suchen. Claire hatte nie so sehr an dem Haus ge- hangen wie Tory, und sie war der Ansicht gewesen, dass sie die Vergangenheit endlich ruhen lassen sollte.
„Wann immer du nach Mamas Tagebuch gesucht hast, hat es dir nichts als Ärger gebracht. Was auch immer Miles Whiting getan hat, ist es nicht wert, dass du noch weiter in Schwierig- keiten gerätst."
Sie saßen im Blauen Salon - zumindest Claire saß. Tory ging ruhelos vor dem Kamin auf und ab.
„Dieser Mann hat unseren Vater auf dem Gewissen, Claire. Er hat das Leben unserer Mutter zerstört und uns unser Haus genommen. Nichts wird mich davon abhalten, ihm seine Schuld nachzuweisen."
Nachdenklich strich Claire über den samtenen Stoff ihres pflaumenblauen Tageskleides. Seit ihrer Hochzeit wirkte sie reifer, und mit jedem Tag schien sie noch schöner zu werden.
„Du hast wahrscheinlich Recht", gab sie schließlich zu. „Ich bin auch deshalb gekommen, um dir mitzuteilen, dass der Ab- schluss des Verkaufes von Windmere auf übermorgen ange- setzt ist."
„Wie bitte?"
„Percy hat es mir erzählt." Tory hatte ihren Schwager gebe- ten, sich umzuhören, denn er pflegte ein sehr reges gesell- schaftliches Leben, und ihm würde kein Gerücht entgehen, das in seinen Kreisen kursierte. „Er hat gehört, dass der Käu- fer ein Baldwin Slaughter sein soll. Sobald der Kauf abge- schlossen ist, will er mit den Umbauarbeiten beginnen."
„Das darf nicht wahr sein! Ich muss unbedingt noch einmal in das Haus, bevor es verkauft wird!"
„Vielleicht fährt Cord ja mit dir hinaus."
„Ja, vielleicht. Leider ist Cord gerade nicht in der Stadt." Und sie konnte sich auch nicht vorstellen, dass er es gutheißen würde, wenn sie sich unbefugten Zugang zu einem Haus ver- schaffte, das ihrem Stiefvater gehörte. „Er kommt erst wieder zurück, wenn der Kauf abgeschlossen ist."
Aber sie würde nicht denselben Fehler machen wie in der
Vergangenheit. Diesmal würde sie Cord einen Brief schreiben, ihm erklären, wie viel es ihr bedeutete, das Tagebuch zu fin- den, wie wenig Zeit ihr nur noch blieb und dass er ihr nicht bö- se sein sollte, dass sie ohne sein Wissen nach Windmere gefah- ren war.
„Wenigstens ist es nicht so weit nach Windmere", wandte sie sich wieder an Claire. „Und nun kann ich in meiner eigenen Kutsche fahren."
Außerdem würde sie Evan mitnehmen. Sie kannte den jun- gen Hausdiener bereits aus der Zeit, als sie selbst noch in Cords Haus angestellt gewesen war. Daher wusste sie, dass sie ihm vertrauen konnte. Zusammen mit ihm und Griggs, ihrem kräftigen, brummigen Kutscher, würde sie sicher sein.
„Die Zeit läuft mir davon. Ich werde gleich morgen früh nach Windmere aufbrechen und noch am selben Abend wieder zurück sein."
„Vielleicht sollte ich dich begleiten."
Entschieden wehrte Tory ab. „Ich möchte dich nicht in die Angelegenheit verwickeln. Lord Percy würde mir nie verzei- hen, wenn dir etwas zustieße."
„Du solltest auch nicht dorthin fahren, Tory."
„Ich muss es tun, Claire. Es ist die einzige Möglichkeit, die uns noch bleibt, Miles Whiting seiner gerechten Strafe zuzu- führen. Die Gelegenheit werde ich mir nicht entgehen lassen." Claire schwieg, doch Tory wusste, dass sie sich Sorgen mach- te. Und wie besorgt wäre sie erst, wenn sie wüsste, dass Tory ein Kind erwartete!
Im Augenblick machte ihr allerdings eher der Gedanke zu schaffen, wie verärgert Cord sein würde, wenn er ihren Brief las. Sollte sie deswegen diese letzte Gelegenheit, ihrem Stief-
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