Martin, Kat - Perlen Serie
mit einem Schlag war sie hellwach, weil sie zunächst meinte, es könne wieder Lord Brant sein. Doch der wurde wohl kaum derart schüch- tern anklopfen ... Hastig griff sie nach ihrem Umhang und eil- te zur Tür. Es überraschte sie, ihre Schwester vor sich zu fin- den.
„Claire! Was um alles in der Welt ...?" Beunruhigt von dem verstörten Ausdruck in Claires Gesicht, zog sie sie schnell zu sich in das Zimmer und schloss leise die Tür. Tory ging zu der Öllampe auf der kleinen Kommode hinüber und drehte den Docht hoch, bis das Wohnzimmer in warmes, goldgelbes Licht gehüllt war.
„Was hast du, Claire? Stimmt etwas nicht?"
Claire schluckte und sah Tory mit großen, angsterfüllten Au- gen an. „Es ... es ist Seine Lordschaft."
Tory empfand sofort ein tiefes Gefühl der Beklemmung. „Brant?" Im Schein der Lampe konnte sie sehen, wie blass ih- re Schwester war. „Was ist mit dem Earl?"
„Lord Brant hat mir eine Nachricht geschickt. Ich ... ich ha- be sie unter meiner Tür gefunden." Mit zitternder Hand streckte Claire ihr ein gefaltetes Stück Papier entgegen, das Tory eilig an sich nahm.
Claire,
ich möchte eine private Angelegenheit mit Ihnen be- sprechen. Kommen Sie um Mitternacht in mein Zimmer.
Unterzeichnet war die Nachricht nur mit „Brant".
„Ich möchte nicht gehen, Tory, ich habe Angst. Was soll ich tun, wenn er ... wenn er mich wie der Baron ...?"
Tory las den kurzen Brief noch einmal und verspürte eine maßlose Wut. Sie hatte von Anfang an Recht gehabt mit ihren Befürchtungen hinsichtlich des Earls!
„Schon gut, meine Liebe. Du musst nicht zu ihm - ich werde stattdessen gehen."
„Aber ... hast du denn keine Angst? Was ist, wenn er dich schlägt?"
Tory schüttelte den Kopf. „Der Earl mag sehr unmoralisch sein, ich halte ihn jedoch nicht für die Sorte Mann, die eine Frau schlagen würde."
Wie konnte sie sich nur so sicher sein? Hatte sie sich nicht bereits von ihm täuschen lassen? In letzter Zeit hatte sie zu glauben begonnen, dass der Earl anders wäre als andere Män- ner. Mehr als sie sich eingestehen wollte, bedauerte sie es nun, als sie feststellen musste, dass er überhaupt keine Skrupel zu haben schien.
Heute Nacht noch würde sie ihm eine Lektion erteilen!
Zum bestimmt zwanzigsten Mal blickte Cord zu der goldenen Uhr auf dem Kaminsims. Es war mittlerweile kurz nach Mit- ternacht. Nur in Hemd und Hose gekleidet, lehnte er sich auf seinem Bett zurück und hoffte, dass sein Plan aufgehen würde. Er wusste, dass er sich auf eine riskante Strategie eingelas- sen hatte. Doch Victoria Temple war eine schwierige Gegnerin,
und es schien ihm nichts anderes übrig zu bleiben, als sich die- ses Winkelzuges zu bedienen.
Cord lächelte zufrieden, sobald es vier Mal laut an seine Tür klopfte. Claire würde sich niemals so wütend und unbe- herrscht bemerkbar machen.
„Kommen Sie herein", rief er und sah erwartungsvoll zur Tür, durch die nun Victoria in sein Zimmer gestürmt kam. Da sie im Schatten stand, konnte er ihr Gesicht nicht erkennen, doch Figur und Temperament ließen keinen Zweifel daran, dass es die ältere Schwester war, die ihn aufgesucht hatte.
„Sie sind etwas zu spät", bemerkte er und sah beiläufig auf die Uhr. „Ich hatte Sie doch ausdrücklich gebeten, sich um Mitternacht hier einzufinden. Es ist nun bereits drei Minuten nach zwölf."
Victoria löste sich aus dem Dunkel des Zimmers, kam auf ihn zu und stand nun in einem hellen Lichtstrahl, den der Mond durch eines der Fenster warf. Er sah, dass sie ihr Haar offen trug und es sich in weichen Wellen um ihre Schultern legte. Im Licht des Mondes wirkte es lebendig, und er spürte das Verlangen, mit seinen Fingern durch die seidigen, rötlich funkelnden Locken zu fahren. Zudem konnte er erkennen, wie sich ihre Brüste unter ihrem Umhang atemlos hoben und senk- ten, und auch sie wünschte er zu berühren, seine Hände um die runden Formen zu schließen und sie mit seinen Lippen zu um- fangen ...
„Es tut mir Leid, dass ich Sie enttäuschen muss, Mylord, aber Ihr Verführungsplan ist gescheitert. Claire ist sicher in ih- rem Zimmer - und dort wird sie auch bleiben."
Cord erhob sich vom Bett und kam wie ein Löwe, der seine Beute anpirscht, auf sie zu. „Dann ist sie ja gut aufgehoben."
„Was meinen Sie damit? Sie haben Claire doch eine Nach- richt zukommen lassen und sie aufgefordert, Sie aufzusuchen. Sie hatten geplant, sie zu verführen. Sie ..."
„Da täuschen Sie sich, meine liebe Victoria. Ich habe
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