Martin, Kat - Perlen Serie
gehen ... wenn Sie nichts dage- gen haben."
Er nickte nur, und sie hätte gerne gewusst, was er wirklich dachte.
„Der Obermaat will Zwieback und Tee bringen", erklärte der Duke. „Vielleicht hilft Ihrer Schwester das."
„Ja, vielleicht." Sie sah ihren Dienstherrn an, seine Miene blieb indes undurchdringlich.
„Wir werden morgen weiterreden", meinte er.
Tory nickte kurz, doch alles in ihr wehrte sich dagegen zu ge- hen. Sie wollte jetzt bei ihm bleiben - ein untrügliches Zeichen dafür, dass sie am besten so schnell wie möglich zusah, dass sie aus seiner Kabine kam.
Als das Schiff am nächsten Tag in der Bucht vor Anker ging, hatte die See sich beruhigt, aber der Himmel war immer noch verhangen, und eine steife Brise fegte über Deck. Nach seiner nächtlichen Unterredung mit Victoria hatte Cord versucht, noch etwas Schlaf zu finden; seine Gedanken ließen ihn dage- gen nicht zur Ruhe kommen.
Zu seiner großen Sorge um Ethan kam nun auch noch die um
Victoria und Claire.
Er hatte Victoria ihre Geschichte geglaubt. Mittlerweile kannte er Victoria gut genug, um zu wissen, wozu sie imstan- de war, wenn sie meinte, ihre Schwester beschützen zu müs- sen. Einen Mann mit einer Bettflasche niederzuschlagen - das passte!
Cord lachte leise bei dieser Vorstellung, ermahnte sich dann jedoch zur Vernunft. Selbst wenn die Geschichte wahr sein sollte, so stand immer noch die Aussage zweier Dienstmäd- chen gegen die eines Adeligen. Die beiden Mädchen waren wirklich in Bedrängnis.
Doch Cord war zuversichtlich, dass er mit Geld und guten Worten die Angelegenheit bald würde beilegen können.
Als er sich nähernde Schritte hörte, wandte er sich um und sah Victoria auf sich zukommen. Sie war genauso gekleidet wie in der Nacht zuvor in seiner Kabine - tatsächlich war es dasselbe einfach geschnittene, taubengraue Kleid mit der hoch angesetzten Taille, in dem er sie zum allerersten Mal vor sei- nem Haus gesehen hatte. Obwohl es mittlerweile etwas ver- schlissen war, erkannte er dennoch die gute Qualität.
Sie sah hübsch und unschuldig aus, und ihm ging durch den Kopf, was sie in den letzten Monaten alles hatte durchmachen müssen. Er erinnerte sich gleichfalls daran, wie gut es sich an- gefühlt hatte, als sie sich vergangene Nacht an ihn geschmiegt hatte. Sein Verlangen nach ihr war ungebrochen, und seine un- willkürliche Erregung bestätigte ihm das erneut. Noch nie hatte er eine Frau so sehr begehrt, und zugleich wusste er, dass es falsch wäre, Victoria zu verführen. Sie verdiente so viel mehr, als er ihr zu bieten hatte ...
Wenigstens seine Hilfe konnte er ihr anbieten.
Sie stellte sich neben ihn und lächelte. „Guten Morgen, My- lord." Sie trug ihr Haar nun nicht mehr geflochten, sondern mit zwei Spangen locker nach hinten gehalten, und ihre dunk- len Locken legten sich weich um ihre Schultern.
„Wie geht es Ihrer Schwester?"
„Es geht ihr schon viel besser. Entweder liegt es daran, dass es hier in der Bucht so ruhig ist, oder sie gewöhnt sich langsam daran, auf See zu sein."
„Das wäre gut. Schließlich müssen wir auch noch zurück- fahren."
Victoria wandte den Blick ab. „Ja ... das müssen wir wohl." Wieder blickte sie ihn an. „Ich habe nachgedacht, Mylord.
Vielleicht wäre es für alle Beteiligten besser, wenn Claire und ich in Frankreich blieben."
„Was reden Sie denn da!"
„Wir würden Sie nicht länger mit unseren Problemen behel- ligen. Einer der Seeleute könnte uns an Land rudern, und von dort aus würden wir wie geplant Weiterreisen. Ich könnte Ar- beit finden ..."
„Wahrscheinlich als Gouvernante. Das hatten Sie doch ur- sprünglich vor, oder?"
Sie errötete leicht. „Ich würde schon irgendeine Arbeit fin- den."
„Nein."
„Sie trauen mir das nicht zu?"
„Doch."
„Warum wollen Sie uns dann nicht gehen lassen?"
Er wusste nicht, was ihn auf einmal so wütend machte, aber er konnte sich kaum im Zaum halten. Mit einer Hand griff er nach ihrer Schulter und zog Victoria näher an sich.
„Sie würden sich in höchste Gefahr begeben. Zwei junge Frauen ohne Begleitung! Sie wissen nicht, wo Sie hinwollen, wie Sie dahin kämen, und Sie haben niemanden, der Ihnen da- bei hilft. Das werde ich nicht zulassen. Sie kommen mit mir nach London zurück, und ich werde versuchen, die Angelegen- heit zu klären."
Sie schluckte. „Und wenn ... wenn Ihnen das nicht gelingt?" Er lockerte den Griff um ihre Schulter. „Dann werde ich da- für Sorge tragen, dass Sie sicher nach
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